Erste Beobachtung des dynamischen Casimir-Effekts

Teile des Versuchsaufbaus und der Datenauswertung (Christopher Wilson / Chalmers University)
Teile des Versuchsaufbaus und der Datenauswertung (Christopher Wilson / Chalmers University)

“Eine der überraschendsten Vorhersagen der modernen Quantentheorie ist, dass das Vakuum des Raumes nicht leer ist. Tatsächlich sagt die Quantentheorie voraus, dass es vor virtuellen Partikeln nur so wimmelt, die flitzenderweise entstehen und vergehen.”

So beginnen Christopher Wilson von der Chalmers University in Schweden und seine Kollegen ihre fabelhaft lesbare Abhandlung über ein ziemlich außergewöhnliches Stück Wissenschaft.

Dieser Strudel aus Quantenaktivität ist weit davon entfernt, harmlos zu sein. Physiker wissen seit 1948, dass zwei parallele, eng beieinander liegende Spiegel von diesen virtuellen Partikeln zusammengedrückt werden.

Der Grund ist unkompliziert. Wenn die Lücke zwischen den Spiegeln kleiner ist als die Wellenlänge der virtuellen Teilchen, werden sie aus diesem Raum ausgeschlossen. Der Vakuumdruck innerhalb der Lücke ist dann weniger groß als außerhalb und das bewegt die Spiegel.

Das ist der statische Casimir-Effekt und er wurde erstmals im Jahr 1998 von zwei Teams in den USA gemessen. Aber es gibt noch ein anderes Phänomen, den dynamischen Casimir-Effekt, der noch nie zuvor beobachtet wurde.

Er tritt auf, wenn ein Spiegel sich mit relativistischen Geschwindigkeiten durch den Raum bewegt. Dann passiert folgendes. Bei langsamen Geschwindigkeiten kann sich das Meer virtueller Teilchen leicht an die Bewegung des Spiegels anpassen und weiterhin in Paaren entstehen und dann verschwinden, wenn sie sich gegenseitig auslöschen.

Aber wenn die Geschwindigkeit des Spiegels anfängt, der Geschwindigkeit der Photonen zu entsprechen – mit anderen Worten: bei relativistischen Geschwindigkeiten – werden einige Photonen von ihren Partnern getrennt und deswegen nicht ausgelöscht. Diese virtuellen Photonen werden dann real und der Spiegel beginnt, Licht zu produzieren.

Das ist die Theorie. Das Problem in der Praxis ist, dass es schwierig ist, einen gewöhnlichen Spiegel mit relativistischen Geschwindigkeiten zu bewegen.

Aber Wilson und Co haben ein Ass im Ärmel. Anstelle eines konventionellen Spiegels haben sie eine Transmisson Line benutzt, die mit einem supraleitfähigen Quanteninterferenzgerät oder SQUID (Superconducting Quantum Interference Device) verbunden ist. Die Manipulationen am SQUID verändern die effektive elektrische Länge der Transmission Line und diese Änderung wiederum ist äquivalent zur Bewegung eines elektromagnetischen Spiegels.

Durch Modulation des SQUID im Gigahertz-Bereich bewegt sich der Spiegel vor und zurück. Um einen Eindruck von den Größenverhältnissen zu bekommen: Die Transmission Line ist nur 100 Mikrometer lang und der Spiegel bewegt sich über eine Distanz von etwa einem Nanometer. Aber die Frequenz mit der er das tut bedeutet, dass er Geschwindigkeiten nahe fünf Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreicht.

Nach Perfektionierung ihrer Spiegelbewegungstechnik mussten Wilson und Co nur noch alles herunterkühlen und sich dann zurücklehnen und nach Photonen Ausschau halten. Und tatsächlich entdeckten sie Mikrowellenphotonen, die von dem sich bewegenden Spiegel ausgehen – genau wie vorausgesagt.

Sie schließen mit einer kurzen Schlussfolgerung ab: “Wir glauben, diese Ergebnisse repräsentieren die erste experimentelle Beobachtung des dynamischen Casimir-Effekts.”

Quelle: http://www.technologyreview.com/blog/arxiv/26813/

(THK)

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