Australien: Bislang ältester Organismus mit Skelett entdeckt

Rekonstruktion der Morphologie von Coronacollina acula. Die nadelartigen Gebilde dienten wahrscheinlich als Stützstreben. (Daniel Garson for Droser lab, UC Riverside)
Rekonstruktion der Morphologie von Coronacollina acula. Die nadelartigen Gebilde dienten wahrscheinlich als Stützstreben. (Daniel Garson for Droser lab, UC Riverside)

Ein Team aus Paläontologen hat das älteste Tier entdeckt, das ein Skelett besaß. Als Coronacollina acula bezeichnet, ist der Organismus zwischen 560 Millionen und 550 Millionen Jahre alt, was ihn in das Ediacarium platziert, noch vor die Explosion des Lebens und der Auffächerung der Organismen, die im Kambrium stattfand.

Der Fund gibt Einblicke in die Entwicklung des Lebens – insbesondere die des frühen Lebens – auf dem Planeten, darin warum Tiere aussterben und wie Organismen auf Veränderungen der Umwelt reagieren. Die Entdeckung kann Wissenschaftlern auch helfen, Leben anderswo im Universum zu erkennen.

Das Ediacarium, benannt nach den Ediacara Hills in dem australischen Bundesstaat South Australia, begann vor rund 630 Millionen Jahren und endete vor 542 Millionen Jahren. Das Kambrium, gekennzeichnet durch eine schnelle Diversifikation von Lebensformen auf der Erde und das Aufkommen von mineralisierten Organismen, begann vor 542 Millionen Jahren und endete vor 488 Millionen Jahren.

“Man ging davon aus, dass Tiere bis zum Kambrium weiche Körper besaßen und keine harten Körperteile hatten”, sagte Mary Droser, Professorin für Geologie an der University of California in Riverside (UCR), deren Forschungsteam die Entdeckung in South Australia machte. “Aber jetzt haben wir einen Organismus mit einzelnen skelettartigen Körperteilen, der vor dem Kambrium auftaucht. Er ist daher das älteste Tier mit harten Körperteilen und es hat eine Menge davon (es mögen strukturelle Stützen gewesen sein), die es aufrecht hielten. Das ist eine wichtige Neuerung für Tiere.”

Coronacollina acula erscheint in den Fossilien als wenige Millimeter bis zwei Zentimeter tiefe Mulde. Aber weil sich Gesteine mit der Zeit verdichten, könnte der Organismus größer gewesen sein – drei bis fünf Zentimeter hoch. Bemerkenswerterweise ist er in derselben Weise aufgebaut, wie Schwämme aus dem Kambrium aufgebaut waren.

“Es stellt deshalb eine Verbindung zwischen den beiden Zeitintervallen dar”, sagte Droser. “Wir nennen es den ‘Vorboten der kambrischen Konstruktionsmorphologie’, was bedeutet, dass es ein Vorgänger der im Kambrium lebenden Organismen ist. Das ist ungemein aufregend, weil dies das erste Auftreten einer der wichtigsten Neuerungen in der Entwicklung von Tieren ist.”

Droser zufolge signalisiert das Auftauchen von Coronacollina acula, dass die Einführung von Skeletten im Kambrium nicht so plötzlich kam wie man dachte und dass die Tiere des Ediacariums – C. acula eingeschlossen – Teil der evolutionären Abstammungslinie der Tiere waren, wie wir sie kennen.

“Das Schicksal der frühsten Tiere aus dem Ediacarium war ein Diskussionsthema und viele [Wissenschaftler] vermuteten, dass sie alle vor dem Kambrium ausstarben”, sagte sie. “Unsere Entdeckung zeigt, dass sie nicht alle ausstarben. Die Ergebnisse der Studie erschienen am 14. Februar online in Geology.

Die Forscher betonen, dass Coronacollina acula auf dem Meeresboden lebte. Coronacollina acula sah aus wie ein Fingerhut, an dem mindestens vier 20-40 Zentimeter lange nadelartige Gebilde angebracht waren, mit deren Hilfe es sich höchstwahrscheinlich aufrecht hielt. (Anm. d. Red.: Diese länglichen Gebilde werden im Englischen als “spicules” (“Nadeln”) bezeichnet, jedoch hat dieser Begriff im Deutschen eine andere Bedeutung und bezieht sich auf röhrenähnliche Phänomene in der Chromosphäre der Sonne; eine ganz andere Baustelle gewissermaßen.) Die Forscher glauben, dass es Nahrung in derselben Weise aufnahm wie es ein Schwamm tut und dass es unfähig zur Bewegung war. Wie es sich fortpflanzte, bleibt ein Rätsel.

Die oben abgebildeten Exemplare stammen aus unterschiedlichen Fundstätten. Die weißen Pfeile deuten auf die Hauptkörper der Organismen. A, C, D und E sind Fotografien der fossilen Eindrücke im Gestein, B und F sind Latex-Abdrücke, die das vermutete Erscheinungsbild der lebenden Organismen widerspiegeln. (Droser lab, UC Riverside)
Die oben abgebildeten Exemplare stammen aus unterschiedlichen Fundstätten. Die weißen Pfeile deuten auf die Hauptkörper der Organismen. A, C, D und E sind Fotografien der fossilen Eindrücke im Gestein, B und F sind Latex-Abdrücke, die das vermutete Erscheinungsbild der lebenden Organismen widerspiegeln. (Droser lab, UC Riverside)

Coronacollina acula wird so bezeichnet, weil es als “kleiner eingefasster Hügel mit Nadeln” übersetzt wird (corona – Rand oder Krone; collis – Hügel; acula – Nadel). Der Name beschreibt die Morphologie des fossilen Organismus und insbesondere zwei Komponenten: den eingefallenen, kegelförmigen Körper, der in den Fossilien als Mulde erscheint und die langen, zerbrechlichen Gebilde, die in den Fossilien als dünne Rillen erscheinen.

Fossilien aus dem Ediacarium zeigen oft den Eindruck des gesamten Körpers. Bei Coronacollina acula fand man Teile des Skeletts allerdings abgefallen vor.

“Wenn man weiche Teile besitzt, die den Körper zusammenhalten, verliert man die Skelettteile, wenn die weichen Teile zerfallen”, erklärte Droser. “Deshalb findet man selten zwei Muschelschalen zusammen in einem Fossil. Wir haben jetzt vollständige Organismen von Coronacollina acula gefunden – den fingerhutförmigen Körper in der Mitte und Gebilde, die wie Nadeln aus ihm herauskommen. Und wir haben Hunderte von ihnen gefunden. Sie scheinen eine gesellige Spezies gewesen zu sein und immer mit vielen anderen zusammengelebt zu haben.”

Droser erklärte, dass die nadelartigen Gebilde mineralisiert gewesen sein mussten, weil die Abdrücke zeigen, dass sie gerade wie ein Lineal waren. Mehr noch, sie brachen.

“Wir bringen Skelette oft mit Beutegreifern in Zusammenhang, weil Skelette Tieren bei ihrem Kampf gegen Raubtiere helfen”, sagte Droser. “Aber Coronacollina acula benutzte sein Skelett nur zur Stützung, es gab im Ediacarium keine Raubtiere.”

Die Forschungsarbeit begann als Thema einer Doktorarbeit in Drosers Labor. Erica Clites, jetzt als physikalisch-wissenschaftliche Technikerin für die Glen Canyon National Recreation Area des National Park Service tätig, entschied sich für die Arbeit an diesem Projekt, weil es eine gute Herausforderung mit lohnenden Ergebnissen versprach.

“Jeder Aspekt der Rekonstruktion dieses Organismus musste durch unterstützende Statistiken bekräftigt werden”, sagte Clites, die 2009 ihren Abschluss an der UCR machte und Erstautorin der Abhandlung ist. Durch äußerst sorgfältige Messungen und detaillierte Beschreibungen wurden die in dem Gestein enthaltenen Mulden und Nadeln als schwammartiges Tier enttarnt.”

Droser und Clites arbeiteten zusammen mit James G. Gehling vom South Australian Museum in Adelaide an der Studie.

Die Forschungsarbeit wurde durch Fördergelder der NASA, der National Science Foundation, einen John Dunham Field Grant der UC Riverside und einen Australian Research Council Discovery Grant finanziert.

Quelle: http://ucrtoday.ucr.edu/3880

(THK)

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