Das Fomalhaut-System ist in Wirklichkeit ein Dreifachsystem

Bodenbasierte Aufnahme des Nachthimmels mit den benachbarten Sternbildern und der Position von Fomalhaut A. (A. Fujii, NASA, ESA, and Z. Levay (STScI))
Bodenbasierte Aufnahme des Nachthimmels mit den benachbarten Sternbildern und der Position von Fomalhaut A. (A. Fujii, NASA, ESA, and Z. Levay (STScI))

Das nahe Sternsystem Fomalhaut ist nicht nur ein Doppelsternsystem, wie Astronomen angenommen hatten, sondern eines der am weitesten auseinanderliegenden Dreifachsysteme. Das System ist von besonderem Interesse wegen seines ungewöhnlichen Exoplaneten und einer Staubscheibe um den Stern Fomalhaut A. In einer Studie, die kürzlich zur Veröffentlichung im Astronomical Journal freigegeben und am 3. Oktober 2013 auf dem Preprint-Server arXiv veröffentlicht wurde, zeigen Forscher, dass ein bereits bekannter, kleinerer Stern in seiner Umgebung auch Teil des Fomalhaut-Systems ist.

Eric Mamajek, außerordentlicher Professor für Physik und Astronomie an der University of Rochester, und seine Mitarbeiter deckten die Dreifachnatur des Sternsystems durch ein wenig Detektivarbeit auf. “Ich bemerkte diesen dritten Stern vor ein paar Jahren, als ich die Bewegungen der Sterne in der Umgebung von Fomalhaut für eine andere Studie verfolgte”, sagte Mamajek. “Ich musste allerdings mehr Daten erfassen und ein Team aus Co-Autoren mit anderen Beobachtungen versammeln, um zu prüfen, ob die Eigenschaften des Sterns damit übereinstimmen, ein drittes Mitglied des Fomalhaut-Systems zu sein.”

Der Zufall spielte auch eine Rolle. Ein zufälliges Treffen zwischen Mamajek und Todd Henry von der Georgia State University, dem Leiter des Research Consortium On Nearby Stars (RECONS) Teams, in Chile brachte einen Hinweis, der bei der Lösung des Rätsels half: die Entfernung zu dem Stern. Henry erinnert sich, mit Mamajek in der Küche eines Motels in La Serena (Chile) gesessen und sich über nahe Sterne unterhalten zu haben. “Eric spielte Detektiv mit diesem dritten Stern und ich saß einfach nur da – mit einer Beobachtungsliste, die die unveröffentlichte Parallaxe enthielt”, sagte Henry. Die Parallaxe ist eine Messmethode, die von Astronomen verwendet wird, um Entfernungen zu bestimmen. “Jennifer Bartlett von der University of Virginia war zu dem Zeitpunkt Studentin und arbeitete mit uns an einer Stichprobe von potenziell nahen Sternen für ihre Doktorarbeit. LP 876-10 gehörte dazu. Eric und ich kamen ins Gespräch und hier sind wir mit einer tollen Entdeckung.”

Durch die sorgfältige Analyse von astrometrischen (präzisen Bewegungen) und spektroskopischen Messungen, mit der die Temperatur und Radialgeschwindigkeit bestimmt werden konnten, waren die Forscher in der Lage, die Entfernung und Geschwindigkeit des dritten Sterns zu messen. Sie schlussfolgerten, dass der Stern – bisher als LP 876-10 bekannt – Teil des Fomalhaut-Systems ist, wodurch er die Bezeichnung Fomalhaut C erhielt.

“Fomalhaut C scheint von der Erde aus betrachtet recht weit von dem großen, hellen Stern Fomalhaut A entfernt zu stehen”, ergänzte Mamajek. Der Abstand zwischen den beiden Sternen am Himmel beträgt etwa 5,5 Grad, was für einen Beobachter auf der Erde ungefähr elf Vollmonddurchmessern entspricht. Mamajek erklärte, dass sie so weit voneinander entfernt erscheinen, weil sich Fomalhaut relativ nahe an der Erde befindet, was Sterne angeht: annähernd 25 Lichtjahre. Wenn diese Sterne weit von der Erde entfernt wären, würden sie am Himmel viel näher zusammenstehen. Dass sie so weit auseinanderliegen könnte erklären, warum die Beziehung zwischen LP 876-10 und Fomalhaut bislang nicht erkannt wurde. Die Möglichkeit, hochqualitative astrometrische und Geschwindigkeitsdaten zu bekommen, war der andere Schlüssel.

Die Forscher mussten zudem plausibel darlegen, dass diese beiden Sterne aneinander gebunden sind und sich nicht unabhängig bewegen. “Fomalhaut A ist ein so massereicher Stern (etwa doppelt so massereich wie die Sonne), dass er genügend Gravitationskraft ausüben kann, um diesen winzigen Stern an sich zu binden, obwohl der Stern 158.000 Mal weiter von Fomalhaut entfernt ist als die Erde von der Sonne”, sagte Mamajek.

Mamajek arbeitete mit einem großen Mitarbeiterteam zusammen, um die Geschichte dieses interessanten, kleinen Sterns zusammenzufügen. “Henry und das RECONS-Team haben eine umfassende Studie über die ‘solare Nachbarschaft’ durchgeführt und die Sternsysteme charakterisiert, die unserem Sonnensystem am nächsten sind. Dabei haben sie neue, nahegelegene Sterne entdeckt”, sagte Mamajek. “Sein Team hatte mit dem SMARTS 0,9-Meter-Teleskop auf dem Cerro Tololo in Chile bereits mehrere Jahre lang Beobachtungen dieses besonderen Sterns gemacht.” Die Forscher mussten außerdem die Radialgeschwindigkeit des Sterns kennen, die von Andreas Seifahrt von der University of Chicago gemessen wurde. Der Betrag seiner Radialgeschwindigkeit weicht um nur etwa einen Kilometer pro Sekunde von jener des Sterns Fomalhaut A ab, wie sie in der Abhandlung eingrenzen konnten.

Es gibt weitere elf Sternsysteme, die unserer Sonne näher sind als Fomalhaut und die aus drei oder mehr Sternen bestehen, darunter das nächstgelegene Sternsystem Alpha Centauri. Die neuen Messungen in der Studie zeigen auch, dass das Fomalhaut-System das massereichste und am weitesten aufgefächerte dieser nahen Mehrfachsysteme ist.

Fomalhaut A ist der achtzehnthellste Stern an unserem Nachthimmel und einer der wenigen Sterne mit einem direkt abgebildeten Exoplaneten und einer Staubscheibe. Der berühmte Stern wurde in Science-Fiction-Geschichten der Schriftsteller Isaac Asimov, Stanislaw Lem, Philip K. Dick und Frank Herbert erwähnt. Obwohl es ein gut untersuchtes System ist, wurde erst kürzlich bestätigt, dass Fomalhaut ein Doppelsternsystem war – zwei Sterne, die sich gegenseitig umkreisen. Das wurde erstmals in den 1890er Jahren vermutet.

Einer von Mamajeks Kollegen an der University of Rochester, die Physik- und Astronomie-Professorin Alice C. Quillen, hat Jahre daran gearbeitet zu verstehen, wie Planeten stellare Staubscheiben wie jene um den Stern Fomalhaut A gestalten. Im Jahr 2006 sagte sie die Existenz eines Planeten um Fomalhaut A und die Form seiner Umlaufbahn voraus, indem sie zu verstehen versuchte, warum der Staubring verschoben war und warum er einen überraschend scharfen Rand besaß. Im darauffolgenden Jahr wurde ein neuer Planet um Fomalhaut A abgebildet.

Viele Fragen über den Exoplaneten und die Staubscheibe von Fomalhaut A sind noch unbeantwortet. Zum Beispiel rätseln Astronomen, warum der als “Fomalhaut b” bekannte Exoplanet eine derart exzentrische Umlaufbahn hat und warum die Staubscheibe nicht auf den Stern Fomalhaut A zentriert zu sein scheint. Es ist möglich, dass Fomalhauts entfernte Begleiter “Fomalhaut B” und “Fomalhaut C” den umkreisenden Exoplaneten und die Staubscheibe gestört haben. Die Umlaufbahnen der Begleitsterne von Fomalhaut A sind nicht sehr gut bekannt. Die Umlaufzeiten von Fomalhaut B und Fomalhaut C um Fomalhaut A werden auf mehrere Millionen Jahre geschätzt. Die Eingrenzung ihrer Bahnen wird also in Zukunft eine anspruchsvolle Aufgabe für Astronomen sein.

Fomalhaut C ist ein roter Zwergstern – der häufigste Sterntyp im Universum – und Fomalhaut B ist ein orangefarbener Zwergstern mit etwa drei Vierteln der Sonnenmasse. Aus der Perspektive eines hypothetischen Planeten um Fomalhaut C würde Fomalhaut A wie ein heller, weißer Stern leuchten – neunmal heller, als Sirius (der hellste Stern an unserem Nachthimmel) von der Erde aus erscheint und mit der typischen Helligkeit des Planeten Venus vergleichbar. Fomalhaut B wäre ein sonst unauffälliger, heller, orangefarbener Stern mit der Helligkeit des Polarsterns. Das Alter des Trios beträgt circa 440 Millionen Jahre, ungefähr ein Zehntel des Alters unseres Sonnensystems.

Andere Mitarbeiter, die an dieser Studie mitwirkten, sind Jennifer Bartlett (jetzt am U.S. Naval Observatory), die in ihrer Doktorarbeit eine vorläufige Entfernung zu dem Stern veröffentlichte, und Matt Kenworthy vom Leiden Observatory. Er maß die Rotationsperiode von Fomalhaut C und zeigte, dass er sehr schnell rotiert.

Quelle: http://rochester.edu/news/show.php?id=7302

(THK)

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