Astronomen finden eine neue Planetenklasse: die Megaerde

Die neu entdeckte Megaerde Kepler-10c im Vordergrund dominiert diese künstlerische Illustration. Im Hintergrund befinden sich die Lavawelt Kepler-10b und der Zentralstern Kepler-10. Möglicherweise besitzt die Megaerde eine dünne Atmosphäre, hier dargestellt durch feine Wolken. (David A. Aguilar (CfA))
Die neu entdeckte Megaerde Kepler-10c im Vordergrund dominiert diese künstlerische Illustration. Im Hintergrund befinden sich die Lavawelt Kepler-10b und der Zentralstern Kepler-10. Möglicherweise besitzt die Megaerde eine dünne Atmosphäre, hier dargestellt durch feine Wolken. (David A. Aguilar (CfA))

Am 2. Juni 2014 haben Astronomen bekanntgegeben, dass sie einen neuen Planetentyp entdeckt haben: eine Gesteinswelt mit 17-facher Erdmasse. Theoretiker hatten angenommen, dass eine solche Welt nicht entstehen könne, weil eine derart hohe Masse Wasserstoffgas anziehen und ein jupiterähnlicher Gasriese werden würde. Dieser Planet besteht allerdings komplett aus Gestein und ist größer als zuvor entdeckte “Supererden”, was ihn zu einer “Megaerde” macht.

“Wir waren sehr überrascht, als wir erkannten, was wir entdeckt hatten”, sagte der Astronom Xavier Dumusque vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA), der die Datenanalyse leitete und die Entdeckung machte. “Dies ist der Godzilla unter den Erden”, ergänzte Dimitar Sasselov vom CfA, der Direktor der Harvard Origins of Life Initiative. “Aber im Gegensatz zu dem Filmmonster hat Kepler-10c positive Folgen für Leben.” Die Entdeckung des Teams wurde am 2. Juni 2014 im Rahmen einer Pressekonferenz auf einem Treffen der American Astronomical Society (AAS) präsentiert.

Die neu entdeckte Megaerde, Kepler-10c, umkreist alle 45 Tage einen sonnenähnlichen Stern. Sie liegt etwa 560 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Draco (Drache). Zu dem System gehört auch eine “Lavawelt” mit drei Erdmassen – Kepler-10b genannt -, die sich in einer bemerkenswert engen, 20-stündigen Umlaufbahn befindet.

Kepler-10c wurde ursprünglich von dem NASA-Weltraumteleskop Kepler aufgespürt. Kepler findet Planeten, indem es die Transitmethode benutzt und nach Sternen sucht, deren Helligkeit sich abschwächt, wenn ein Planet vor ihnen vorbeizieht. Durch Messung des Helligkeitsabfalls können Astronomen die physische Größe, also den Durchmesser des Planeten berechnen. Kepler kann jedoch nicht verraten, ob ein Planet aus Gestein oder aus Gas besteht.

Es war bereits bekannt, dass Kepler-10c einen Durchmesser von knapp 29.000 Kilometern besitzt – etwa 2,3 Mal so groß wie die Erde. Das sprach dafür, dass er in eine Planetenkategorie fällt, die als Minineptun bezeichnet wird und über dicke Gashüllen verfügt. Das Team verwendete das HARPS-North-Instrument des Telescopio Nazionale Galileo (TNG) auf den Kanarischen Inseln, um die Masse von Kepler-10c zu bestimmen. Sie stellten fest, dass er 17 Mal so viel wiegt wie die Erde – weit mehr als erwartet. Damit war klar, dass Kepler-10c einen dichten Aufbau aus Gesteinen und anderen festen Bestandteilen haben muss.

“Kepler-10c hat seine Atmosphäre nicht mit der Zeit verloren. Er ist massereich genug, um sie festhalten zu können, falls er jemals eine besaß”, erklärte Dumusque. “Er muss so entstanden sein, wie wir ihn jetzt sehen.” Theorien über die Entstehung von Planeten haben Schwierigkeiten mit der Erklärung dessen, wie eine so große Gesteinswelt entstehen konnte. Eine neue Beobachtungsstudie lässt zudem darauf schließen, dass er nicht allein ist.

Der Astronom Lars A. Buchhave vom CfA präsentierte auf dem Treffen der American Astronomical Society auch einen Zusammenhang zwischen der Umlaufperiode eines Planeten (die Zeit, die er für eine Umkreisung seines Sterns benötigt) und der Größe, bei der ein Planet von einer Gesteinswelt in einen Gasplaneten übergeht. Das deutet darauf hin, dass in Zukunft weitere Megaerden gefunden werden, wenn die Planetenjäger ihre Daten auf Umlaufbahnen mit längeren Perioden ausweiten.

Die Entdeckung, dass Kepler-10c eine Megaerde ist, hat auch wichtige Auswirkungen auf die Geschichte des Universums und die Möglichkeit für Leben. Das System Kepler-10 ist etwa elf Milliarden Jahre alt, was bedeutet, dass es weniger als drei Milliarden Jahre nach dem Urknall entstand.

Das frühe Universum enthielt nur Wasserstoff und Helium. Schwerere Elemente, die für Gesteinsplaneten benötigt werden, zum Beispiel Silizium und Eisen, mussten in den ersten Sterngenerationen produziert werden. Als diese Sterne explodierten, verteilten sie diese grundlegenden Bestandteile im Weltraum, welche dann von späteren Sterngenerationen und Planeten aufgenommen wurden. Der Prozess sollte Milliarden Jahre lang angedauert haben. Kepler-10c zeigt allerdings, dass sich im Universum sogar während der Frühzeit so große Gesteinswelten bilden konnten, als schwere Elemente selten waren.

“Der Fund von Kepler-10c sagt uns, dass Gesteinsplaneten viel früher entstehen konnten, als wir dachten. Und wenn man Gestein schaffen kann, kann man Leben schaffen”, sagte Sasselov. Diese Forschungsarbeit weist darauf hin, dass Astronomen alte Sterne nicht ausschließen sollten, wenn sie nach erdähnlichen Planeten suchen. Und wenn alte Sterne auch Gesteinsplaneten haben können, haben wir eine bessere Chance, potenziell bewohnbare Welten in unserer kosmischen Nachbarschaft zu finden.

Das HARPS-N-Projekt wird vom Astronomical Observatory der Universität Genf (Schweiz) geleitet. Das National Institute for Astrophysics (INAF) in Italien hat zugestimmt, im Zeitraum von fünf Jahren bei 80 Beobachtungsnächten pro Jahr das HARPS-N-Instrument mit dem Telescopio Nazionale Galileo zu verwenden. Die US-Partner sind das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und die Origins of Life Initiative der Harvard University. Die Partner aus dem Vereinigten Königreich sind die Universitäten von St. Andrews und Edinburgh, sowie die Queens University in Belfast.

Das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics hat sein Hauptquartier in Cambridge (Massachusetts) und ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Smithsonian Astrophysical Observatory und dem Harvard College Observatory. Wissenschaftler aus sechs Forschungsabteilungen untersuchen hier den Ursprung, die Entwicklung und das endgültige Schicksal des Universums.

Abhandlung: “The Kepler-10 planetary system revisited by HARPS-N: A hot rocky world and a solid Neptune-mass planet

Quelle: http://www.cfa.harvard.edu/news/2014-14

(THK)

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