Astro-Bild der Woche: Die Gas- und Staubwolke Sh 2-296 im Möwennebel

Diese Aufnahme der Gas- und Staubwolke Sharpless 2-296 wurde mit dem Wide Field Imager am 2,2-Meter-Teleskop des La Silla Observatoriums in Chile gemacht. (ESO)
Diese Aufnahme der Gas- und Staubwolke Sharpless 2-296 wurde mit dem Wide Field Imager am 2,2-Meter-Teleskop des La Silla Observatoriums in Chile gemacht. (ESO)

Die hier abgebildete Struktur namens Sharpless 2-296 ist eine der vielen Gas- und Staubwolken, die sich in unserer Milchstraßen-Galaxie befinden. Sie liegt rund 3.500 Lichtjahre entfernt an der Grenze der beiden Sternbilder Canis Major (Großer Hund) und Monoceros (Einhorn). Sharpless 2-296 oder kurz Sh 2-296 ist allerdings nur ein kleiner Teil eines viel gewaltigeren Nebelkomplexes: Die Wolke bildet die ausgebreiteten “Flügel” des sogenannten Möwennebels, der unter der wissenschaftlichen Katalogbezeichnung IC 2177 bekannt ist.

Bei dem Möwennebel handelt es sich im eine H-II-Region, das heißt, die Nebelstrukturen bestehen hauptsächlich aus ionisiertem Wasserstoffgas. Innerhalb solcher H-II-Regionen entstehen neue, massereiche Sterne der Spektraltypen O und B, deren intensive ultraviolette Strahlung mit den umgebenden Gaswolken wechselwirkt. Auf diese Weise wird das Gas zum Leuchten angeregt und emittiert Licht in charakteristischen Wellenlängen. Mit der Zeit werden die enorm starken Sternwinde die Gas- und Staubwolken jedoch erodieren und zerstreuen, so dass irgendwann kein prachtvoller Nebel mehr zu sehen ist, sondern nur noch ein offener Sternhaufen. Die Plejaden als einer der bekanntesten offenen Sternhaufen sind ein schönes Beispiel für das Endprodukt dieses Prozesses.

Die Flügelspannweite der “kosmischen Möwe” beträgt ungefähr 100 Lichtjahre – damit ist sie mehr als das dreimal größer als der berühmte Orionnebel. Die rötlich leuchtenden Gasfilamente lassen auf das Vorhandensein von ionisiertem Wasserstoff schließen. Einige der dafür verantwortlichen Strahlungsquellen – junge, blaue Sterne – sind ebenfalls auf dem Bild zu sehen. Darüber hinaus wird die Region auch von ultravioletter Strahlung und Sternwinden beeinflusst, deren Quellsterne außerhalb des Bildausschnitts liegen.

Die systematische Erforschung solcher ausgedehnten Sternentstehungsregionen liefert wertvolle Erkenntnisse über die komplexen Wechselwirkungen zwischen neu entstehenden, jungen Sternen und ihrer Umgebung. Diese Informationen erlauben auch gewisse Rückschlüsse auf die Entstehung und Entwicklung unseres Heimatsterns, der Sonne, und unseres Sonnensystems. Die Daten helfen zudem dabei, die Entwicklung ganzer Galaxien (in diesem Fall die Entwicklung unserer eigenen Milchstraßen-Galaxie) besser zu verstehen.

Das Astro-Bild der Woche wurde mit dem Wide Field Imager (WFI) am 2,2-Meter-Teleskop des La Silla Observatoriums in Chile gemacht, einer leistungsfähigen Kamera für Großfeldaufnahmen. Der Standort des Observatoriums in der chilenischen Atacamawüste ist aufgrund der trockenen, klaren Atmosphäre hervorragend für astronomische Beobachtungen geeignet. Aus diesem Grund betreibt die Europäische Südsternwarte mehrere Großteleskope an Standorten mit ähnlich guten Voraussetzungen, beispielsweise das Very Large Telescope (VLT) am Paranal Observatorium.

Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
http://www.eso.org/public/archives/images/large/eso1306a.jpg

Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 1: Die Sternentstehungsregion IC 2944
Bild 2: NGC 4438 und NGC 4435 – Die Augen der Jungfrau
Bild 4: Die Bok-Globule B68

(THK)

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