Neukalibrierung der Altersbestimmung von sonnenähnlichen Sternen

Der Sternhaufen NGC 6819. Astronomen haben die Rotationsperioden von 30 sonnenähnlichen Sternen in diesem Sternhaufen gemessen, um die genutzten Kalibrierungen zu verfeinern. (Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics)
Der Sternhaufen NGC 6819. Astronomen haben die Rotationsperioden von 30 sonnenähnlichen Sternen in diesem Sternhaufen gemessen, um die genutzten Kalibrierungen zu verfeinern. (Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics)

Die Masse eines Sterns ist vielleicht seine entscheidendste Eigenschaft: Sie bestimmt, wie hell er leuchtet – ein Stern mit zehnfacher Sonnenmasse wird während seiner normalen Lebenszeit etwa 40 Millionen Mal heller leuchten als ein Stern mit einem Zehntel der Sonnenmasse. Sie bestimmt, wie lange er existieren wird – einige Millionen Jahre oder zig Milliarden Jahre in den oben genannten Fällen. Und sie bestimmt, wie er letztendlich sterben wird: Als Supernova oder als langsam auskühlender Materierest. Die zweitwichtigste Eigenschaft eines Sterns ist sein Alter, das sein aktuelles Erscheinungsbild, das Alter seines Planetensystems, das Entwicklungsstadium seiner Umgebung und mehr festmacht. Diese Informationen können verwendet werden, um die Theorien der Sternentwicklung zu verfeinern.

Unglücklicherweise ist das Alter der häufigsten Sterne – sonnenähnliche Sterne und kleinere Exemplare – schwer zu messen. Traditionelle Datierungsmethoden nutzen stellare Eigenschaften, die sich mit fortschreitendem Alter des Sterns nur gering ändern, oder anderweitig schwer zu bestimmen sind. Die Rotation stellt eine wichtige Alternative dar. Sterne rotieren (die Sonne rotiert einmal in annähernd 26 Tagen) und Astronomen wissen, dass die Rotationsgeschwindigkeit eines kühlen Sterns mit der Zeit abnimmt. Die Rotation kann ein verlässlicher Bestimmungsfaktor für das Sternalter sein, wenn sie genau gemessen werden kann, insbesondere in einem breiten Bereich stellarer Massen. Sterne in Sternhaufen sind perfekte Referenzobjekte, weil sie alle ungefähr das gleiche Alter haben.

Solche Altersbestimmungen wurden zwar schon durchgeführt, aber bislang nur bei Sternen in Sternhaufen, die weniger als eine Milliarde Jahre alt sind, nicht älter. Das liegt zum Teil daran, dass junge Sterne ihre Rotationsgeschwindigkeit mit zunehmenden Alter sehr rasch verlangsamen, hauptsächlich aufgrund magnetisch angetriebener Winde, die Drehmoment wegtragen. Nach etwa 600 Millionen Jahren gibt es eine gut definierte Beziehung zwischen Masse und Rotationsgeschwindigkeit. Der Hyaden-Sternhaufen ist in etwa so alt, und er wurde verwendet, um die Rotationsparameter für diese junge Altersgruppe zu korrigieren. Am älteren Ende der Kalibrierungssequenz hat die Sonne mit einem Alter von 4,6 Milliarden Jahren eine gut bekannte Rotationsperiode. Was gefehlt hat, sind genaue Informationen über die Rotation von Sternen, deren Alter dazwischen liegt.

Die Astronomen Søren Meibom und Dave Latham vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) haben gemeinsam mit vier Kollegen die Rotationsperioden von 30 kühlen Sternen in dem 2,5 Milliarden Jahre alten Sternhaufen NGC 6819 gemessen. Sie nutzten die präzisen Daten der Kepler-Exoplanetenmission, um kühle Sterne in diesem Sternhaufen zu überwachen, ergänzt um bodenbasierte Daten und andere Datensätze.

Sie fanden eine gut definierte Beziehung zwischen Rotationsperiode und Sternmasse und liefern Gründe dafür, dass das Sternalter einer großen Anzahl kühler galaktischer Feldsterne jetzt mit einer Genauigkeit von 10 Prozent gemessen werden kann. Diese wichtige neue Alterskalibrierung wird Astronomen ermöglichen zu untersuchen, wie sich astrophysikalische Phänomene mit Beteiligung kühler Sterne im Lauf der Zeit entwickeln. Die Ergebnisse werden für ein breites Forschungsspektrum von Bedeutung sein – von galaktischen Maßstäben bis hinunter in den Bereich einzelner Sterne und ihrer Begleiter.

Abhandlung: “A Spin-Down Clock for Cool Stars from Observations of a 2.5-Billion-Year-Old Cluster” von Søren Meibom, Sydney A. Barnes, Imants Platais, Ronald L. Gilliland, David W. Latham & Robert D. Mathieu, Nature, 517, 589, 2015.

Quelle: http://www.cfa.harvard.edu/news/su201506

(THK)

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