Cassini-Daten sprechen für hydrothermale Aktivität auf dem Saturnmond Enceladus

Schnittansicht des Saturnmondes Enceladus. Das Bild zeigt mögliche hydrothermale Aktivität, die auf und unter dem Meeresboden auftreten könnte. (NASA / JPL)
Schnittansicht des Saturnmondes Enceladus. Das Bild zeigt mögliche hydrothermale Aktivität, die auf und unter dem Meeresboden auftreten könnte. (NASA / JPL)

Die NASA-Raumsonde Cassini hat Wissenschaftlern den ersten klaren Beleg dafür geliefert, dass der Saturnmond Enceladus Anzeichen für hydrothermale Aktivität zeigt. Die hydrothermale Aktivität könnte mit jener vergleichbar sein, die in der Tiefsee auf der Erde beobachtet wird. Die Folgen einer derartigen Aktivität auf einer Welt außerhalb unseres Planeten eröffnen unvorhergesehene wissenschaftliche Möglichkeiten.

“Diese Ergebnisse unterstützen die Möglichkeit, dass Enceladus, der einen Ozean unter seiner Oberfläche besitzt und bemerkenswerte geologische Aktivität zeigt, Umgebungen enthalten könnte, die günstig für lebende Organismen sind”, sagte John Grunsfeld, Astronaut und stellvertretender Verwaltungsleiter am Science Mission Directorate der NASA in Washington. “Die Orte mit extremen Umgebungen in unserem Sonnensystem, wo Leben existieren könnte, bringen uns näher an die Beantwortung der Frage: Sind wir allein im Universum?”

Hydrothermale Aktivität entsteht, wenn Meerwasser in eine Gesteinskruste hineinsickert und mit ihr reagiert, wodurch eine heiße, mineralreiche Lösung zum Vorschein kommt – ein normaler Prozess in den Ozeanen der Erde. Zwei wissenschaftlichen Abhandlungen zufolge stellen die Ergebnisse die ersten deutlichen Belege dar, dass ein Eismond vergleichbare, gerade aktive Prozesse aufweisen könnte.

Die erste Abhandlung wurde diese Woche im Journal Nature veröffentlicht und bezieht sich auf mikroskopische Gesteinskörnchen, die von Cassini im Saturnsystem registriert wurden. Eine umfassende, vierjährige Analyse der Cassini-Daten, Computersimulationen und Laborexperimente führten Forscher zu der Schlussfolgerung, dass die winzigen Körnchen höchstwahrscheinlich entstehen, wenn heißes Wasser mit gelösten Mineralen aus dem steinigen Inneren des Mondes nach oben gelangt und mit kälterem Wasser in Kontakt kommt. Die Temperaturen, welche für die Wechselwirkungen zur Bildung der winzigen Gesteinskörnchen erforderlich wären, liegen bei mindestens 90 Grad Celsius.

“Es ist sehr aufregend, dass wir diese winzigen, von Geysiren ausgestoßenen Gesteinskörnchen nutzen können, damit sie uns etwas über die Bedingungen auf (und unter) dem Meeresboden eines Eismondes verraten”, sagte Sean Hsu, ein Postdoktorand an der University of Colorado in Boulder und der Hauptautor der Studie.

Cassinis Cosmic Dust Analyzer (CDA) registrierte wiederholt kleine Gesteinspartikel, die reich an Silizium waren – sogar bevor Cassini 2004 in den Saturnorbit eintrat. Durch ein Ausschlussverfahren schlussfolgerte das CDA-Team, dass diese Teilchen Siliziumdioxid-Körnchen sein müssen; Siliziumdioxid kommt auf der Erde in Sand und dem Mineral Quarz vor. Die übereinstimmende Größe der von Cassini beobachteten Teilchen (die größten waren zwischen sechs und neun Nanometer groß) waren der Hinweis, der den Forschern verriet, dass wahrscheinlich ein bestimmter Prozess dafür verantwortlich war.

Auf der Erde ist die häufigste Ursache für die Bildung von Siliziumdioxid-Körnchen dieser Größe die hydrothermale Aktivität unter bestimmten Bedingungen: Wenn leicht alkalisches und salziges Wasser, das mit Siliziumdioxid übersättigt ist, einen starken Temperaturabfall erfährt. “Wir suchten methodisch nach anderen Erklärungen für die Siliziumdioxid-Nanokörnchen, aber jedes neue Ergebnis wies auf einen einzigen, höchstwahrscheinlichen Ursprung”, sagte Co-Autor Frank Postberg von der Universität Heidelberg in Deutschland, ein Mitglied des Cassini-CDA-Teams.

Hsu und Postberg arbeiteten eng mit Kollegen von der University of Tokyo zusammen, die die detaillierten Laborexperimente durchführten, welche die Hypothese über die hydrothermale Aktivität bestätigten. Das japanische Team unter Leitung von Yasuhito Sekine überprüfte die Bedingungen, unter denen sich Siliziumdioxid-Körnchen von derselben Größe wie die von Cassini beobachteten bildeten. Die Forscher vermuten, dass diese Bedingungen auf dem Meeresboden von Enceladus existieren könnten, wo heißes Wasser aus dem Inneren auf das relativ kalte Wasser am Meeresgrund trifft.

Die extrem geringe Größe der Siliziumdioxid-Teilchen spricht auch dafür, dass sie von ihrem hydrothermalen Ursprung relativ schnell nach oben an die oberflächennahen Quellen der Geysire von Enceladus stiegen. Vom Meeresboden bis in den Weltraum – eine Distanz von etwa 50 Kilometern – benötigten die Körnchen ein paar Monate bis ein paar Jahre in Bewegung, andererseits würden sie viel größer werden. Die Autoren weisen darauf hin, dass der Gesteinskern von Enceladus laut Cassinis Gravitationsmessungen recht porös ist, wodurch es Wasser möglich wäre, aus dem Ozean in das Innere durchzusickern. Das würde ein riesiges Oberflächengebiet ergeben, in dem Gestein und Wasser interagieren könnten.

Die zweite Studie erschien kürzlich in den Geophysical Research Letters und lässt auf hydrothermale Aktivität als eine von zwei wahrscheinlichen Methanquellen in der Fahne aus Gas- und Eisteilchen schließen, die aus der Südpolarregion von Enceladus eruptiert. Die Entdeckung ist das Ergebnis umfangreicher Simulationen von französischen und amerikanischen Wissenschaftlern. Sie gingen damit der Frage nach, warum Methan merkwürdigerweise reichlich in der Fahne vorhanden ist, wie Cassini bereits zuvor gemessen hatte.

Diese Illustration zeigt potenzielle Quellen des Methans, was in der Fahne aus Gas- und Eisteilchen registriert wurde. (Southwest Research Institute)
Diese Illustration zeigt potenzielle Quellen des Methans, was in der Fahne aus Gas- und Eisteilchen registriert wurde. (Southwest Research Institute)

Das Team stellte fest, dass bei den hohen Drücken, die im Ozean des Mondes erwartet werden, Eismaterialien namens Clathrate entstehen könnten, die Methanmoleküle in eine Kristallstruktur aus Wassereis einhüllen. Ihre Modelle demonstrieren, dass dieser Prozess so effizient darin ist, dem Ozean das Methan zu entziehen, dass die Forscher immer noch eine Erklärung für dessen Fülle in der Fahne brauchten.

In einem Szenario übersättigen hydrothermale Prozesse den Ozean mit Methan. Das könnte passieren, wenn Methan schneller produziert wird, als es in Clathraten gebunden werden kann. Eine zweite Möglichkeit besagt, dass Methanclathrate aus dem Ozean in die eruptierenden Fahnen gezogen werden und ihr Methan freisetzen, während sie aufsteigen – ähnlich wie Blasen, die sich in einer geöffneten Champagnerflasche bilden. Die Autoren stimmen überein, dass beide Szenarien bis zu einem gewissen Grad wahrscheinlich sind, aber sie betonen, dass die Präsenz von Siliziumdioxid-Körnchen, wie in der anderen Abhandlung dokumentiert, das hydrothermale Szenario vorzieht.

“Wir haben nicht erwartet, dass unsere Studie über Clathrate im Ozean von Enceladus uns zu der Theorie führen würde, dass durch hydrothermale Prozesse aktiv Methan erzeugt wird”, sagte der Hauptautor Alexis Bouquet, ein Doktorand an der University of Texas in San Antonio. Bouquet arbeitete mit dem Co-Autor Hunter Waite zusammen, der das Cassini Ion and Neutral Mass Spectrometer (INMS) Team am Southwest Research Institute in San Antonio leitet.

Cassini enthüllte erstmals im Jahr 2005 aktive geologische Prozesse auf Enceladus, mit Beweisen für einen Eissprühnebel, der von der Südpolarregion des Mondes aufsteigt und für dortige Temperaturen, die wärmer waren als erwartet. Mit ihren leistungsfähigen und einander ergänzenden wissenschaftlichen Instrumenten offenbarte die Mission bald darauf eine sich auftürmende Fahne aus Wassereis und Wasserdampf, Salzen und organischen Materialien, die aus relativ warmen Brüchen auf der runzligen Oberfläche stammte. Ergebnisse von Gravitationsmessungen aus dem Jahr 2004 lieferten überzeugende Belege für die Präsenz eines zehn Kilometer tiefen Ozeans unter einem 30-40 Kilometer dicken Eispanzer.

Die Cassini-Huygens-Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt von der NASA, der European Space Agency (ESA) und der Italian Space Agency. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena (Kalifornien) leitet die Mission für das Science Mission Directorate in Washington. Das CDA-Instrument Cassinis wurde vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt zur Verfügung gestellt. Das CDA-Team, geleitet von Ralf Srama, hat seinen Sitz an der Universität Stuttgart in Deutschland.

Quelle: http://www.nasa.gov/press/2015/march/spacecraft-data-suggest-saturn-moons-ocean-may-harbor-hydrothermal-activity/index.html

(THK)

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