Astronomen entdecken Starburst im Zentrum eines Galaxienhaufens

Dieses Bild basiert auf Daten der Weltraumteleskope Spitzer und Hubble und zeigt den Galaxienhaufen SpARCS1049+56. (NASA / STScI / ESA / JPL-Caltech / McGill)
Dieses Bild basiert auf Daten der Weltraumteleskope Spitzer und Hubble und zeigt den Galaxienhaufen SpARCS1049+56. (NASA / STScI / ESA / JPL-Caltech / McGill)

Ein internationales Astronomenteam hat einen riesigen Galaxienhaufen entdeckt, in dessen Zentrum neue Sterne entstehen – ein äußerst seltener Fund. Die Entdeckung gelang mit der Hilfe des NASA/ESA-Weltraumteleskops Hubble. Sie ist die erste, die belegt, dass Riesengalaxien in den Zentren massereicher Galaxienhaufen deutlich anwachsen können, indem sie das von anderen Galaxien abgezogene Gas konsumieren.

Galaxienhaufen sind große Ansammlungen von Galaxien, die durch die Gravitation zusammengehalten werden. Unsere eigene Galaxie, die Milchstraßen-Galaxie, befindet sich innerhalb einer kleinen Galaxiengruppe, die als die Lokale Gruppe bekannt ist, welche ihrerseits wiederum ein Mitglied des massereichen Laniakea-Supergalaxienhaufens ist.

Galaxien in den Zentren von Galaxienhaufen bestehen normalerweise aus stellaren Fossilen – alte, rote oder tote Sterne. Astronomen haben jetzt allerdings eine Riesengalaxie im Herzen eines Galaxienhaufens namens SpARCS1049+56 entdeckt, welche die Regel zu brechen scheint und stattdessen mit einer unglaublichen Geschwindigkeit neue Sterne produziert.

“Wir vermuten, dass die Riesengalaxie im Zentrum dieses Galaxienhaufens nach einer Verschmelzung mit einer kleineren Galaxie so viele neue Sterne produziert”, erklärte Tracy Webb von der McGill University in Montreal (Kanada). Sie ist die Hauptautorin einer neuen Abhandlung, die zur Veröffentlichung im Astrophysical Journal angenommen wurde.

Die Galaxie wurde ursprünglich mit dem NASA-Weltraumteleskop Spitzer und dem Canada-France-Hawaii-Telescope auf dem Mauna Kea (Hawaii) entdeckt und am W. M. Keck Observatory bestätigt, das ebenfalls auf dem Mauna Kea liegt. Nachfolgebeobachtungen mit dem NASA/ESA-Weltraumteleskop Hubble ermöglichten den Astronomen, die Aktivität der Galaxie zu untersuchen.

Der Galaxienhaufen SpARCS1049+56 ist so weit entfernt, dass sein Licht 9,8 Milliarden Jahre benötigte, um uns zu erreichen. Er umfasst mindestens 27 Galaxien und besitzt eine Gesamtmasse, die 400 Billionen Sonnenmassen entspricht. In einer Hinsicht ist er ein wahrhaft einzigartiger Galaxienhaufen: sein leuchtendes Herz aus neuen Sternen. Die hellste Galaxie des Galaxienhaufens produziert 800 neue Sterne pro Jahr. Die Milchstraßen-Galaxie dagegen bildet höchstens zwei Sterne pro Jahr.

“Die Spitzer-Daten zeigten uns eine wirklich große Anzahl von Sternentstehungsprozessen im Herzen dieses Galaxienhaufens – etwas, das zuvor nur selten beobachtet wurde und sicherlich nicht in einem so weit entfernten Galaxienhaufen”, kommentierte der Co-Autor Adam Muzzin von der University of Cambridge (Großbritannien).

Spitzer registriert infrarotes Licht, deshalb kann es das warme Leuchten von verborgenen, staubhaltigen Sternentstehungsregionen empfangen. Nachfolgebeobachtungen mit Hubble in sichtbaren Wellenlängen halfen festzustellen, was diese neuen Sternentstehungsprozesse antreibt. Es scheint so, dass eine kleinere Galaxie kürzlich mit der Riesengalaxie im Zentrum des Galaxienhaufens verschmolzen ist und ihr Gas an die größere Galaxie übertragen hat, wodurch eine Phase intensiver Sternentstehungsprozesse ausgelöst wurde.

“Auf unsere anderen Beobachtungen aufbauend, verwendeten wir Hubble, um die Galaxie eingehender zu untersuchen – und wir wurden nicht enttäuscht”, ergänzte Muzzin. “Hubble fand den Überrest einer Verschmelzung im Zentrum dieses Galaxienhaufens. Wir registrierten Strukturen, die aussahen wie die Perlen auf einer Perlenschnur.”

Solche Perlenschnurstrukturen sind verräterische Anzeichen für etwas, das als “feuchte Verschmelzung” bezeichnet wird. Diese Art Verschmelzung findet statt, wenn gasreiche Galaxien miteinander kollidieren. Das Gas wird rasch in neue Sterne umgewandelt. Die neue Entdeckung ist einer der ersten bekannten Fälle einer feuchten Verschmelzung im Kern eines Galaxienhaufens. Hubble hatte früher schon einen anderen nahen Galaxienhaufen entdeckt, in dem eine feuchte Verschmelzung abläuft, aber dort wurden nicht so viele Sterne gebildet. Andere Galaxienhaufen wachsen durch trockene Verschmelzungen oder durch die Kanalisierung von Gas in Richtung ihrer Zentren. Trockene Verschmelzungen bezeichnen die Kollisionen zweier gasarmer Galaxien. Die beiden Galaxien vermischen nur ihre vorhandenen Sterne und lösen nicht die Geburt neuer Sterne aus. Der als Phoenix-Galaxienhaufen bekannte Supergalaxienhaufen wächst beispielsweise, weil Gas in Richtung seines Zentrums strömt.

Die Astronomen zielen jetzt darauf ab zu erforschen, wie häufig diese Art von Wachstumsmechanismus in Galaxienhaufen vorkommt. Gibt es dort draußen noch andere “Vielfraße” wie SpARCHS1049+56, die sich auch von gasreichen Galaxien ernähren? SpARCS1049+56 könnte eine Ausnahme sein – oder er könnte eine frühe Zeit in unserem Universum repräsentieren, als dieses Fressverhalten die Norm war.

Quelle: http://www.spacetelescope.org/news/heic1519/

(THK)

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