Das komplexe Magnetfeld der Sonne und seine Erforschung

Dieser Vergleich zeigt die relative Komplexität des solaren Magnetfeldes im Januar 2011 (links) und im Juli 2014 (rechts). Im Januar 2011, drei Jahre nach dem solaren Minimum, ist das Feld relativ einfach gestaltet. Im solaren Maximum im Juli 2014 ist seine Struktur viel komplexer - ideale Bedingungen für Sonneneruptionen. (NASA / Goddard Space Flight Center / Bridgman)
Dieser Vergleich zeigt die relative Komplexität des solaren Magnetfeldes im Januar 2011 (links) und im Juli 2014 (rechts). Im Januar 2011, drei Jahre nach dem solaren Minimum, ist das Feld relativ einfach gestaltet. Im solaren Maximum im Juli 2014 ist seine Struktur viel komplexer - ideale Bedingungen für Sonneneruptionen. (NASA / Goddard Space Flight Center / Bridgman)

Die Oberfläche der Sonne tanzt: Sie hat nicht das Erscheinungsbild der weißgelben Scheibe, wie wir sie vom Boden aus sehen, sondern zeigt verzerrende und sich auftürmende Bögen und wirbelnde Stürme, die bis in die obere Sonnenatmosphäre – die Korona – reichen. Allerdings können sie nicht in sichtbarem Licht beobachtet werden. Dann, in den 1950er Jahren, bekamen wir den ersten Einblick in dieses Ballett aus solarer Materie, das Licht nur in Wellenlängen emittiert, die für unsere Augen unsichtbar sind.

Als dieses dynamische System erst einmal entdeckt war, bestand der nächste Schritt darin zu verstehen, wodurch es verursacht wird. Dafür haben die Wissenschaftler sich einer Kombination aus Echtzeitbeobachtungen und Computersimulationen zugewandt, um bestmöglich zu analysieren, wie sich die Materie durch die Korona bewegt. Wir wissen, die Antworten liegen in der Tatsache, dass die Sonne ein großer magnetischer Stern ist und aus Materie besteht, die sich gemäß den Gesetzen des Elektromagnetismus verhält.

“Wir sind nicht ganz sicher, wo genau in der Sonne das Magnetfeld erzeugt wird”, sagte Dean Pesnell, ein Wissenschaftler am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). “Es könnte nahe an der Sonnenoberfläche sein oder tief innerhalb der Sonne – oder über einen breiten Tiefenbereich.”

Um die Natur des Weltraums in unserem Sonnensystem zu verstehen, ist es entscheidend zu begreifen, was das magnetische System antreibt: Das Magnetfeld der Sonne ist für alles verantwortlich, angefangen bei den solaren Eruptionen, die das Weltraumwetter (zum Beispiel Polarlichter) auf der Erde erzeugen bis hin zu dem interplanetaren Magnetfeld und die Strahlung, die unsere Raumsonden auf ihren Reisen durch das Sonnensystem durchqueren müssen.

Wie können wir diese unsichtbaren Felder erkennen? Zunächst beobachten wir die Materie auf der Sonne. Die Sonne besteht aus Plasma, einem gasähnlichen Materiezustand, bei dem Elektronen und Ionen getrennt vorliegen und ein superheißes Gemisch aus geladenen Teilchen bilden. Wenn sich geladene Teilchen bewegen, erzeugen sie natürliche Magnetfelder, die sich wiederum auf die Bewegungen der Teilchen auswirken. Das Plasma in der Sonne erzeugt daher ein komplexes System aus Ursache und Wirkung, in dem das Plasma innerhalb der Sonne strömt. Angefacht von der enormen Hitze, die durch die Kernfusion im Zentrum der Sonne entsteht, ruft es die Magnetfelder der Sonne hervor. Dieses System wird als solarer Dynamo bezeichnet.

Wir können die Form der Magnetfelder oberhalb der Sonnenoberfläche beobachten, weil sie die Bewegung des dort vorhandenen Plasmas steuern. Die Bögen und Türme aus Materie in der Korona leuchten hell in extremen ultravioletten Wellenlängen. Außerdem können die “Fußabdrücke” dieser magnetischen Bögen in der Sonnenoberfläche, der sogenannten Photosphäre, mit einem Magnetografen exakter gemessen werden. Ein Magnetograf misst die Stärke und Richtung der magnetischen Felder.

Dann erstellen Wissenschaftler Modelle. Sie kombinieren ihre Beobachtungen (Messungen der Magnetfeldstärke und -richtung auf der Sonnenoberfläche) mit ihren Erkenntnissen über den Magnetismus und darüber, wie sich die solare Materie bewegt. Simulationen wie das Potential Field Source Surface (PFSS) Modell können helfen, genau zu zeigen, wie sich Magnetfelder um die Sonne bewegen. Modelle wie PFSS können uns einen guten Eindruck dessen vermitteln, wie die solaren Magnetfelder in der Korona und sogar auf der nicht von der Erde aus sichtbaren Seite der Sonne aussehen.

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Video-Link: https://youtu.be/EaeHOhghFyE

Die Sonnenwissenschaftlerin Holly Gilbert vom Goddard Space Flight Center erklärt ein Modell des solaren Magnetfeldes. (NASA / Goddard Space Flight Center / Duberstein)

Ein vollständiges Verständnis der solaren Magnetfelder (inklusive ihres genauen Entstehungsprozesses und ihrer Struktur tief innerhalb der Sonne) hat sich noch nicht ergeben, aber die Forscher wissen schon ziemlich viel. Beispielsweise ist bekannt, dass das solare Magnetsystem den annähernd elfjährigen Aktivitätszyklus der Sonne steuert. Mit jeder Eruption glättet sich das Magnetfeld der Sonne etwas, bis es seinen einfachsten Zustand erreicht. An diesem Punkt erfährt die Sonne das solare Minimum, wo die Sonneneruptionen weniger häufig auftreten. Ab dann wird das Magnetfeld der Sonne mit der Zeit komplexer, bis es das solare Maximum erreicht, ungefähr elf Jahre nach dem vorangegangenen Minimum.

“Im solaren Maximum hat das Magnetfeld eine sehr komplexe Form und ist von zahlreichen kleinen Strukturen durchsetzt – das sind die aktiven Regionen, die wir sehen”, sagte Pesnell. “Im solaren Minimum ist das Feld schwächer und konzentriert sich an den Polen. Es ist eine sehr glatte Struktur, die keine Sonnenflecken bildet.”

Quelle: http://www.nasa.gov/feature/goddard/2016/understanding-the-magnetic-sun

(THK)

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