Izmit-Erdbeben von 1999 in der Türkei: Datenauswertung zeigt frühe Warnsignale

Glockenturm von Izmit (Wikipedia / User: Fenerli1978 / CC BY-SA 4.0)
Glockenturm von Izmit (Wikipedia / User: Fenerli1978 / CC BY-SA 4.0)

Das Izmit-Erdbeben von 1999 in der Türkei ist eines der am besten aufgezeichneten auf der Welt. Jetzt haben Wissenschaftler vom Centre national de la recherche scientifique (CNRS), dem Kandilli Observatory in Istanbul und dem Tubitak Research Center zum ersten Mal beobachtet, dass dem Erdbeben eine Vorbereitungsphase von 44 Minuten Dauer vorausging, bevor der Bruch in der Verwerfung auftrat. Diese Phase, die durch ein charakteristisches seismisches Signal gekennzeichnet wird, passt zu langsamen Gleitbewegungen in der Tiefe entlang der Verwerfung. Die Registrierung des Signals bei anderen Erdbeben könnte es möglich machen, manche Erdbebentypen einige Zehn Minuten vor dem Hauptereignis vorherzusagen. Diese Ergebnisse wurden in der Science-Ausgabe von 18. Februar 2011 veröffentlicht.

Ein starkes Erdbeben hat eine Magnitude von sieben oder höher auf der Richterskala. Im 20. Jahrhundert traten neun Erdbeben dieser Stärke entlang der Nordanatolischen Verwerfung auf, die zu den aktivsten großen Verwerfungen der Erde gehört. Das Erdbeben von Izmit im Jahr 1999 hatte eine Stärke von 7,6 und verwüstete Teile der nordwestlichen Türkei, nicht weit entfernt von Istanbul.Es wurde durch eine ruckartige Bewegung der Verwerfung ausgelöst, welche die westwärts driftende Anatolische Platte von der sich ostwärts bewegenden Eurasischen Platte trennt und zählt zu den am besten untersuchten Erdbeben der Welt. Seit 1999 studiert ein Team von CNRS-Wissenschaftlern gemeinsam mit türkischen Seismologen diese erdbebengefährdete Region.

Die Wissenschaftler analysierten kürzlich seismische Aufzeichnungen, die nahe am Epizentrum des Izmit-Bebens gemacht wurden. Sie registrierten ein einzigartiges Signal, das niemals zuvor beobachtet wurde, kurz bevor die Verwerfung brach. Genauer gesagt offenbarten die Aufzeichnungen eine Reihe von wiederholten vergleichbaren Vibrationen, die 44 Minuten lang andauerten. Obwohl die Bewegungen des Untergrundes fortlaufend waren, waren sie zu schwach, um von der Bevölkerung wahrgenommen zu werden. Es setzte sich bis zu dem Erdbeben fort, mit stetig steigender Intensität. Die Analyse des Signals zeigte, dass es von langsamen, ungleichmäßigen Gleitbewegungen in dem Ort der Verwerfung ausgelöst wurde, an dem das Erdbeben auftrat. Es zeigt, dass die Verwerfung anfing sich zu bewegen, 44 Minuten bevor das Hauptbeben eintrat. Die Gleitbewegung setzte sich immer schneller werdend bis zum Erdbeben fort.

Das Izmit-Beben begann mit der langsamen Gleitbewegung der Verwerfung an der Basis des spröden Teils der Erdkruste in einer Tiefe von etwa 15 Kilometern. Das von den Forschern registrierte Signal – eine klare seismische Signatur langsamer Bewegung – zeigt die Vorbereitungsphase des Erdbebens an. Obwohl es in der Theorie und durch Laborexperimente vorausgesagt wurde, konnte es bis jetzt nicht nachgewiesen werden. Messinstrumente in GPS-Stationen nahe der Verwerfung waren nicht empfindlich genug, um den Prozess direkt aufzuzeichnen, was teilweise erklären würde, warum das Signal zu der Zeit unbeachtet blieb. Nur die sehr detaillierte Analyse der Aufzeichnungen hat dies jetzt möglich gemacht. Zudem waren die Wissenschaftler in der Lage, ihre Arbeit auf ein außergewöhnlich gut beobachtetes Erdbeben zu stützen, welches mehr oder weniger ideal dafür war, eine mögliche Vorbereitungsphase zu entdecken. Den Forschern zufolge existiert diese Phase auch bei anderen Erdbeben, hauptsächlich bei Beben des Izmit-Typs. Die relativ lange Dauer (44 Minuten) und die Tatsache, dass ein auffälliges Signal abgegeben wurde, sind ermutigende Faktoren. Falls neue Beobachtungen die Existenz dieser Vorbereitungsphase auch bei anderen Erdbeben nachweisen, könnte es möglich werden, manche Erdbeben mehrere Zehn Minuten vor dem Hauptereignis vorherzusagen.

Quelle: http://www2.cnrs.fr/en/1830.htm

(THK)

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