LHCb findet neue Hinweise auf mögliche Abweichung vom Standardmodell

Die Kammer mit dem LHCb-Experiment. (Credits: Image: Maximilien Brice / CERN)
Die Kammer mit dem LHCb-Experiment. (Credits: Image: Maximilien Brice / CERN)

Das LHCb-Experiment hat erstaunliche Anomalien bei der Art und Weise mancher Teilchenzerfallsprozesse gefunden. Falls bestätigt, wären sie ein Hinweis auf neue Physikphänomene, die vom Standardmodell der Teilchenphysik nicht vorhergesagt werden. Das beobachtete Signal ist noch von begrenzter statistischer Signifikanz, aber stärkt ähnliche Belege aus früheren Studien. Weitere Daten und Nachfolgeanalysen werden feststellen, ob diese Anhaltspunkte tatsächlich Risse im Standardmodell sind oder nur eine statistische Fluktuation.

Am 18. April 2017 präsentierte die LHCb Collaboration im Rahmen eines Seminars am CERN neue, lang erwartete Ergebnisse über einen besonderen Zerfallsprozess von B0-Mesonen, die bei Kollisionen im Large Hadron Collider erzeugt wurden. Das Standardmodell der Teilchenphysik sagt die Wahrscheinlichkeit für die vielen möglichen Zerfallsprozesse von B0-Mesonen voraus, und mögliche Abweichungen in den Daten würden auf eine neue Physik hindeuten.

In dieser Studie betrachtete die LHCb Collaboration den Zerfallsprozess von B0-Mesonen zu einem angeregten Kaon und einem Paar aus Elektronen oder Myonen. Das Myon ist 200 Mal schwerer als das Elektron, aber im Standardmodell sind seine Wechselwirkungen ansonsten mit jenen des Elektrons identisch – eine Eigenschaft, die als Leptonen-Universalität bekannt ist. Die Leptonen-Universalität sagt voraus, dass Elektronen und Myonen (bis zu einer geringen und berechenbaren Abweichung aufgrund des Massenunterschieds) bei diesem speziellen B0-Zerfall mit der gleichen Wahrscheinlichkeit produziert werden sollten.

Die LHCb-Messungen ergaben stattdessen, dass die Zerfallsprozesse, an denen Myonen beteiligt waren, nicht so oft stattfanden. Obwohl sie möglicherweise aufregend ist, tritt die Abweichung vom Standardmodell bei einem Level von 2,2 bis 2,5 Sigma auf – das reicht nicht aus, um eine verlässliche Schlussfolgerung zu ziehen. Trotzdem ist das Ergebnis verblüffend, weil eine kürzliche Messung des LHCb-Experiments eines damit in Zusammenhang stehenden Zerfallsprozesses ein ähnliches Verhalten zeigte.

Diese Hinweise sind zwar von großem Interesse, reichen jedoch nicht für eine eindeutige Aussage. Es gibt viele frühere Messungen – wenn auch von anderer Natur -, die die Symmetrie zwischen Elektronen und Myonen unterstützen. Mehr Daten und weitere Beobachtungen ähnlicher Zerfallsprozesse sind erforderlich, um festzustellen, ob diese Hinweise nur eine statistische Fluktuation sind, oder ob sie die ersten Hinweise auf neue Teilchen sind, die das Standardmodell der Teilchenphysik erweitern und vervollständigen würden.

Die diskutierten Messungen wurden unter Verwendung aller Daten aus dem ersten Betriebslauf (Run 1) des Large Hadron Collider durchgeführt. Falls die neuen Messungen tatsächlich auf Physik jenseits des Standardmodells hindeuten, würde die während des zweiten Betriebslaufs gesammelte größere Datenmenge ausreichen, um diese Effekte zu bestätigen.

Quelle

(THK)

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