Als die Raumsonde Mariner 10 im Jahr 1974 erstmals den Merkur erreichte, registrierte das an Bord befindliche Magnetometer ein schwaches Magnetfeld in der Umgebung des Planeten. Die damaligen Messungen konnten durch die im Merkurorbit operierende MESSENGER-Sonde ergänzt werden, was eine genauere Untersuchung des Magnetfeldes und dessen Wechselwirkungen mit dem Sonnenwind ermöglichte. Das Magnetfeld von Merkur hat an der Oberfläche eine Intensität von 450 NanoTesla, das entspricht etwa einem Prozent der irdischen Magnetfeldintensität. Es handelt sich dabei um ein klassisches Dipolfeld, das sieben Grad gegen die Rotationsachse Merkurs geneigt ist. Wegen der geringen Stärke reicht das Magnetfeld aber in Sonnenrichtung nur ungefähr 1.000 Kilometer in den offenen Weltraum hinaus.
Oben: Diese Grafik verdeutlicht den Verlauf der Magnetfeldintensität von Merkur während des ersten Flyby-Manövers der MESSENGER-Sonde. Das hochempfindliche Magnetometer konnte vorherige Beobachtungen von geladenen Teilchen bestätigen, die mit verschiedenen Spektrometern durchgeführt wurden. Alle Grenzbereiche des Magnetfeldes wurden von der MESSENGER-Sonde erfasst und enthüllten eine wesentlich ruhigere Magnetosphäre, als man aufgrund der Daten von Mariner 10 erwartet hatte. Merkur besitzt zum Beispiel keine Strahlungsgürtel, die mit dem Van-Allen-Gürtel der Erde vergleichbar wären.
Links sind die Flugbahnen zu sehen, die von den beiden Sonden MESSENGER und Mariner 10 während ihrer Flyby-Manöver vollzogen wurden. Man blickt direkt senkrecht auf den Nordpol des Planeten. Im Rahmen dieser Vorbeiflüge wurden auch die Daten über die Magnetosphäre Merkurs gesammelt. Es fällt auf, dass nur der zweite Flyby von MESSENGER Daten über das Magnetfeld der westlichen Hemisphäre geliefert hat. Diese Daten sind sehr wichtig, um die Geometrie des gesamten Magnetfeldes nachvollziehen zu können. Von der östlichen Hemisphäre hingegen lieferte Mariner 10 schon einige Datensätze, die durch den ersten Flyby von MESSENGER noch ergänzt wurden – natürlich viel exakter, als es mit dem Instrument von Mariner 10 möglich war.
Diese Grafik zeigt den Verlauf der magnetischen Feldstärke während des ersten (blau) und zweiten (orange) Vorbeiflugs der MESSENGER-Sonde an Merkur. Auffällig ist die etwa gleich große Maximalstärke des Magnetfeldes bei beiden Flyby-Manövern. Die größte Annäherung an den Planeten fand ungefähr bei drei Viertel des Merkurradius auf der Nachtseite statt. Die vom Sonnenwind ausgelösten Bugwellenfronten (Bow Shocks) traten in den erwarteten Regionen auf, was bedeutet, dass das aktuelle Magnetfeldmodell schon recht nah an der Realität ist. Im Bereich der größten Annäherung an Merkur registrierte MESSENGER bei ihrem zweiten Flyby eine um wenige Prozent geringere Magnetfeldstärke im Vergleich zu ihrem ersten Vorbeiflug. Diese Beobachtung spricht dafür, dass das magnetische Moment eng an die Rotationsachse Merkurs gekoppelt ist.
Die nebenstehende Abbildung zeigt den Winkel, den das Magnetfeld mit der Richtung Norden für den Durchstoß der Magnetopause und der Bugstoßwellen während des ersten (blau) und des zweiten Vorbeiflugs (orange) von MESSENGER einnahm. Obwohl die magnetischen Feldstärken bei beiden Vorbeiflügen vergleichbar waren, gab es einen Unterschied in der Ausrichtung des Magnetfeldes: nordwärts für den ersten Flyby und südwärts für den zweiten. Die beiden Vorbeiflüge der Sonde waren daher auch ein sehr interessantes Experiment, mit dem man die Wechselwirkungen zwischen dem Sonnenwind und Merkurs Magnetfeld eingehender beobachten konnte.
Dieses Diagramm veranschaulicht den grundlegenden Unterschied in der magnetischen Wechselwirkung zwischen Merkur und dem Sonnenwind, wenn das Magnetfeld im Sonnenwind nach Süden (links – Flyby 2) oder nach Norden (rechts – Flyby 1) gerichtet ist. Diese Ansichten von der Sonne zeigen einen fiktiven Querschnitt der magnetischen Feldlinien in der Meridianebene. Im ersten Fall interagiert der Sonnenwind mit dem Magnetfeld hauptsächlich über die magnetischen Pole, wodurch die Magnetosphäre Merkurs stark beeinflusst wird. Für nördlich gerichteten Sonnenwind ist die Magnetosphäre hingegen geschlossen, weshalb hier kaum Wechselwirkungen stattfinden.
Durch die Eigenarten des Magnetfeldes von Merkur ergibt sich eine Nord-Süd-Asymmetrie, die dazu führt, dass der Südpol des Planeten deutlich anfälliger gegenüber der Erosion durch den energiereichen Sonnenwind ist. Der Südpol verfügt über eine flächenmäßig viel größere magnetische Polkappe, in der sich die Feldlinien in das interplanetare Medium öffnen. Die hochenergetischen Teilchen des Sonnenwindes haben dadurch auch eine größere Angriffsfläche, auf die sie einwirken können. Die Südpolregion spielt demnach eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Erzeugung von Merkurs dünner Atmosphäre beziehungsweise Exosphäre, wenn die geladenen Teilchen auf die Oberfläche prallen und einzelne Atome oder Moleküle aus dem Gestein freisetzen.
Oben: Eine schematische Darstellung der Magnetosphäre von Merkur. Sie basiert auf Computersimulationen und beinhaltet auch die Deformationen (Bugstoßwellen) auf der sonnenzugewandten Seite des Planeten, die durch den energiereichen Sonnenwind ausgelöst werden. Weitere Beobachtungen sollen klären, ob es möglicherweise in anderen Gebieten gesteinsbedingte magnetische Anomalien gibt, so wie es beim Mars der Fall ist.