Wissenschaftsgeschichte: Die Solvay-Konferenz von 1927

Ernest Solvay, der Mäzen der Solvay-Konferenzen
Ernest Solvay, der Mäzen der Solvay-Konferenzen

Nach einigen Nachrichten über innovative Anwendungsmöglichkeiten, die auf den Theorien berühmter Wissenschaftler wie Einstein, Planck oder Schrödinger basieren, ist es vielleicht mal an der Zeit, einen kleinen Rückblick in die Vergangenheit zu machen. Eine zweckmäßige (und zudem sehr berühmte) Gelegenheit dafür bietet die fünfte Solvay-Konferenz von 1927.

Die erste Solvay-Konferenz fand im Jahre 1911 in Brüssel statt. Sie und die nachfolgenden Konferenzen wurden nach ihrem Mäzen benannt, dem belgischen Großindustriellen Ernest Solvay (1838 – 1922). Er und der Initiator der Konferenz, Walther Nernst (Physiker, Chemiker und Nobelpreisträger für Chemie), waren übereingekommen, ein mehrtägiges Treffen der wissenschaftlichen Elite zu organisieren, um über aktuelle Probleme und Sachverhalte der physikalischen Forschung zu diskutieren. Die Konferenz wurde ein großer Erfolg, daher beschloss man weitere Konferenzen dieser Art, die allesamt in Brüssel stattfanden und noch immer in Brüssel stattfinden.

Die fünfte Solvay-Konferenz im Jahr 1927 führte schließlich die damalige Elite aus Physik und Chemie zusammen – 29 brillante Köpfe, die sich über das Thema „Elektronen und Photonen“ austauschten. Darunter befanden sich 17 Wissenschaftler, die den Nobelpreis bereits erhalten hatten, oder im Laufe der Jahre noch bekommen sollten.

Solvay-Konferenz von 1927
Solvay-Konferenz von 1927

Hintere Reihe von links nach rechts:
Auguste Piccard, Émile Henriot, Paul Ehrenfest, Édouard Herzen, Théophile de Donder, Erwin Schrödinger, Jules-Émile Verschaffelt, Wolfgang Pauli, Werner Heisenberg, Ralph Howard Fowler, Léon Brillouin

Mittlere Reihe von links nach rechts: Peter Debye, Martin Knudsen, William Lawrence Bragg, Hendrik Anthony Kramers, Paul Dirac, Arthur Holly Compton, Louis-Victor de Broglie, Max Born, Niels Bohr

Vordere Reihe von links nach rechts: Irving Langmuir, Max Planck, Marie Curie, Hendrik Antoon Lorentz, Albert Einstein, Paul Langevin, Charles-Eugène Guye, Charles Thomson Rees Wilson, Owen Willans Richardson

Ein paar Eckdaten über die anwesenden Persönlichkeiten und ihre Leistungen:

Auguste Piccard
* 28.1.1884, † 24.3.1962, Schweizer Erfinder und Physiker. Er stellte mehrere Höhenrekorde mit Forschungsballonen auf und entwickelte das Tauchboot „Trieste“. Sein Sohn Jaques Piccard hält immer noch den Rekord für den tiefsten Tauchgang im Marianengraben.

Émile Henriot
* 2.7.1885, † 1.2.1961, Französischer Chemiker. Er zeigte erstmals, dass Kalium und Rubidium natürliche Radioaktivität aufweisen. Außerdem war er ein Pionier auf dem Gebiet der Elektronenmikroskopie.

Paul Ehrenfest
* 18.1.1880, † 25.9.1933, Österreichischer Physiker. Er beschäftigte sich mit der Quantenmechanik und verteidigte Einsteins spezielle Relativitätstheorie. Das Ehrenfest-Theorem stellt eine Verbindung zwischen klassischer Physik und Quantenmechanik her.

Édouard Herzen
* 1877, † 1936, Belgischer Chemiker.

Théophile Ernest de Donder
* 19.8.1872, † 11.5.1957, Belgischer Physiker und Chemiker. Er schrieb einige bahnbrechende Arbeiten über Nicht-Gleichgewichts-Thermodynamik.

Erwin Schrödinger
* 12.8.1887, † 4.1.1961, Österreichischer Physiker. Er gilt als Mitbegründer der modernen Quantentheorie und erhielt 1933 den Nobelpreis für Physik. Hohe Bekanntheit genießt sein Paradoxon der gleichzeitig toten und lebendigen Katze (Schrödingers Katze).

Jules-Émile Verschaffelt
* 27.1.1870, † 22.12.1955, Belgischer Physiker. Er leistete wichtige Beiträge zur Thermodynamik und Entropie.

Wolfgang Pauli
* 25.4.1900, † 15.12.1958, Österreichischer Physiker. Er schrieb einige Bücher und zahllose Abhandlungen über meist quantentheoretische Themen. Pauli war der erste der die Existenz des damals noch theoretischen Neutrinos postulierte. 1945 erhielt er den Nobelpreis für Physik.

Werner Heisenberg
* 5.12.1901, † 1.2.1976, Deutscher Physiker. Neben seiner berühmten Unschärferelation veröffentlichte er viele weitere Arbeiten über quantenmechanische Sachverhalte. 1932 bekam er den Nobelpreis für Physik.

Ralph Howard Fowler
* 17.1.1889, † 28.7.1944, Britischer Physiker und Astronom. Er verfasste einige wichtige Abhandlungen über Astrophysik, statistische Mechanik und Thermodynamik.

Léon Brillouin
* 7.8.1889, † 4.10.1969, Französisch-amerikanischer Physiker. Er lieferte wertvolle Beiträge über Festkörperphysik.

Peter Debye
* 24.3.1884, † 2.11.1966, Französisch-amerikanischer Physiker. Er lieferte wertvolle Beiträge über Festkörperphysik. 1936 bekam er den Nobelpreis für Chemie für die Debye-Gleichung und seine Arbeiten über Molekularstrukturen und die Beugung von Röntgenstrahlen und Elektronen in Gasen.

Martin Knudsen
* 15.2.1871, † 27.5.1949, Dänischer Physiker und Ozeanograph. Er untersuchte hauptsächlich das dynamische Verhalten von (dünnen) Gasen und schrieb einige Arbeiten darüber.

William Lawrence Bragg
* 31.3.1890, † 1.7.1971, Australisch-britischer Physiker. Gemeinsam mit seinem Vater untersuchte er Kristallstrukturen mit Hilfe von Röntgenstrahlen und erhielt dafür 1915 den Nobelpreis für Physik.

Hendrik Anthony Kramers
* 17.12.1894, † 24.4.1952, Niederländischer Physiker. Zusammen mit Niels Bohr veröffentlichte er mehrere Arbeiten über die Quantentheorie.

Paul Dirac
* 8.8.1902, † 20.10.1984, Britischer Physiker. Er war einer der Mitbegründer der modernen Quantenphysik und erhielt 1933 den Nobelpreis für Physik. Seine Arbeiten waren bahnbrechend für den mathematischen Umgang mit der Quantenmechanik.

Arthur Holly Compton
* 10.9.1892, † 15.3.1962, US-amerikanischer Physiker. Er schuf die Grundlage für den experimentellen Nachweis des nach ihm benannten Compton-Effektes, wofür er 1927 den Nobelpreis für Physik bekam.

Louis-Victor de Broglie
* 15.8.1892, † 19.3.1987, Französischer Physiker. Er entdeckte die Wellennatur des Elektrons und erhielt 1929 den Nobelpreis für Physik für seine Theorie über Materiewellen.

Max Born
* 11.12.1882, † 5.1.1970, Deutscher Mathematiker und Physiker. Er verfasste zahlreiche Abhandlungen über mathematische Grundlagen der Quantenmechanik. 1954 erhielt er den Nobelpreis für Physik.

Niels Bohr
* 7.10.1885, † 18.11.1962, Dänischer Physiker. Er entwickelte das nach ihm benannte Bohrsche Atommodell und wurde dafür 1922 mit dem Nobelpreis für Physik geehrt.

Irving Langmuir
* 31.1.1881, † 16.8.1957, US-amerikanischer Physiker und Chemiker. Er erhielt 1932 den Nobelpreis für Chemie für seine Arbeiten im Bereich der Oberflächenchemie. Außerdem gehen viele technische Erfindungen auf sein Konto, unter anderem die Langmuir-Fackel, die Wolfram-Glühlampe und mehrere Vakuum-Radioröhren.

Max Planck
* 23.4.1858, † 4.10.1947, Deutscher Physiker. Er gehörte zu den Mitbegründern der modernen Quantenphysik. Planck entdeckte das nach ihm benannte Wirkungsquantum und wurde dafür 1919 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.

Marie Curie
* 7.11.1867, † 4.7.1934, Französische Physikerin. Sie erhielt zweimal den Nobelpreis: Den ersten für Physik im Jahre 1903 für die Untersuchung radioaktiver Strahlungsphänomene und den zweiten im Jahre 1911 für Chemie für ihre hervorragende Erforschung verschiedener radioaktiver Elemente und die Isolierung von Radium.

Hendrik Antoon Lorentz
* 18.7.1853, † 4.2.1928, Niederländischer Mathematiker und Physiker. Mit seinen mathematischen Arbeiten ebnete er unter anderem den Weg für Einsteins spezielle Relativitätstheorie. 1902 erhielt er den Nobelpreis für Physik für die Erklärung des Zeeman-Effektes und die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Magnetismus und Strahlungsphänomenen.

Albert Einstein
* 14.3.1879, † 18.4.1955, Schweizer Physiker mit deutschen Wurzeln. Die Formulierung seiner berühmten allgemeinen und speziellen Relativitätstheorie hob das physikalische Verständnis von Raum und Zeit auf eine ganz neue Ebene. Den Nobelpreis für Physik erhielt er 1922 aber für die Erklärung des photoelektrischen Effektes.

Paul Langevin
* 23.1.1872, † 19.12.1946, Französischer Physiker. Seine Arbeiten über die Moderation von Neutronen bildeten die Grundlage zur Entwicklung und Konstruktion von Kernreaktoren. Außerdem erfand er das erste Sonargerät. Die nach ihm benannte Langevin-Gleichung wird in der statistischen Physik benutzt.

Charles-Eugène Guye
* 15.10.1866, † 15.7.1942, Schweizer Physiker. Er untersuchte hauptsächlich das Verhalten von elektrischen Strömen und Magnetismus. Auch konnte er eine Voraussage der speziellen Relativitätstheorie experimentell bestätigen, nämlich dass die Masse eines Elektrons von seiner Geschwindigkeit abhängt.

Charles Thomson Rees Wilson
* 14.2.1869, † 15.11.1959, Schottischer Physiker. Er entwickelte die nach ihm benannte Wilsonsche Nebelkammer, mit der sich radioaktive Zerfallsprozesse fotografisch festhalten lassen. Dafür bekam er 1927 den Nobelpreis für Physik.

Owen Willans Richardson
* 26.4.1879, † 15.2.1959, Englischer Physiker. Für seine Arbeiten über den glühelektrischen Effekt und die Formulierung der nach ihm benannten Richardson-Gleichung wurde ihm 1928 der Nobelpreis für Physik verliehen.

(THK)

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1 Kommentar

  1. Danke für die Informationen. Ich gehöre vielleicht zu den Wenigen, die heute mit diesen Namen etwas anzufangen wissen, aber ich bin auch älter und habe solche Bücher wie „Bahnbrecher des Atomzeitalters“gelesen. Umso wichtiger, dass diese Namen in Erinnerung bleiben.

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