Venus – Oberfläche

Allgemeine Topografie

Die Oberfläche der Venus ist global gesehen verhältnismäßig eben. Ungefähr 60 Prozent ihrer Oberfläche bestehen aus weitläufigen Ebenen, die teilweise leicht geschwungene, aber nur geringe Höhenunterschiede aufweisen. Die restlichen 40 Prozent setzen sich aus Tiefebenen (ca. 20 Prozent) und Hochlagen (ca. 20 Prozent) zusammen, wobei die Bezeichnung “Hochlagen” nicht ganz angemessen ist: Mehr als 1,5 Kilometer über das durchschnittliche Höhenniveau erheben sich nur acht Prozent der Oberfläche. Vom tiefsten Punkt der Oberfläche zum höchsten Punkt sind es rund 12 Kilometer Höhenunterschied. Wegen der hohen Temperaturen gibt es auf der Venus natürlich keine Gewässer, aber trotzdem weist sie einige bemerkenswerte Oberflächenformationen auf. Die Beobachtung dieser Strukturen basiert im Wesentlichen auf Radar- und Infrarotkarten, die von den verschiedenen Raumsonden angefertigt wurden.

Venuskarte (Courtesy of NASA Ames Reseach Center / U.S Geological Survey / Messachusetts Institute of Technology)
Venuskarte (Courtesy of NASA Ames Reseach Center / U.S Geological Survey / Messachusetts Institute of Technology)

Oben: Diese Radarkarte der Venus basiert auf Daten der Raumsonde “Pioneer Venus 1” aus den frühen 80er Jahren. Trotz der für heutige Verhältnisse geringen Auflösung lassen sich viele Auffälligkeiten erkennen. Die beiden größten Hochebenen sind Aphrodite Terra etwas südlich des Äquators und Ishtar Terra auf der Nordhalbkugel des Planeten.

Aphrodite Terra besitzt ungefähr die Größe Südamerikas und erstreckt sich von etwa 60 Grad östlicher Länge bis 210 Grad östlicher Länge entlang des Äquators. Es wird durch drei Hochlagen bestimmt: Ovda Regio im Westen, Thetis Regio im Zentrum und Atla Regio ganz im Osten. Der östliche Teil von Aphrodite Terra wird durch einige große Vulkane und breite Gräben dominiert.

Ishtar Terra (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Ishtar Terra (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Links: Ishtar Terra (hier aus westlicher Richtung gesehen) ist etwas kleiner als Aphrodite Terra und liegt wesentlich weiter nördlich des Äquators. Kennzeichnend für dieses Hochland ist die weite Ebene Lakshmi Planum – eine in dieser Form einzigartige Struktur auf der Venus. In der Ebene finden sich zwei Senken, Colette Patera und Sacajawea Patera, welche vulkanischen Ursprungs sind. Eine Reihe von Gebirgszügen grenzt Lakshmi Planum nach außen hin ab, angefangen im Osten von den Maxwell Montes, die mit 10.200 Metern Höhe zugleich die höchsten Gipfel auf dem Planeten sind. Im Uhrzeigersinn folgen die Danu Montes im Süden, die Akna Montes im Westen sowie die Freyja Montes im Nordwesten. Geologisch ähneln die massiven Gebirgszüge irdischen Faltengebirgen, beispielsweise den Anden.
Ihre Entstehung ist allerdings noch nicht vollständig geklärt worden. Faltengebirge auf der Erde entstehen durch tektonische Aktivitäten der Erdkruste. In den Grenzbereichen zweier Kontinentalplatten können sich im Laufe der Jahrmillionen solche Gebirgszüge auftürmen. Auf der Venus wurde bislang aber keine Plattentektonik nachgewiesen.
 

Weite Teile von Ishtar Terra und Aphrodite Terra bestehen aus so genannten “Tesserae” – dabei handelt es sich um Hochlagen, die von fast rechtwinklig zueinander verlaufenden Verwerfungen durchzogen werden. Die so entstehenden Kacheln können eine Kantenlänge von über 20 Kilometern erreichen. Neben den Tesserae der beiden größten Hochländer gibt es noch vereinzelte Formationen, die aus tiefliegenden Regionen emporragen.

Alpha Regio (Courtesy of NASA / JPL)
Alpha Regio (Courtesy of NASA / JPL)

Links: Eine dieser vereinzelten Tesserae ist Alpha Regio, die etwa 4.000 Kilometer südlich von Ishtar Terra liegt und 1963 die erste mit Radar beobachtete Struktur auf dem Planeten war. Die nebenstehende dreidimensionale Ansicht eines Teils von Alpha Regio basiert auf Radardaten der Raumsonde Magellan. Das Hochland hat einen Durchmesser von etwa 1.300 Kilometern und weist vielfältige geologische Formationen auf. Lange Grate kreuzen einander, außerdem gibt es einige Mulden und Täler. Direkt südlich gibt es eine rund 330 Kilometer durchmessende eiförmige Struktur, die den Namen Eve Corona erhalten hat. Der radarhelle Punkt in ihrem Zentrum markiert den Nullmeridian auf der Venus.

Venus - zentriert auf 0 Grad östlicher Länge (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Venus – zentriert auf 0 Grad östlicher Länge (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Venus - zentriert auf 90 Grad östlicher Länge (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Venus – zentriert auf 90 Grad östlicher Länge (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Venus - zentriert auf 180 Grad östlicher Länge (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Venus – zentriert auf 180 Grad östlicher Länge (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Venus - zentriert auf 270 Grad östlicher Länge (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Venus – zentriert auf 270 Grad östlicher Länge (Courtesy of NASA / JPL / USGS)

 

Venus - zentriert auf den Nordpol (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Venus – zentriert auf den Nordpol (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Venus - zentriert auf den Südpol (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Venus – zentriert auf den Südpol (Courtesy of NASA / JPL / USGS)

 

Oben: Diese sechs Bilder wurden aus Radardaten der Sonde Magellan als Mosaik zusammengesetzt. Magellan konnte über 98 Prozent der Venusoberfläche mit Radar kartographieren und lieferte damit die heute gängigen Standardkarten. Kleinere Beobachtungslücken wurden von Radardaten des Arecibo-Radioteleskops ergänzt. Die Auflösung der Originalaufnahmen ist natürlich größer, als die der hier eingebundenen Bilder, aber trotzdem sind alle markanten Oberflächenformationen zu erkennen: Ishtar Terra (besonders gut auf dem letzten Bild), Aphrodite Terra (auf dem zweiten Bild) und verschiedene andere Strukturen wie zum Beispiel Alpha Regio (auf dem ersten Bild).

 

 

Einschlagkrater

Wegen der extrem dichten Atmosphäre haben Asteroideneinschläge auf der Venus keinen so prägenden Einfluss wie etwa auf dem Merkur oder auf dem Mond. Nur sehr massereiche Brocken schlagen auf der Oberfläche auf und hinterlassen einen deutlich sichtbaren Krater. Kleinere Objekte verursachen – falls sie es bis auf die Oberfläche schaffen – nur geringe Spuren durch die auftretenden Druckwellen.

Die fünf größten Einschlagkrater auf der Venus
NameDurchmesser (in Km)
Mead280
Isabella175
Klenova125
Cochran124
Stanton110

Trotzdem gibt es insgesamt knapp 1.000 Einschlagskrater auf der Venus, die gleichmäßig auf alle Regionen verteilt sind. Ihre Durchmesser betragen zwischen 1,5 und knapp 300 Kilometer. Nur acht Krater sind größer als 100 Kilometer. Neben der dichten Atmosphäre muss man auch die Oberfläche selbst als Ursache der auffallend geringen Einschlagsrate in Betracht ziehen. Aktuellen Untersuchungen zufolge ist sie mit 500-800 Millionen Jahren relativ jung und verfestigte sich somit erst nach dem letzten starken Bombardement, das während der Frühzeit des Sonnensystems stattgefunden hat.

Krater Mead (Courtesy of NASA / JPL)
Krater Mead (Courtesy of NASA / JPL)

Links: Diese Aufnahme der Raumsonde Magellan zeigt den größten Krater auf der Venus, Mead, am 12. November 1990. Der knapp 280 Kilometer durchmessende Krater liegt nördlich von Aphrodite Terra und östlich von Eistla Regio. Mead wurde als Multiring-Krater klassifiziert, dessen innerer Ring als Relikt des eigentlichen Einschlags interpretiert wird. In seinem Zentrum sind weder ein Zentralberg noch eine ringförmige Bergkette erkennbar, wie man bei Kratern dieser Größenordnung eigentlich annehmen müsste. Der etwas hellere Untergrund inmitten des inneren Rings wird einerseits auf ausgeworfenes Material zurückgeführt, welches nach dem Einschlag wieder zu Boden sank und den Krater teilweise auffüllte. Auf der anderen Seite kann auch vulkanische Lava dafür verantwortlich sein. Demnach füllte sie den Krater auf, nachdem der Asteroid die äußere Gesteinskruste des Planeten durchschlagen hatte.

Krater Dickinson (Courtesy of NASA / JPL)
Krater Dickinson (Courtesy of NASA / JPL)

Links: Der Krater Dickinson in der nordöstlichen Atalanta-Region, ebenfalls aufgenommen von Magellan. Dieser Krater besitzt im Vergleich zu Mead ein gänzlich anderes Erscheinungsbild. Zunächst einmal ist er mit einem Durchmesser von 69 Kilometern wesentlich kleiner, aber besonders auffällig sind die enormen Mengen ausgeworfenen Gesteins, die sich um den Krater herum verteilen. Eine Ausnahme bildet der Westen – hier ist kein ausgeworfenes Material erkennbar. Man nimmt daher an, dass der Asteroid aus westlicher Richtung kam und schräg auf die Oberfläche traf. An den östlichen Rändern sind großflächige Ströme aus geschmolzenem Gestein erkennbar, die bei dem Einschlagereignis entstanden. Im Inneren des Kraters sind radarhelle beziehungsweise radardunkle Flächen zu sehen, die auf unterschiedliche Strukturen des Untergrundes schließen lassen. Im Zentrum befinden sich Überreste eines Bergrings, der durch das Zurückfedern der Gesteinsschichten aufgetürmt wurde, aber mittlerweile durch Erosionsprozesse stark verwittert ist. Der Krater liegt im östlichen Teil von Atalanta Planitia.

Krater Aurelia (Courtesy of NASA / JPL)
Krater Aurelia (Courtesy of NASA / JPL)

Links: Der Krater Aurelia hat einen Durchmesser von knapp 32 Kilometern und ähnelt in seinem Erscheinungsbild dem oben gezeigten Krater Dickinson. Ausgeworfenes Material bestimmt die direkte Umgebung des Kraterrandes, mit Ausnahme des nordwestlichen Bereichs. Aus dieser Richtung schlug das Objekt ein. In der Gegenrichtung – Südosten – erkennt man wuchtige Materialströme, welche die Kraterhänge hinunterfließen. Um das Auswurfmaterial herum befinden sich große Flächen, welche die Radarstrahlen nicht gut reflektieren und dadurch dunkel erscheinen. Weitere Charakteristika dieses Kraters sind das deutlich sichtbare Zentralmassiv und terrassenartige Strukturen in seinen Randgebieten. Anders als bei Dickinson ist der Innenbereich dieses Kraters aber durchweg von sehr radarhellem Material bedeckt. Aurelia liegt etwa 2.500 Kilometer nordwestlich von Alpha Regio und ungefähr 2.000 Kilometer südlich von Ishtar Terra.

Krater Barton (Courtesy of NASA / JPL)
Krater Barton (Courtesy of NASA / JPL)

Links: In derselben Region wie Aurelia befindet sich auch der Krater Barton, der mit 50 Kilometern Durchmesser jedoch weit größer ist. Dies ist eine von mehreren Aufnahmen des Kraters, welche Magellan am 19. und 20. September 1990 gemacht hat. Er liegt damit in einer Größenordnung, in der die Krater auf der Venus keine Zentralberge mehr aufweisen, sondern stattdessen einen mehr oder weniger gut ausgebildeten Ring aus Berggipfeln besitzen. Das trifft auf etwa drei Viertel aller Venuskrater mit Durchmessern zwischen 15 und 50 Kilometern zu. Der zentrale Bergring ist nicht durchgängig, sondern an mehreren Stellen unterbrochen. Als Ursache dafür kann entweder der Einschlag selbst gesehen werden, oder die Lücken entstanden im Verlauf von nachfolgenden Prozessen. Das ausgeworfene Gestein verteilt sich bei diesem Krater unregelmäßig, die umfangreichsten Mengen finden sich an den südöstlichen und südwestlichen Hängen. Im Gegensatz zum Krater Aurelia ist der Boden von Barton sehr radardunkel.

Krater Buck (Courtesy of NASA / JPL)
Krater Buck (Courtesy of NASA / JPL)

Links: Rund eine Woche später, am 26./27. September 1990 überflog Magellan die Navka Region etwa 1.000 Kilometer nordwestlich von Alpha Regio und machte Radaraufnahmen des Kraters Buck. Er ist mit 22 Kilometern Durchmesser relativ klein im Vergleich zu den anderen genannten Exemplaren, zählt aber aufgrund seiner Struktur zu den komplexen Kratern. Eine Eigenschaft komplexer Krater ist zum Beispiel der gut sichtbare Zentralberg. In diesem Fall ist der Zentralberg sogar ungewöhnlich groß ausgeprägt. Auch die terrassenartigen Formationen in seinem Innenbereich sind ein Merkmal von komplexen Kratern. Die Verteilung des ausgeworfenen Gesteins deutet darauf hin, dass das Objekt aus östlicher Richtung schräg auf die Oberfläche prallte. Bei genauer Betrachtung ist um das ausgeworfene Material herum ein Halo aus radardunklem Boden zu erkennen.

Unbenannter Krater (Courtesy of NASA / JPL)
Unbenannter Krater (Courtesy of NASA / JPL)

Dieser noch unbenannte Krater liegt in der Eistla Regio, ungefähr 2.000 Kilometer nördlich von Alpha Regio. Der sehr irregulär geformte Krater misst etwa sechs Kilometer im Durchmesser und besitzt einen relativ radardunklen Zentralbereich. Das beim Aufprall ausgeworfene Material wurde bis in eine Entfernung von fast 13 Kilometern geschleudert. Der wahrscheinlich aus einem niedrigen Einfallswinkel erfolgte Einschlag erzeugte fünf oder sechs langestreckte Zonen, in denen das hochgeschleuderte Gestein wieder zu Boden fiel. Die Zonen sind bis zu 3,5 Kilometer breit und bilden ein Muster, das einem Seestern ähnelt und sich deutlich von den radardunklen Bereichen der Umgebung abhebt. Die Ausrichtung der südlichen und der gut sichtbaren nördlichen Auswurfzone entlang von Brüchen und Gräben im Untergrund ist zufällig und keine direkte Folge des Einschlags.

 

 

Coronae

Die fünf größten Coronae
NameDurchmesser (in Km)
Artemis Corona2.600
Heng-O Corona1.060
Zisa Corona850
Ceres Corona675
Pölöznitsa Corona675
Neben den Einschlagkratern gibt es auf der Venus noch weitere interessante Strukturen, allen voran die so genannten “Coronae”. Corona ist der lateinische Begriff für “Krone” und bezieht sich auf das oft kronenähnliche Aussehen dieser Formationen. Die Coronae sind meist oval oder kreisförmig und weisen in ihrem Inneren eine leicht gewellte Senke auf, die im Allgemeinen unter dem Umgebungsniveau liegt. Die äußeren Gebiete der Coronae bestehen aus vergleichsweise niedrigen Rändern. Dort befinden sich in vielen Fällen konzentrische Bruch- oder Grabensysteme und aufgetürmte Gebirgszüge. Die Durchmesser der Coronae sind sehr unterschiedlich.
 

Die Kleinsten sind etwa 40 Kilometer groß, während die Rekordhalterin 2.600 Kilometer durchmisst. Die meisten liegen in der Größenordnung von 100 bis 400 Kilometern und befinden sich in den äquatorialen Regionen des Planeten. Im Inneren der Coronae finden sich oft ganze Gruppen von zusammenhängenden kleineren Vulkanen oder auch riesige Schildvulkane. Zur Entstehung dieser Formationen gibt es zwei Theorien: Die eine geht davon aus, dass es sich bei den Coronae um eingebrochene Vulkane oder Calderen handelt. Der anderen Theorie zufolge sind Coronae die Relikte von katastrophalen Einschlagereignissen, durch deren Einwirkung und Folgen die Vulkane entstanden.

Artemis Corona (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Artemis Corona (Courtesy of NASA / JPL / USGS)

Artemis Corona im Süden von Aphrodite Terra, die größte Corona des Planeten, aufgenommen von Magellan. Die gesamte Formation ist nahezu 2.600 Kilometer groß, das Bild zeigt den etwa 2.100 Kilometer durchmessenden Ring aus steilwandigen Tälern und Bruchsystemen, welcher den Namen Artemis Chasma trägt. Er würde von der Westküste der USA fast bis zum Hauptgrat der Rocky Mountains reichen und hat somit die doppelte Ausdehnung wie die zweitgrößte Corona auf der Venus, Heng-O. Artemis Corona umfasst mehrere komplexe Bruch- und Grabensysteme, außerdem befinden sich zwei Einschlagkrater in ihrem Becken. Der Größere der beiden ist im südwestlichen Bereich als dunkler, kreisförmiger Bereich zu sehen. Die kreisförmigen Brüche bilden einen steilwandigen Trog von etwa 120 Kilometern Breite, dessen Entstehung Gegenstand aktueller Studien ist. Normalerweise entstehen solche Strukturen durch Kräfte, die die Kruste und die Lithosphäre eines Planeten auseinanderziehen. Hier scheint jedoch das Gegenteil der Fall zu sein. Es besteht eine gewisse Ähnlichkeit zu einer ozeanischen Subduktionszone auf der Erde.

Atete Corona (Courtesy of NASA / JPL / USGS)
Atete Corona (Courtesy of NASA / JPL / USGS)

Atete Corona ist dagegen mit einer Länge von 600 Kilometern und einer Breite von 450 Kilometern deutlich kleiner als Artemis Corona. Sie liegt etwa 1.850 Kilometer nordwestlich von Themis Regio. Diese Strecke wird von einer Depression beherrscht, die bis zu 3 Kilometer unter dem Umgebungsniveau liegt. Parga Chasma, so ihr Name, beginnt hinter dem nördlichen Rand von Atete Corona. In dieser dreidimensionalen Ansicht, basierend auf Radardaten der Magellan-Sonde, tritt das namensgebende, kronenähnliche Aussehen besonders gut hervor.

Quetzalpetlatl Corona (Courtesy of NASA / JPL)
Quetzalpetlatl Corona (Courtesy of NASA / JPL)

Dieses Bild ist ein Komposit aus Radardaten von Magellan und dem Radioteleskop in Arecibo, Puerto Rico. Die Magellan-Daten stammen aus circa 70 Venusumkreisungen und wurden anschließend in ein Radarbild des Radioteleskops eingefügt. Die dargestellte Fläche umfasst 1.500 mal 1.500 Kilometer und zeigt ein geologisch interessantes Gebiet rund um eine Corona mit dem zungenbrecherischen Namen Quetzalpetlatl. Die Corona selbst misst ungefähr 700 Kilometer im Durchmesser und befindet sich in der unteren Bildhälfte, zu sehen als helle, ringförmige Struktur. In ihrem Inneren sind zahlreiche radarhelle und radardunkle vulkanische Lavaströme zu erkennen. Desweiteren zeigen die Magellan-Daten auch einige Schildvulkane verschiedener Größe, von einem Kilometer Durchmesser bis zu 20 Kilometern Durchmesser.

 

Vulkanismus

Die Venusoberfläche ist durch starken, lang anhaltenden Vulkanismus geprägt worden. Dementsprechend finden sich viele Vulkane unterschiedlichster Ausmaße auf dem Planeten. Bisher wurden 167 Vulkane ausgemacht, deren Basisdurchmesser 100 Kilometer übersteigt. Zählt man auch die kleinsten Erhebungen vulkanischen Ursprungs dazu, sind es weit mehr als 50.000. Die größten Exemplare sind riesige Schildvulkane. Ihre Flanken sind sehr flach abfallend, mit einem Neigungswinkel von 1 bis 2 Grad. Sie entstehen, wenn es zu einem Lavaausbruch kommt und die in alle Richtungen abfließende Lava schließlich erstarrt. Bei einem nachfolgenden Ausbruch wird die bestehende Lavaschicht von der nächsten Schicht überdeckt, was im Laufe der Zeit dann zu den gigantischen kegelförmigen Gebilden führt. Die mächtigsten Vulkane liegen in der Nähe des Äquators.

Aktuelle Untersuchungen liefern Hinweise darauf, dass die Venus möglicherweise auch heute noch vulkanisch aktiv sein könnte. Die von der ESA betriebene Raumsonde Venus Express konnte neun Hotspots nachweisen, das sind gewaltige Magmakammern unter der Oberfläche, die offenbar in jüngster Vergangenheit noch aktiv waren. Die kaum verwitterten Lavaströme in der Nähe der Hotspots sind demnach zwischen 250.000 und 2,5 Millionen Jahre alt. Die beobachteten Hotspots befinden sich in Imdr Regio, Themis Regio sowie Dione Regio und werden derzeit eingängig analysiert.

Idunn Mons (Courtesy of NASA / JPL / ESA)
Idunn Mons (Courtesy of NASA / JPL / ESA)

Grundlage für dieses Bild waren Daten der Raumsonden Magellan und Venus Express. Magellan machte ein Radarprofil der Umgebung von Idunn Mons in der Imdr Regio, was hier 30-fach überhöht dargestellt wurde, um diverse Details hervorzuheben. Der Gipfel ist rund 2,5 Kilometer hoch und hier farbig gekennzeichnet. Dafür wurden Daten des Infrarot-Spektrometers VITRIS an Bord der Venus Express verwendet. Es ist deutlich zu sehen, dass im Bereich des Berggipfels höhere Temperaturen gemessen wurden, was für eine gewisse Aktivität sprechen könnte. Hier gibt es eine Animation der betreffenden Daten: http://www.jpl.nasa.gov/video/index.cfm?id=900

Zeitlicher Verlauf der Schwefeldioxidkonzentration in der oberen Venusatmosphäre. (Data: E. Marcq et al. (Venus Express); L. Esposito et al. (earlier data); background image: ESA / AOES Medialab)
Zeitlicher Verlauf der Schwefeldioxidkonzentration in der oberen Venusatmosphäre. (Data: E. Marcq et al. (Venus Express); L. Esposito et al. (earlier data); background image: ESA / AOES Medialab)

Ein weiteres Indiz für aktiven Vulkanismus auf der Venus ist ein starker Anstieg der Schwefeldioxidkonzentration (SO2) in der oberen Atmosphäre des Planeten. Das Diagramm zeigt den Verlauf der SO2-Konzentration in den vergangenen fast 35 Jahren. Die Werte links stammen hauptsächlich von der Sonde Pioneer Venus, die sich von 1978 bis 1992 im Venus-Orbit befand. Die Daten im rechten Teil des Diagramms wurden von der ESA-Raumsonde Venus Express gesammelt, die sich seit 2006 in einer Umlaufbahn um die Venus befindet. Hier ist ein deutlicher Anstieg der SO2-Konzentration erkennbar, gefolgt von einem Abfall. Der Anstieg kann als Beleg für aktiven Vulkanismus interpretiert werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass er durch Veränderungen in der Venusatmosphäre hervorgerufen wurde, die sich im Verlauf mehrerer Jahrzehnte bemerkbar machen.

Maat Mons (Courtesy of NASA / JPL)
Maat Mons (Courtesy of NASA / JPL)
Maat Mons (Courtesy of NASA / JPL)
Maat Mons (Courtesy of NASA / JPL)

Oben: Aus Radardaten der Magellan-Sonde wurden diese beiden dreidimensionalen Ansichten des höchsten Venusvulkans, Maat Mons, erstellt. Der rund acht Kilometer hohe Vulkan liegt im östlichen Teil von Aphrodite Terra, unweit des Äquators. Sein Basisdurchmesser ist mit 200 Kilometern allerdings recht klein im Vergleich zu anderen Schildvulkanen auf der Venus. Auf dem linken Bild ist der Beobachtungspunkt etwa 560 Kilometer nördlich von Maat Mons auf einer 1,7 Kilometer hohen Erhebung, das heißt, man blickt nach Süden und sieht den Berg am Horizont. Man erkennt ausgedehnte Lavaströme, die Hunderte von Kilometern weit durch die Ebenen im Vordergrund geflossen sind. Die vertikale Skala wird in dieser Ansicht 22,5-fach überhöht dargestellt, um mehr Details sehen zu können. Das rechte Bild zeigt den Vulkan aus 634 Kilometern Entfernung mit einer zehnfachen Überhöhung.

Gula Mons (Courtesy of NASA / JPL)
Gula Mons (Courtesy of NASA / JPL)

Dieses 3D-Bild basiert ebenfalls auf Daten der Raumsonde Magellan und zeigt den Vulkan Gula Mons. Der Beobachtungspunkt liegt exakt auf Höhe des Gipfels (3 Kilometer) und ist 110 Kilometer südwestlich des Berges. Der Vulkan selbst befindet sich auf dem Hochland Eistla Regio, etwa 2.000 Kilometer nördlich von Alpha Regio. Auch hier erkennt man mächtige Lavaströme, welche von den Flanken des Berges in die Umgebung geflossen sind, bevor sie erstarrten. Sein Basisdurchmesser beträgt ungefähr 276 Kilometer. Die Farbtöne basieren auf Farbfotos, die von den russischen Sonden Venera 13 und Venera 14 gemacht wurden. In dem Hochland liegt noch ein weiterer Vulkan, Sif Mons, der mit 300 Kilometern zwar eine etwas breitere Basis besitzt, jedoch mit zwei Kilometern nicht ganz so hoch ist.

Sapas Mons (Courtesy of NASA / JPL)
Sapas Mons (Courtesy of NASA / JPL)

Der Vulkan Sapas Mons liegt in der Atla Regio und ist an seiner Basis 400 Kilometer breit, also gut 100 Kilometer größer als Sif Mons und Gula Mons. Er ist mit 1,5 Kilometern allerdings nur halb so hoch wie Gula Mons. Die Kantenlänge der Aufnahme beträgt 650 Kilometer. Aus der Vogelperspektive sind zahlreiche überlappende Lavaströme an seinen Flanken zu sehen. Die dunkleren Ströme im südöstlichen Teil des Berges scheinen eine etwas glattere Oberfläche zu haben als die helleren Ströme. Viele Ströme sind offenbar aus den Flanken selbst ausgetreten und nicht aus dem Gipfel des Vulkans. Im Gipfelbereich gibt es zwei flache, glatte Strukturen, die auf dem Bild dunkel erscheinen. Außerdem sind einige Mulden erkennbar, die auf eingefallene Magmakammern hindeuten. Nordöstlich von dem Vulkan befindet sich ein Einschlagskrater von rund 20 Kilometern Durchmesser, der durch die Lavasflüsse teilweise aufgefüllt wurde.

Ein anderer Typ von vulkanisch erzeugten Formationen sind kuppelförmige Gebilde, deren Erscheinungsbild an Pfannkuchen erinnert und die daher auch als Pancake Domes bezeichnet werden. Mit Durchmessern um 25 Kilometer sind sie deutlich kleiner als die imposanten Schildvulkane. Die oft kreisrunden Strukturen sind meistens etwa 700 Meter hoch, in Einzelfällen kann die Höhe auch einen Kilometer übersteigen. Ihre Oberflächen sind gekennzeichnet von Rissen und Brüchen, die sowohl konzentrisch, als auch radial verlaufen können.

"Pfannkuchen-Kuppeln" (Courtesy of NASA / JPL)
“Pfannkuchen-Kuppeln” (Courtesy of NASA / JPL)
Das nebenstehende 3D-Bild zeigt ein Gebiet am östlichen Rand von Alpha Regio. Dort gibt es eine Gruppe von sieben so genannten “Pfannkuchen-Kuppeln” (Pancake Domes), von denen hier aber nur drei sichtbar sind: eine im Vordergrund, eine schräg rechts dahinter und die dritte im Hintergrund. Sie entstanden vermutlich durch das eruptive Austreten von sehr zähflüssiger Lava, die kurze Zeit später erstarrte. Die Risse in ihren Oberflächen wurden dann durch nachströmende Lavamassen verursacht, welche die spröde obere Lavaschicht aufbrachen. Die radarhellen Flanken der Kuppeln deuten darauf hin, dass dort schroffes Gestein mit vielen verschieden großen Trümmern vorherrscht. Einige Brüche und Gräben in der Umgebung sind jünger als die Kuppeln, andere hingegen sind älter.
 

Durch die massive vulkanische Aktivität – unabhängig davon, wann sie stattfand – kommt ein weiteres Oberflächenmerkmal hinzu: Lavaflüsse unterschiedlicher Länge und Beschaffenheit. Zum einen gibt es einige Lavaströme (Fluctus genannt), die eine große Fläche bedecken und mehr Ähnlichkeit mit einem Lavafeld als mit einem Strom haben. Die Lava dieser Formationen ist seit längerer Zeit erstarrt. Zum anderen existieren auf der Venus etliche Lavaflüsse und Lavarinnen, deren Länge im Extremfall sogar mit irdischen (Wasser-)Flüssen vergleichbar ist. Die meisten Lavaflüsse sind bis zu 150 Kilometer lang und konnten über diese Strecke teilweise Erosionstäler bilden, deren Wände rund 100 Meter hoch sein können.

Lavarinnen (Courtesy of NASA / JPL / Magellan)
Lavarinnen (Courtesy of NASA / JPL / Magellan)

Dieses Bild machte Magellan von Lavarinnen im südlichen Teil von Ovda Regio. Die beiden Rinnen im rechten Bildausschnitt sind jeweils mehrere Hundert Kilometer lang und vollführen einige plötzliche Richtungswechsel, was auf eine unterschiedliche Beschaffenheit des Gesteins hindeutet. Für derart lange Lavarinnen kann nur extrem dünnflüssige Lava verantwortlich sein, die sich – wie Wasser – den Weg des geringsten Widerstands sucht und den Untergrund dort aufschmilzt beziehungsweise abträgt, wo dies am einfachsten möglich ist. Interessant ist, dass sich dieselbe Rinne in der unteren Bildhälfte nach rund 100 Kilometern teilt und in zwei Rinnen fortsetzt. Nach der Aufspaltung verlaufen die beiden Rinnen grob gesehen parallel in dieselbe Richtung. Die rechte Lavarinne wird nach etwa 100 Kilometern von einem Einschlagkrater unterbrochen. Der Krater hat einen Durchmesser von 12 Kilometern und entstand logischerweise nach der Lavarinne, was auf dem Bild gut zu erkennen ist.

Segment von Baltis Vallis (Courtesy of NASA / JPL)
Segment von Baltis Vallis (Courtesy of NASA / JPL)

Diese Aufnahme zeigt ein Segment des größten Lavakanals auf der Venus, Baltis Vallis. Die Gesamtlänge dieser Formation beträgt über 6.800 Kilometer, womit sie sogar den längsten Fluss auf der Erde, den Nil, übertrifft. Der Kanal reicht von Atla Regio bis in die Tiefebene von Atalanta Planitia. Das hier dargestellte Segment ist etwa 600 Kilometer lang. Um den Verlauf des Kanals besser verfolgen zu können, wurden die Helligkeit und der Kontrast auf dem hier eingebundenen Bild stark erhöht. Die Originalversion des Bildes gibt es hier: http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA00245
Man beginnt am besten im Nordosten. Von dort kann man den Kanal bis ungefähr in die Bildmitte verfolgen, dann führt er mit ein paar Windungen grob in Richtung Westen. Die Breite von Baltis Vallis liegt zwischen einem und drei Kilometern. Wegen der vulkanischen Aktivität und den dadurch bedingten Veränderungen der Oberfläche sind der Anfang und das Ende des Kanals allerdings nicht exakt zu bestimmen. Kreuzungen mit anderen Rinnen und Gräben erschweren die Dokumentation des Verlaufs zusätzlich.

Höhendaten der Region um die Vulkane Ozza Mons und Maat Mons. Rechts sind die Magellan-Beobachtungen vor der Eruption (A) und nach der Eruption (B) zu sehen. (Credits: Robert Herrick / UAF)
Höhendaten der Region um die Vulkane Ozza Mons und Maat Mons. Rechts sind die Magellan-Beobachtungen vor der Eruption (A) und nach der Eruption (B) zu sehen. (Credits: Robert Herrick / UAF)

Oben: Eine Neubetrachtung der von Magellan aufgenommenen Radarbilder deutet erstmals direkt auf aktuelle (das heißt in den letzten 30 Jahren) vulkanische Aktivitäten hin. Die beiden Bilder rechts machte Magellan im Abstand von sieben Monaten im Februar 1991 (A) und im Oktober 1991 (B). Man erkennt eine deutliche Veränderung des Vulkanschlots, der auf dem später aufgenommenen Bild größer ist und eine andere Form aufweist. Auch sind neue Lavaströme sichtbar.