Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=9qGeoYXQGkE
Kometen sind interessante Beobachtungsobjekte für Amateurastronomen und Hobby-Sterngucker. Je nach Größe, Entfernung und aktivitätsbedingter Helligkeit können sie bereits mit dem bloßen Auge sichtbar sein und das über mehrere Wochen. Je näher sie der Sonne kommen, desto aktiver werden sie und desto schneller bewegen sie sich. Wenn man nicht visuell beobachtet, sondern Fotoserien eines Kometen aufnimmt, kann man seine Bewegung am Himmel als Zeitraffer darstellen. Darum geht es in diesem Tutorial.
Wie erwähnt, hängt die Eigenbewegung des Kometen vor dem Sternenhintergrund von mehreren Faktoren ab, unter anderem von seiner tatsächlichen Geschwindigkeit, seiner Entfernung, aber auch von seinem Bahnverlauf in Bezug zu uns Beobachtern hier auf der Erde. Ein weiterer Faktor ist die Brennweite, mit der man den Kometen fotografiert, denn das Blickfeld ist umso kleiner, je höher die Brennweite ist. Und je kleiner das Blickfeld, desto deutlicher zeigt sich die Eigenbewegung des Kometen vor dem Sternenhintergrund.
Equipment in diesem Fall ((*)=Affiliatelinks):
- Skywatcher Teleskop N 130/650 Explorer 130PDS OTA (*)
- Skywatcher Montierung EQ6-R Pro SynScan GoTo (*) (Nachfolgemodell der genutzten NEQ6)
- QHY Kamera 5L-IIc Color (*)
In diesem Tutorial beschreibe ich meine Vorgehensweise bei der Erstellung von Kometen-Zeitraffern. Auch hier gilt: Dies ist nur eine von vielen Möglichkeiten, um ans Ziel zu gelangen. Ich verwende hier kostenlose Software, die (meiner Meinung nach) leicht zu bedienen ist und die ihren Zweck sehr gut erfüllt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit beginnt dieses Tutorial damit, dass die entsprechenden Rohbilder bereits auf die Festplatte kopiert wurden und für die weitere Bearbeitung zur Verfügung stehen.
Dennoch ein paar Worte zum Rohmaterial für dieses Tutorial. Das Ziel war der Komet C/2017 K2 (PANSTARRS). Die 156 Aufnahmen entstanden in der Nacht auf den 3. Juni 2022 mit jeweils 60 Sekunden Belichtungszeit bei ISO 1600. Die oben erwähnte QHY Kamera diente dabei als Guiding-Kamera während der Aufnahme. Die Aufnahmen selbst wurden mit einer Canon EOS 760d gemacht. Die Witterungsbedingungen waren ok, aber nicht gut. Der Komet stand zu Beginn der Aufnahmesession noch recht tief und der Himmel war zu dem Zeitpunkt noch relativ hell, was man weiter unten beim Vergleich zwischen der ersten und der letzten Aufnahme auch deutlich sieht.
Vorarbeiten mit IrfanView
Die Rohbilder befinden sich nun auf der Festplatte und hier hat man möglicherweise schon das erste kleine Problem:
Man sieht, dass hier im Beispiel manche Bilder im Hochformat vorliegen und manche im Querformat. Diese Einstellung gibt die Kamera auf Basis ihrer räumlichen Ausrichtung während der Aufnahme vor. Es ist logisch, dass die Bilder erst alle in dasselbe Format gebracht werden müssen, bevor man sie weiterbearbeiten und den Zeitraffer erstellen kann. Für diese Zwecke ist IrfanView gut geeignet – ein kostenloser, schlanker Bildbetrachter, der zudem über sehr mächtige Funktionen zur Batch-Konvertierung verfügt, welche wir später nochmals benötigen werden.
In das obige Menü gelangt man in IrfanView über Datei –> Batch(Stapel)-Konvertierung/Umbenennung.
Unter (1) legt man zunächst das Format fest, in das die Bilder konvertiert werden sollen (in diesem Fall tif). Beim Klick auf Optionen erscheint das nebenstehende Fenster. Es empfiehlt sich, die Bilder unkomprimiert zu konvertieren, um die Qualität zu erhalten. Um Speicherplatz zu sparen, kann man im Dropdown-Menü auch jpg statt tif auswählen. Dann unterscheidet sich das Optionen-Fenster entsprechend und zeigt die Einstellungen für das jpg-Format an, beispielsweise den Kompressionsgrad. Unterhalb eines Kompressionsgrades von 80% kommt es zu deutlich sichtbaren Bildartefakten, was beim Ergebnis unschön aussehen würde.
Unter (2) werden die Einstellungen vorgenommen, die letztendlich unser Problem mit dem Hoch- bzw. Querformat lösen:
Es geht um die Optionen Links drehen bzw. Rechts drehen. Man muss sich für ein Format entscheiden – für Videos bietet sich das Querformat an. Setzt man hier das Häkchen bei Links drehen, werden alle Bilder, an denen die Konvertierung vorgenommen wird, um 90 Grad gegen den Uhrzeigersinn gedreht. Das bedeutet, man wählt für die Konvertierung ausschließlich die Bilder, die im Hochformat vorliegen (3) und klickt dann auf Hinzufügen (4). Unter (5) kann man das Verzeichnis angeben oder ändern, in das die neu konvertieren Bilder gespeichert werden sollen. Der Klick auf Starten (6) beginnt die Konvertierung. Je nach Leistungsfähigkeit des Rechners, Größe, Anzahl der Bilder und den gewählten Konvertierungsoptionen kann der Vorgang ein Weilchen dauern. Wichtig: Die Konvertierung (ohne das Drehen) muss auch an den restlichen Bildern durchgeführt werden, die bereits im gewünschten Querformat vorlagen. Die Bilder sollten im selben Verzeichnis gespeichert werden, wie die gerade konvertieren Bilder. Wenn alles geklappt hat, haben wir jetzt alle Raw-Aufnahmen in das tif-Format umgewandelt, wobei alle Bilder im Querformat vorliegen.
Die Bilder haben die Originalauflösung von 6.000 x 4.000 Pixeln, was viel zu groß ist. Wäre es nicht sinnvoll, einen Bildausschnitt mit dem Kometen und dessen Bewegung auszuschneiden, so dass er deutlicher zu sehen ist? Dazu müsste man sich die Bewegung des Kometen im Zeitraum der Aufnahmesession anschauen und dann den passenden Bereich ausschneiden. Zunächst öffnet man das erste und das letzte Bild der Aufnahmesession. Betrachtet man die Bilder abwechselnd, so sieht man das Ausmaß der Eigenbewegung des Kometen, wie hier unten als gif-Animation dargestellt. Man erkennt auch die unterschiedliche Helligkeit des Himmels bei Aufnahmestart und -ende, wie eingangs erwähnt.
Jetzt da die Eigenbewegung des Kometen im Zeitraum der Aufnahmesession (hier 156×60 Sekunden) bekannt ist, kann man den passenden Bildausschnitt für die Erstellung des Zeitraffers wählen. Genau für solche Vorhaben liefert IrfanView ein ideales Werkzeug mit. Man öffnet das erste Bild der Aufnahmesession mit IrfanView und kann dann den gewünschten Bildausschnitt markieren, indem man einen Rahmen zieht (siehe unten) Dabei kann man ganz oben in der Titelleiste die Größe der aktuellen Markierung sehen. Bei hohen Auflösungen ist es nicht einfach, einen exakten Wert festzulegen (beispielsweise 1.920 x 1.280 Pixel für HD-Auflösung), was aber nicht weiter schlimm ist. Den exakten Wert kann man im nachfolgenden Schritt festlegen; der Ausschnitt sollte lediglich ungefähr passen (plusminus einige Pixel).
Wieder kommt die Batch-Konvertierung zum Einsatz.
Als Zielformat bietet sich wieder das verlustfreie tif-Format an, so wie oben. Beim Klick auf Setzen der Spezial-Optionen (1) erscheint das dargestellte Einstellungsfenster, das wir bereits vom ersten Konvertierungsschritt weiter oben kennen. Unter (2) klickt man bei Freistellen das Häkchen an und klickt anschließend auf Akt. Markierung (3). IrfanView berücksichtigt damit die zuvor ausgewählte Markierung. Unter (4) können jetzt die exakten Werte für Breite und Höhe des Ausschnitts angegeben werden, sofern die Markierung vorher nur ganz grob gepasst hat. Der Klick auf OK (5) übernimmt diese Einstellungen für die Konvertierung. Unter (6) klickt man auf Alle Hinzufügen, da jetzt natürlich alle Bilder umgewandelt bzw. gemäß der Einstellungen ausgeschnitten werden müssen. Unter Punkt (7) kann man wieder ein neues Verzeichnis auswählen, was durchaus sinnvoll ist. Der Klick auf Starten (8) beginnt die Konvertierung. Nach der erfolgreichen Umwandlung liegen im angegebenen Verzeichnis die ausgeschnittenen Bilder, die zur Erstellung des Zeitraffers verwendet werden sollen.
Erstellung des Zeitraffers mit PIPP
Dafür kommt PIPP zum Einsatz, ein ebenfalls kostenloses und sehr nützliches Programm für Bildbearbeitung und Videoerstellung.
Nach dem Start von PIPP klickt man auf Add Image Files (1) und lädt alle Bilddateien, die für den Zeitraffer verwendet werden sollen. Anschließend klickt man auf Output Options (2) und erhält folgende Einstellungsmöglichkeiten:
PIPP bietet mehrere Möglichkeiten für das Zielformat an. Für kleine Projekte kann man beispielsweise gif-Animationen erstellen lassen. Für größere Projekte eignet sich das Avi-Format besser (1). Oben rechts kann man den Codec (2) auswählen, wobei das unkomprimierte Raw-Format zumindest lokal eine bessere Qualität hat. Lädt man dieses Ergebnis auf anderen Portalen wie etwa Youtube hoch, wird das Video bearbeitet – allerdings ist das Ergebnis dann immer noch recht gut, insbesondere wenn das Originalmaterial eine bestimmte Mindestauflösung aufweist. Wichtig ist noch die Framerate (3): Ist der Wert zu niedrig, nimmt man später im Video ein Ruckeln wahr. Hier gilt: Je höher die Anzahl der Bilder für das Zeitraffer-Video ist, desto höher kann man den Wert einstellen, so dass das Video für das menschliche Auge weitgehend flüssig abgespielt wird. Hier im Beispiel waren es 156 Aufnahmen, was bei einer Framerate von 15 Bildern pro Sekunde ein Zeitraffer-Video von rund 10 Sekunden Dauer ergibt. Der Klick auf Do Processing (4) führt zum nächsten Fenster:
Der Klick auf Start Processing erstellt das Zeitraffer-Video gemäß der angepassten Einstellungen. Damit wäre das Projekt Kometen-Zeitraffer abgeschlossen – hoffentlich erfolgreich. Wenn man das Ergebnis einer breiten Öffentlichkeit zeigen will, kann man optional noch eine Bildquelle (Credit) einfügen. Auch dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Beispielsweise kann man mit IrfanView in den Spezial-Optionen das Häkchen bei Text einfügen setzen und den Bildnachweis direkt bei der Konvertierung mit in das Bild schreiben lassen. Ich verwende dafür VirtualDub, ein kostenloses Programm zur Bearbeitung von Videos. Das umfasst auch einen Filter, mit dem man Text in das Video schreiben kann. Das Endergebnis ist ganz oben im Artikel als Youtube-Video eingebunden (oder hier noch einmal als Link).
Wie gesagt… dies ist nur eine von vielen Vorgehensweisen. Es gibt nicht nur kostenlose Programme, sondern auch beliebte kostenpflichtige Programme, die über einen ähnlichen Funktionsumfang verfügen und sicherlich auch ein ansprechendes Endergebnis liefern würden. Dieses Tutorial soll Einsteigern und Interessierten einen Startpunkt vermitteln – einen Ansatz, wie sie ein solches Projekt angehen können.
(THK)
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