
Das Southwest Research Institute (SwRI) hat in Zusammenarbeit mit der Carnegie Institution for Science Laborexperimente durchgeführt, um besser zu verstehen, wie der Saturnmond Titan seine einzigartige, stickstoffreiche Atmosphäre aufrechterhalten kann. Titan ist der zweitgrößte Mond unseres Sonnensystems und der einzige, der eine nennenswerte Atmosphäre besitzt.
„Obwohl Titan nur 40 Prozent des Erddurchmessers aufweist, ist seine Atmosphäre 1,5 Mal so dicht wie die der Erde, und das bei einer geringeren Schwerkraft“, sagte Dr. Kelly Miller vom SwRI, Hauptautorin einer Studie über diese Erkenntnisse in der Zeitschrift Geochimica et Cosmochimica Acta. „Ein Spaziergang auf der Titan-Oberfläche würde sich ein bisschen wie Tauchen anfühlen“. Der Ursprung, das Alter und die Entwicklung dieser Atmosphäre, die zu etwa 95 Prozent aus Stickstoff und zu fünf Prozent aus Methan besteht, geben den Wissenschaftlern seit ihrer Entdeckung im Jahr 1944 Rätsel auf.
„Das Vorhandensein von Methan ist entscheidend für die Existenz der Titanatmosphäre“, sagte Miller. „Das Methan wird durch Reaktionen mit dem Sonnenlicht entfernt und würde in etwa 30 Millionen Jahren verschwinden, wonach die Atmosphäre auf der Oberfläche gefrieren würde. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Methan aus einer internen Quelle stammen muss, sonst hätte die Atmosphäre eine geologisch kurze Lebensdauer.“
Miller war auch die Hauptautorin einer 2019 im Astrophysical Journal veröffentlichten Studie, die ein theoretisches Modell vorschlägt, wie sich die Atmosphäre entwickelt haben könnte und wie sie sich im Laufe der Jahre wieder auffüllt. Die Arbeit geht davon aus, dass große Mengen hochkomplexer organischer Materialien in Titans felsigem Inneren erhitzt werden und dabei Stickstoff sowie Kohlenstoffgase wie Methan freisetzen. Das Gas entweicht dann an der Oberfläche, wo es eine dichte Atmosphäre um den Mond bildet.
Diese Theorie wird durch die jüngsten Experimente untermauert, bei denen organische Materialien auf Temperaturen von 250 bis 500 Grad Celsius bei einem Druck von bis zu zehn Kilobar erhitzt wurden, um die Bedingungen im Inneren Titans zu simulieren. Bei den Experimenten entstanden Kohlenstoffgase wie Kohlendioxid und Methan in ausreichenden Mengen, um das atmosphärische Reservoir des Titan zu versorgen.
Die Arbeit basiert größtenteils auf Daten der NASA-Raumsonde Cassini-Huygens, die 1997 startete und von 2004 bis 2017 das Saturnsystem erforschte. Die NASA plant, ihre nächste Mission zum Saturnsystem im Jahr 2028 mit einer Raumsonde namens Dragonfly zu starten. Sie wird einen Quadcopter enthalten, der Titan aus der Nähe erkunden und untersuchen soll, ob die Umgebung auf Titan jemals für Leben geeignet gewesen sein könnte. Miller wird als nächstes mit einem internationalen Forscherteam zusammenarbeiten, um die Bewohnbarkeit des unterirdischen flüssigen Ozeans zu untersuchen.
Studie:
„Experimental heating of complex organic matter at Titan’s interior conditions supports contributions to atmospheric N2 and CH4“ von Miller et al., Geochimica et Cosmochimica Acta
(THK)
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