Seit dem späten 20. Jahrhundert haben Astronomen Kenntnis von Daten, die darauf hindeuten, dass sich das Universum nicht nur ausdehnt, sondern mit einer beschleunigten Rate expandiert. Dem aktuell akzeptierten Modell zufolge ist die Ursache dieser beschleunigten Expansion die Dunkle Energie, eine mysteriöse abstoßende Kraft, die rund 73 Prozent der Energiedichte des Universums ausmacht. Jetzt enthüllt eine neue Studie eine alternative Theorie: Dass die Expansion des Universums durch die Beziehung zwischen Materie und Antimaterie verursacht wird. Nach dieser Studie stoßen sich Materie und Antimaterie gegenseitig gravitativ ab und erzeugen eine Art von „Antigravitation“, welche die Notwendigkeit für Dunkle Energie im Universum beseitigen könnte.
Massimo Villata, ein Wissenschaftler am Observatory of Turin in Italien, begann die Studie mit zwei Prämissen. Zuerst postulierte er, dass sowohl Materie als auch Antimaterie eine positive Masse und Energiedichte besitzen. Traditionell wird der gravitative Einfluss eines Teilchens ausschließlich durch seine Masse bestimmt. Eine positive Masse bedeutet, dass das Teilchen andere Teilchen gravitativ anziehen wird. Unter Villatas Prämisse trifft das auch auf Antiteilchen zu. Unter dem Einfluss der Gravitation ziehen Teilchen also andere Teilchen an und Antiteilchen ziehen andere Antiteilchen an. Aber welche Art von Kraft tritt zwischen Teilchen und Antiteilchen auf?
Um diese Frage zu lösen, musste Villata eine zweite Prämisse aufstellen – dass allgemeine Relativität CPT invariant ist. (CPT = Charge, Parity, Time, Anm. d. Red.) Das bedeutet, dass die Gesetze, die ein gewöhnliches Teilchen in einem gewöhnlichen Feld der Raumzeit steuern, auch auf Szenarios angewandt werden können, in denen Ladung (elektrische Ladung und interne Quantenzahlen), Parität (Raumkoordinaten) und Zeit umgekehrt sind, wie es bei Antimaterie der Fall ist. Wenn man die Formeln der allgemeinen Relativität in Bezug auf Ladung, Parität und Zeit entweder für das Teilchen oder das Feld, in dem es sich bewegt, umkehrt, dann resultiert dies in einem Vorzeichenwechsel des Gravitationsterms. Er wird negativ anstatt positiv und impliziert eine so genannte Antigravitation zwischen beiden.
Villata führt das alte Beispiel des Apfels an, der auf Isaac Newtons Kopf fällt. Wenn ein Anti-Apfel auf eine Anti-Erde fällt, ziehen sich die beiden an und der Anti-Apfel wird Anti-Newton auf den Kopf fallen. Allerdings kann ein Anti-Apfel nicht auf die normale alte Erde „fallen“, die aus normaler alter Materie besteht. Stattdessen würde der Anti-Apfel wegen dem Vorzeichenwechsel von der Erde wegfliegen. Mit anderen Worten, wenn die allgemeine Relativität tatsächlich CPT invariant ist, würde Antigravitation dazu führen, dass sich Teilchen und Antiteilchen gegenseitig abstoßen. In einem viel größeren Maßstab vermutet Villata, dass das Universum wegen dieser kraftvollen Abstoßung zwischen Materie und Antimaterie expandiert.
Was ist mit der bekannten Tatsache, dass sich Materie und Antimaterie gegenseitig auslöschen? Villata löste dieses Paradoxon, indem er Antimaterie und Materie weit von einander entfernt platzierte, in den gigantischen leeren Räumen zwischen Galaxienhaufen. Man nimmt an, dass diese Leerräume aus negativen Fluktuationen im ursprünglichen Dichtefeld entstanden und eine Art von Antigravitation zu besitzen scheinen, die Materie von ihnen abstößt. Der Grund dafür, warum Astronomen noch keine Antimaterie in den Zwischenräumen beobachtet haben, ist natürlich noch offen. Mit Villatas Worten: „Es gibt mehr als eine mögliche Antwort, die an anderer Stelle untersucht werden wird.“ Die Abhandlung erscheint in der April-Ausgabe der Europhysics Letters.
Quelle: http://www.universetoday.com/84934/antigravity-could-replace-dark-energy-as-cause-of-universes-expansion/#more-84934
(THK)
Antworten