“Das, was ohne Gleichen ist in Kunst oder an Ruhm, nennen die Briten verdientermaßen Nonesuch” lautete der Kommentar eines Besuchers von Nonsuch im Jahr 1568. Nonsuch Palace in Surrey war das großartigste Propagandastück, das von der englischen Krone vor dem 19. Jahrhundert erbaut worden war. Errichtet von Heinrich VIII., um mit den Palästen des französischen Königs Franz I. zu konkurrieren, hat Nonsuch nicht lange überdauert, weil es von einer Mätresse Karls II. zerstört wurde (1682 bis 1690). Trotzdem konnte jetzt dank einer Jahrzehnte dauernden Forschung eines Professors von der Universität Oxford ein großes Modell enthüllt werden, das eine genaue Nachbildung des Palastes ist, der einstmals die Macht und Erhabenheit der Tudor-Dynastie symbolisierte.
Professor Martin Biddle, emeritierter Professor für Mittelalterliche Archäologie an der Universität Oxford, der inzwischen bereits über 70 ist, war noch ein Student, als er die Ausgrabungen an der Grabungsstätte des Palastes im Jahr 1959 leitete. Seitdem hat er Jahre damit verbracht, alle auffindbaren zeitgenössischen Abbildungen, archäologischen Funde, schriftlichen Quellen und überdauernden Fragmente von Stuck und Schieferplatten aus Nonsuch zu untersuchen. Er hat Stück für Stück zusammengetragen, wie der Palast einmal ausgesehen hat und welche enorme Herausforderung sein Bau für die Handwerker damals war und in einem Buch mit dem Titel “The Anglo-Florentine Renaissance” veröffentlicht, das im November veröffentlicht wird. Diese Forschung bildete die Basis für das Modell, das 2,2 Meter mal 1,2 Meter misst und von Ben Taggart hergestellt und am 6. September im Friends of Nonsuch Museum enthüllt wurde.
Der Bau von Nonsuch Palace begann 1538, zum 30. Thronjubiläum von Heinrich VIII. und sechs Monate später wurde sein lang ersehnter Thronerbe, der spätere Edward VI., von Jane Seymour zur Welt gebracht. Professor Martin Biddle sagt: “Es war von Beginn an Heinrichs offenkundige Absicht, die Geburt des lang ersehnten männlichen Erben zu feiern, indem er ein unvergleichliches Gebäude errichten ließ.”
Professor Biddles Ausgrabungen der Fundamente zeigten, dass der Plan von Nonsuch ein überaus gleichmäßiges Beispiel für den spätmittelalterlichen englischen Standardtyp war, angeordnet um zwei annähernd quadratische Höfe, wovon der äußere der Beiden durch ein großes Torhaus betreten werden konnte und auf der anderen Seite durch ein engeres und kleineres Torhaus den Weg in den inneren Hof ermöglichte.
Professor Biddle weiter: “Auf Basis des Planes war es möglich zu versuchen, genau abzuschätzen, wie das Haus in seiner Blütezeit ausgesehen haben könnte. Es hatte eine dekorative Außenfront, die mehr als 900 Fuß (275 Meter) lang war mit einer minimalen durchschnittlichen Höhe von 24 Fuß (7,5 Meter) und damit eine Fläche von 21.600 Quadratfuß (mehr als 2.000 m2) besaß. Selbst wenn man annimmt, dass die Hälfte dieser Fläche aus klassischen Säulen und Säulen für Türen, Fenster und Fallrohre bestand, würde die ausgeschmückte Fläche immer noch ungefähr 10.800 Quadratfuß (über 1.000 m2) betragen.”
Während der Ausgrabung von 1959 wurden ungefähr 1.300 Fragmente von gravierten Schieferplatten gefunden mit zehn verschieden gestalteten Typen von Einfassungen und einer Vielzahl von königlichen Abzeichen, Rosen, Früchten und Blüten, Schnörkeln, Waffenzeichen und Figuren. Auch wurden Bruchstücke von drei Römischen Herrscherbüsten aus Terrakotta gefunden, die Teil einer Reihe von 32 Römischen Herrschern war, eine der längsten Reihen, die in der Kunstgeschichte bekannt sind.
Der Tagebuchschreiber Samuel Pepys besuchte Nonsuch am 21. September 1665 und notierte in sein Tagebuch, dass “das ganze Gebäude von Außen mit Figuren aus der Geschichte bedeckt und mit guten Gemälden von Rubens oder Holben gefüllt ist. Und eine großartige Sache ist, dass der Großteil des Hauses bedeckt ist, ich meine die Säulen und Wandpaneele mit Blei bedeckt und vergoldet sind.”
Bereits 1545 war der englische Altertumsforscher und Topograf John Leland der Erste, der zeigte, dass mehr als Prahlerei hinter dem Namen steckte. In einem langen Kommentar über Cygnea Cantio, sein Gedicht, das den Weg eines Schwans die Themse hinunter beschreibt, verwies Leland auf die Stuckarbeiten, die Gemälde und die Vergoldungen auf den Schieferplatten, ebenso wie auf den Reichtum der Ornamente.
Der englische Historiker William Camden, der seine erste Ausgabe der Britannia 1586 in Latein verfasste, als Nonsuch schon nicht mehr in königlichem Besitz war, wiederholte einige von Lelands Worten und ergänzte sie durch eigene Details. Er schrieb, dass der Palast so “kostspielig und mit seltener Kunstfertigkeit [erbaut wurde], dass er an die Spitze der pompösen Zurschaustellung strebte. So dass man annehmen könnte, dass alles Können der Architektur diesem einen Werk gewidmet und darin vereint sei.”
Solche enthusiastischen Beschreibungen und Gravuren von Hoefnagel und Hondius schufen für Nonsuch einen Ruf im gesamten Europa, der ausländische Besucher auf ihren “großen Touren” durch das “Land der Protestanten” anzog. Vierzehn junge Adelige aus Nord- und Mitteleuropa hinterließen bedeutende Berichte über den Palast und seine Gärten in ihren Reisetagebüchern.
Am Ende des Jahres 1540 war der Bau von Nonsuch beinahe fertiggestellt und nur die Stuckdekorationen und Gemälde, eingerahmt von Begrenzungen aus graviertem und vergoldetem Schiefer wurden in den folgenden Jahren vollendet.
Die Wände des inneren Hofes, umgeben von den königlichen Gemächern, besaßen drei Reihen von Dekorationen: die 32 Römischen Kaiser (oben), 30 Römische Götter und Göttinnen (Mitte) und 16 Werke und Abenteuer des Herkules und 16 Figuren der Freien Künste und Tugenden (unten). Alle trugen Motive, um Prinz Edward die Pflichten eines zukünftigen Königs zu lehren. Professor Biddle enthüllte auch, dass die genauesten Repliken der Ecktürme von Nonsuch in der Schlösser- und Palastarchitektur von Norditalien gefunden wurden und bemerkenswerterweise Parallelen mit Skizzen von Leonardo da Vinci aufweisen, die für einen Turm oder Türme des Schlosses der Familie Sforza in Mailand gedacht waren.
Von 1590 an war Nonsuch ein Palast der Königinnen: von Elisabeth I., die von Robert Devereux, Earl of Essex, einem englischen Edelmann und einem ihrer Favoriten angesprochen wurde, als sie sich 1599 in leichtbekleidetem Zustand in ihren königlichen Gemächern aufhielt. Auch Königin Anna von Dänemark, die Frau von Jakob I. (dem früheren Jakob VI. von Schottland) und Henrietta Maria von Frankreich, die Frau von Karl I., lebten einige Zeit auf Nonsuch.
Quelle: http://www.ox.ac.uk/media/news_stories/2011/110609_1.html
(SOM)
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