Neue Erkenntnisse über den Yellowstone-Supervulkan

Darstellung der Yellowstone-Plume auf Basis der elektrischen Leitfähigkeit des geschmolzenen Gesteins (University of Utah)
Darstellung der Yellowstone-Plume auf Basis der elektrischen Leitfähigkeit des geschmolzenen Gesteins (University of Utah)

Geophysiker der University of Utah haben das erste großräumige Bild von der elektrischen Leitfähigkeit der riesigen unterirdischen Plume aus heißem und teilweise geschmolzenen Gestein angefertigt, welche den Yellowstone Supervulkan speist. Das Bild deutet darauf hin, dass die Kammer noch größer ist, als sie auf früheren, mit Erdbebenwellen erstellten Bildern erscheint.
(Anm. d. Red.: Plume steht als Fachbegriff für aufsteigende heiße Gesteinsmassen aus dem tiefen Erdmantel.)

“Es ist wie der Vergleich zwischen Ultraschall und Magnetresonanztomografie im menschlichen Körper – es sind unterschiedliche Bildgebungstechnologien”, sagt Geophysiker Professor Michael Zhdanov, der leitende Autor der neuen Studie und Experte für die Messung von magnetischen und elektrischen Feldern auf der Erdoberfläche, um Öl, Gas, Mineralien und unterirdische geologische Strukturen zu finden.

“Es ist ein völlig neuer und anderer Weg, Bilder zu erstellen und die vulkanischen Wurzeln von Yellowstone zu betrachten”, sagt der Co-Autor Robert B. Smith, Professor für Geophysik im Ruhestand und ein leitender Wissenschaftler am Yellowstone Volcano Observatory.

Die neue Studie der University of Utah wurde von den Geophysical Research Letters für die Veröffentlichung akzeptiert und soll in den kommenden Wochen veröffentlicht werden.

In einer Studie vom Dezember 2009 benutzte Smith seismische Wellen von Erdbeben, um die bislang detailreichsten Bilder des “Hotspots” anzufertigen, der den Yellowstone Vulkan speist. Seismische Wellen bewegen sich schneller durch kaltes Gestein und langsamer durch heißes Gestein. Messungen der Wellengeschwindigkeiten wurden verwendet, um ein dreidimensionales Bild zu erstellen, so wie Röntgenaufnahmen kombiniert werden, um einen medizinischen CT-Scan zu machen.

Die Bilder von 2009 zeigten die Plume aus heißem und geschmolzenen Gestein, das von Yellowstone in einem Winkel von 60 Grad abknickt und sich 240 Kilometer Richtung West-Nordwest bis zu einem Punkt erstreckt, der mindestens 660 Kilometer unter der Grenze von Montana und Idaho liegt – soweit die seismische Bildgebung ‘sehen’ kann.

Die neue Studie zeigt Bilder von der elektrischen Leitfähigkeit der Yellowstone-Plume, die durch geschmolzenes Silikatgestein und heißes salziges Wasser erzeugt wird, welches sich mit teilweise geschmolzenem Gestein vermischt. Es lässt den leitfähigen Teil der Plume erkennen, der etwas sanfter mit einem Winkel von 40 Grad nach Westen abtaucht und sich von Osten nach Westen über vielleicht 640 Kilometer erstreckt. Das geoelektrische Bild kann nur 320 Kilometer tief ‘sehen’.

Zwei Ansichten der vulkanischen Yellowstone-Plume

Smith sagt, die geoelektrischen und seismischen Bilder der Yellowstone-Plume sehen etwas unterschiedlich aus, weil “wir verschiedene Dinge abbilden.” Seismische Bilder heben Materialien wie geschmolzenes oder teilweise geschmolzenes Gestein hervor, das seismische Wellen abbremst, während geoelektrische Bilder salzige Flüssigkeiten darstellen, die Elektrizität leiten.

“Sie [die Plume] ist im Vergleich zu dem umgebenden Gestein sehr leitfähig”, sagt Zhdanov. “Ihre Leitfähigkeit reicht fast an die von Meerwasser heran.”

Vergleich zwischen geoelektrischem Bild (links) und seismischem Bild (rechts) (University of Utah)
Vergleich zwischen geoelektrischem Bild (links) und seismischem Bild (rechts) (University of Utah)

Die geringere Neigung auf dem geoelektrischen Bild der Plume werfe die Möglichkeit auf, dass die seismisch abgebildete Plume mit dem Aussehen eines geneigten Tornados von einer breiteren unterirdischen Hülle aus teilweise geschmolzenem Gestein und Flüssigkeiten umgeben sein könnte, sagen Zhdanov und Smith. “Sie ist größer auf dem geoelektrischen Bild”, sagt Smith. “Wir können ableiten, dass es dort mehr Flüssigkeit gibt als auf den seismischen Bildern zu sehen ist.”

“Trotz Unterschieden”, sagt er, “befindet sich dieser elektrisch leitende Körper an demselben Ort und ist von vergleichbarer Geometrie wie die seismisch abgebildete Yellowstone-Plume.” Zhdanov sagt, dass Wissenschaftler im letzten Jahr vorausgehende Ergebnisse auf einer Versammlung präsentierten, die zwar elektrische und seismische Merkmale unter der Yellowstone-Region verglichen, jedoch nicht so tief und in einem kleineren Gebiet.

Die Studie wurde von Zhdanov, Smith, zwei Mitgliedern von Zhdanovs Labor – Geophysiker Alexander Gribenko und der Geophysik Doktorandin Marie Green – sowie dem Computerexperten Martin Cuma vom Center for High Performance Computing der University of Utah durchgefüht. Finanzielle Unterstützung bekamen sie von der National Science Foundation (NSF) und dem Consortium for Elektromagnetic Modelling and Inversion, dem Zhdanov vorsitzt.

Der Yellowstone Hotspot im Überblick

Die neue Studie sagt nichts über die Wahrscheinlichkeit einer weiteren kataklysmischen Caldera (Riesenkrater)-Eruption am Yellowstone, die in den vergangenen zwei Millionen Jahren drei solcher Katastrophen auslöste. Vor fast 17 Millionen Jahren brach die Plume aus heißem und teilweise geschmolzenen Gestein, bekannt als der Yellowstone-Hotspot, erstmals in dem Gebiet aus, was heute die Grenze zwischen Oregon, Idaho und Nevada ist. Als Nordamerika langsam in südwestlicher Richtung über dem Hotspot vorbeidriftete, kam es zu mehr als 140 riesigen Caldera-Eruptionen – dem größten bekannten Eruptionstyp auf der Erde – entlang einer nordostwärts gerichteten Linie, welche heute die Snake River Plain in Idaho darstellt.

Der Hotspot erreichte Yellowstone vor etwa zwei Millionen Jahren und erzeugte drei große Caldera-Eruptionen von zwei Millionen, 1,3 Millionen und 642.000 Jahren. Zwei der Eruptionen bedeckten halb Nordamerika mit vulkanischer Asche und produzierten 2.500 und 1.000 Mal mehr Asche als der Ausbruch des im US-Bundesstaat Washington gelegene Mount St. Helens im Jahre 1980. Zwischen den großen Ausbrüchen traten im Yellowstone kleinere Eruptionen auf, die letzte vor rund 70.000 Jahren.

Seismische Untersuchungen und Beobachtungen des deformierten Untergrundes zeigten bereits früher, dass das obere Ende der aufsteigenden vulkanischen Plume sich 80 Kilometer unter Yellowstone wie ein 480 Kilometer breiter Pfannkuchen abflacht. Dort lösen sich riesige Blasen aus heißem und teilweise geschmolzenen Gestein vom oberen Ende der Plume und steigen langsam auf und speisen die Magmakammer – ein schwammiger, bananenförmiger Körper aus geschmolzenem und teilweise geschmolzenem Gestein etwa sechs bis 16 Kilometer unter der Oberfläche von Yellowstone.

Ein geoelektrisches Bild der Hotspot-Plume von Yellowstone erstellen

Zhdanov und seine Kollegen verwendeten Daten von Earthscope, einer von der NSF unterstützten Anstrengung, seismische magnetotellurische und geodätische Daten über die Struktur und Entwicklung Nordamerikas zu sammeln. Die Verwendung der Daten für die Darstellung der Yellowstone-Plume war eine Herausforderung, weil so viele Informationen enthalten waren.

Inversion ist eine formale mathematische Methode, die benutzt wird, um “aus den aufgezeichneten magnetischen und elektrischen Feldern Informationen über die tiefen geologischen Strukturen der Erde zu extrahieren”, sagt Zhdanov. Inversion wird auch verwendet, um Messungen von seismischen Wellen an der Oberfläche in Bilder des Untergrundes zu konvertieren.

Magnetotellurische Messungen zeichnen sehr niedrige Frequenzen elektromagnetischer Strahlung (ca. 0,0001 bis 0,0664 Hertz) auf – weit unterhalb den Frequenzen von Radio- oder TV-Signalen und Hochspannungsleitungen. Dieses niedrigfrequente, langwellige elektromagnetische Feld dringt einige Hundert Kilometer tief in die Erde ein. Zum Vergleich: TV- und Radiowellen dringen nur wenige Zentimeter tief ein.

Die Earthscope-Daten wurden von 115 Stationen in Wyoming, Montana und Idaho gesammelt – die drei Staaten, in denen der Yellowstone Nationalpark liegt. Die Stationen enthalten Sensoren für elektrische und magnetische Felder und werden von der Oregon State University für die Incorporated Research Institutions betrieben, einem Zusammenschluss von Universitäten.

Die Simulation in einem Supercomputer sagt die erwarteten elektrischen und magnetischen Werte an der Oberfläche auf Basis bekannter Strukturen im Untergrund voraus. Das erlaubt die “Umkehrung” der realen Oberflächenmessungen, um ein Bild der unterirdischen Struktur zu machen.

Zhdanov sagt, dass man rund 18 Stunden Berechnungszeit des Supercomputers brauchte, um die Kalkulationen durchzuführen, die für das geoelektrische Bild der Plume benötigt wurden. Die Berechnungen wurden mit dem Ember Cluster am Center for High Performance Computing der University of Utah gemacht, ergänzte Cuma, der Computer-Experte.

Der Ember Cluster besitzt 260 Knoten, jeder davon mit 12 CPU-Kernen, verglichen mit zwei bis vier Kernen bei gewöhnlichen PCs. Von den 260 Knoten wurden 64 für die Yellowstone-Studie eingesetzt, “was dem Äquivalent von 200 gebräuchlichen PCs entspricht.”

Das geoelektrische Bild der Yellowstone-Plume umfasst zwei Millionen Pixel oder Bildpunkte.

Quelle: http://unews.utah.edu/p/?r=032411-5

(THK)

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