Die neue Studie eines Professors der Stony Brook University in New York zeigt, dass Strukturen, die evolutionsbedingt seit Millionen von Jahren verloren waren, neu ausgebildet werden können. Die Ergebnisse werden in dem Artikel „Re-Evolution of lost mandibular teeth in frogs after more than 200 million years, and re-evaluating Dollo’s law“ des Fachmagazins Evolution präsentiert.
John J. Wiens, ein Professor an der Abteilung für Ökologie und Evolution, studierte die Evolution von Zähnen im Unterkiefer von Fröschen. Er kombinierte Daten von modernen Fröschen, Fossilien und DNA-Sequenzen und benutzte neue statistische Methoden, um zu zeigen, dass Frösche ihre Zähne im Unterkiefer vor mehr als 230 Millionen Jahren verloren. Aber diese Zähne haben sich während der letzten 20 Millionen Jahre in einer Spezies (Gastrotheca guentheri) neu entwickelt. Das bedeutet, dass die Unterkieferzähne für über 200 Millionen Jahre abwesend waren, bevor sie sich in Gastrotheca guentheri neu entwickelten. Gastrotheca guentheri ist ein Baumfrosch aus Kolumbien und Ecuador, eine Spezies, bei der die Weibchen ihre Eier in Beuteln auf ihren Rücken tagen.
Die Studie liefert Beweise gegen „Dollos Gesetz“, die Idee, dass ein komplexes Merkmal, welches im Laufe der Evolution verloren ging, sich nicht neu entwickeln wird. Dollos Gesetz war unter Evolutionsbiologen umstritten. Manche Wissenschaftler haben argumentiert, dass es heute diverse Beispiele gibt, in denen komplexe Strukturen verloren waren und sich neu entwickelten, darunter Flügel von Stabheuschrecken, Windungen in Schneckenhäusern oder Finger und Zehen von Eidechsen. Andere Forscher sagen, dass diese Beispiele nicht zulässig sein könnten. „Die Untersuchung von Zähnen in Fröschen liefert starke Beweise für die Re-Evolution von verlorenen Merkmalen und dass diese Re-Evolution auch nach mehreren Hundert Millionen Jahren auftreten kann“, sagte Dr. Wiens.
Die Arbeit verdeutlicht auch, wie sich ein Merkmal nach so langer Abwesenheit wieder neu entwickeln kann, ein Mechanismus, den Wiens als „Schlupfloch“ in Dollos Gesetz bezeichnet. „Obwohl Zähne in den Unterkiefern fast aller Frösche nicht vorkommen, sind sie in ihren Oberkiefern vorhanden“, erklärte Dr. Wiens, „also sind die Mechanismen zur Ausbildung von Zähnen in den meisten Fröschen vorhanden und müssen in Gastrotheca guentheri nicht neu entwickelt werden, um Zähne im Unterkiefer wachsen zu lassen. Diese Art von ‚Schlupfloch‘ könnte auf viele andere Fälle zutreffen, in denen sich Merkmale neu zu entwickeln scheinen, beispielsweise bei der Re-Evolution verlorener Finger und Zehen von Eidechsen.“
(THK)
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