Das Skelett beeinflusst die Fruchtbarkeit des Mannes

Männlicher Oberkörper mit Skelettaufbau. (Columbia University Medical Center)
Männlicher Oberkörper mit Skelettaufbau. (Columbia University Medical Center)

Eine Studie liefert erste Beweise dafür, dass die Knochen eine Rolle für die Fortpflanzung spielen

Wissenschaftler am Columbia University Medical Center haben herausgefunden, dass bei männlichen Mäusen das Skelett mit Hilfe eines von den Knochen produzierten Hormons namens Osteocalcin die Fruchtbarkeit beeinflusst.

Die Studie unter Leitung von Gerard Karsenty, promovierter Mediziner und Vorsitzender der Abteilung Genetik und Entwicklung am Columbia University Medical Center, wurde noch vor ihrem Erscheinen in der Printausgabe der Cell (März 2011) bereits in der Onlineausgabe des Magazins veröffentlicht.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt konzentrierten sich die Untersuchungen der Zusammenhänge zwischen Knochen und den Fortpflanzungsorganen lediglich auf den Einfluss der Keimdrüsen beim Aufbau der Knochenmasse.

“Da die Kommunikation zwischen zwei Organen nur äußerst selten eine Einbahnstraße ist, warf die Tatsache, dass die Keimdrüsen die Knochen beeinflussen, die Frage auf: Beeinflussen auch die Knochen die Keimdrüsen?” so Dr. Karsenty.

Dr. Karsenty und sein Team fanden ihren ersten Lösungshinweis auf diese Frage bei der Vermehrungsrate ihrer Labormäuse. Bereits früher hatten die Wissenschaftler beobachtet, dass die Männchen, deren Skelett kein Hormon namens Osteocalcin bildet, schlechte Befruchter waren.

Die Forscher führten dann mehrere Experimente durch, die zeigten, dass Osteocalcin die Testosteronproduktion erhöht. Testosteron ist ein Sexualhormon, das die männliche Fruchtbarkeit steuert. Als sie den Zellen, die normalerweise im Körper das Testosteron bilden, Osteocalcin zufügten, wurde dieses vermehrt gebildet. Auch wenn sie das Osteocalcin männlichen Mäusen direkt verabreichten, stieg deren Testosteronspiegel im Blut an.

Umgekehrt fiel der Testosteronspiegel ab, wenn kein Osteocalcin vorhanden war, was wiederum die Spermienanzahl verringerte, wie die Wissenschaftler herausfanden. Wenn sich Männchen mit Osteocalcinmangel mit normalen Weibchen paarten, warfen die Weibchen nur halb so oft wie bei Paaren mit normalen Männchen, die außerdem auch mehr Junge pro Wurf gebaren.

Obwohl die Forschungsergebnisse bis jetzt noch nicht beim Menschen überprüft wurden, geht Dr. Karsenty aufgrund anderer Ähnlichkeiten zwischen Hormonen von Mäusen und Menschen davon aus, dass auch beim Menschen ähnliche Ergebnisse zu erwarten sind.

Wenn Osteocalcin auch beim Mann die Testosteronbildung erhöht, könnten niedrige Osteocalcinwerte auch eine Erklärung dafür sein, warum manche unfruchtbaren Männer unerwartet niedrige Testosteronwerte haben.

Die Knochen beeinflussen zwar die männliche Fruchtbarkeit, nicht jedoch die weibliche

Obwohl die neuen Forschungsergebnisse ihren Ursprung in der Betrachtung von Östrogen und Knochenmasse haben, konnten die Wissenschaftler erstaunlicherweise keinen Hinweis darauf finden, dass das Skelett auch die weibliche Fortpflanzung beeinflusst.

Östrogen ist erfahrungsgemäß eines der Hormone, die den Knochen am stärksten beeinflussen können: wenn die Eierstöcke der Frau nach der Menopause die Produktion von Östrogen einstellen, nimmt auch die Knochendichte rapide ab, was zu Osteoporose führen kann.

Sexualhormone, namentlich Östrogen bei Frauen und Testosteron beim Mann, waren zwar dafür bekannt, dass sie das Knochenwachstum beeinflussen. Allerdings haben sich die Studien über Wechselwirkungen zwischen Knochen und Reproduktionssystem bisher darauf beschränkt, wie Sexualhormone das Skelett beeinflussen.

“Wir wissen nicht, warum das Skelett zwar die männliche Fruchtbarkeit beeinflusst, nicht aber die weibliche. Wenn man jedoch die Vermehrungsrate einer Spezies erhöhen will, so ist das vermutlich einfacher, indem man die Fortpflanzungschancen der Männchen erhöht”, so Dr. Karsenty. “Das ist der einzig rationale Grund, der mir dafür einfällt, dass Osteocalcin zwar die Fruchtbarkeit bei männlichen, jedoch nicht bei weiblichen Mäusen beeinflusst.”

Bereits früher wurde über neue Funktionen von Osteocalcin berichtet

Die unerwartete Verbindung zwischen dem Skelett und der männlichen Fruchtbarkeit ist nur eine aus einer Serie überraschender Ergebnisse in den letzten Jahren das Skelett betreffend. In früheren Abhandlungen hat Dr. Karsenty bereits herausgefunden, dass Osteocalcin bei der Kontrolle der Insulinausschüttung, des Blutzuckerstoffwechsels und des Körpergewichts hilft.

“Diese Studie beweist, dass wir noch so wenig über Physiologie wissen, dass wir selbst durch das Stellen vermeintlich einfacher Fragen noch wichtige Entdeckungen machen können”, meint Dr. Karsenty. “Das zeigt auch, dass Knochen Verbindungen zu wichtigen Bereichen von Funktionen besitzen, die alle vom Alterungsprozess beeinflusst werden. Die Ergebnisse deuten auch an, dass Knochen in diesem Zusammenhang nicht nur Opfer des Alterungsprozesses sind, sondern auch ein aktiv bestimmender Faktor für das Altern selbst sein könnten.

Nächste Schritte und mögliche Entwicklung von Medikamenten

Als Nächstes wollen die Wissenschaftler die Signalwege entschlüsseln, die das Osteocalcin benutzt, um die Testosteronbildung zu erhöhen.

Und weil die Forscher bereits einen Osteocalcin-Rezeptor identifiziert haben, wird für eine mögliche Entwicklung von Medikamenten eine größere Flexibilität erwartet, indem zum Beispiel ein Medikament entwickelt werden könnte, das den Effekt von Osteocalcin nachahmt.

Egal ob nun für den Glukose-Metabolismus oder die Fruchtbarkeit, den Rezeptor zu kennen macht es für die Chemiker einfacher, ein Präparat zu entwickeln, das sich daran bindet, so Dr. Karsenty.

“Diese Studie erweitert das physiologische Wissen über Osteocalcin und gibt erste Hinweise darauf, dass das Skelett ein Regulator für die Fruchtbarkeit ist.” Dies gab Dr. Karsenty bekannt.

Die Autoren der Studie sind:
Franck Oury, Ph.D. (CUMC); Grzegorz Sumara, Ph.D. (CUMC); Olga Sumara, Ph.D. (CUMC); Mathieu Ferron, Ph.D. (CUMC); Haixin Chang, Ph.D. (Cornell University); Charles E. Smith, Ph.D. (McGill University); Louis Hermo, Ph.D. (McGill University); Susan Suarez, Ph.D. (Cornell University); Bryan L Roth, Ph.D.(UNC-Chapel Hill); Patricia Ducy, Ph.D. (CUMC); und Gerard Karsenty, M.D., Ph.D. (CUMC).

Die Studie wurde vom National Institute of Child Health Research (NICHR) und dem National Institutes of Health (NIH) unterstützt.

Quelle: http://www.cumc.columbia.edu/news/skeleton-regulates-male-fertility

(SOM)

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