Jede bekannte große Galaxie besitzt wie unsere Milchstraßen-Galaxie ein supermassives Schwarzes Loch in ihrem Zentrum, von denen manche von einer superhellen Scheibe aus Gas – einem sogenannten Quasar – umgeben sind. Ein Forschungsteam mit Beteiligung von Astronomen der Pennsylvania State University hat jetzt aber eine überraschende, neue Quasarklasse in entfernten Galaxien entdeckt, die sogar die gängigsten Theorien nicht vorhergesagt hatten.
„Das Gas in diesem neuen Quasartyp bewegt sich in zwei Richtungen: Etwas bewegt sich in Richtung der Erde, aber das meiste entfernt sich mit hohen Geschwindigkeiten von uns, möglicherweise in Richtung des Schwarzen Lochs des Quasars“, sagte Niel Brandt, Professor für Astronomie und Astrophysik an der Pennsylvania State University und Co-Autor der Studie. „So wie man die Doppler-Verschiebung des Schalls benutzen kann, um zu sagen, ob sich ein Flugzeug auf uns zu oder von uns weg bewegt, verwendeten wir die Doppler-Verschiebung des Lichts, um zu bestimmen, ob sich das Gas in diesen Quasaren von der Erde wegbewegt oder in Richtung dieser entfernten Schwarzen Löcher stürzt, die Millionen bis Milliarden Sonnenmassen enthalten“, erklärte Brandt. Die Materie um diese Schwarzen Löcher bildet eine Quasarscheibe, die größer als die Umlaufbahn der Erde um die Sonne und heißer als die Sonnenoberfläche ist. Diese Quasare erzeugen genug Licht, um quer durch das beobachtbare Universum hinweg gesehen werden zu können.
Das internationale Forschungsteam unter Leitung von Patrick Hall von der York University in Toronto entdeckte die ungewöhnlichen Quasare mit Daten einer umfangreichen Himmelsdurchmusterung, dem Sloan Digital Sky Survey (SDSS-III). „Dass Materie in ein Schwarzes Loch stürzt, mag nicht überraschend klingen“, sagte Hall, „aber was wir feststellten war in der Tat ziemlich rätselhaft und wurde von den aktuellen Theorien nicht vorhergesagt.“ Derartiges Gas gibt es nur in einem von 10.000 Quasaren und es sind lediglich 17 Fälle bekannt. Die Entdeckung wird detailliert in einer von Fachleuten begutachteten Abhandlung beschrieben, die in der diesmonatigen Ausgabe des Journals Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, publiziert von der Oxford University Press, veröffentlicht wird.
Zu den Co-Autoren der Penn State, die an der Studie mitgewirkt haben, gehören neben Brandt auch der Doktorand Nurten Filiz Ak und der Astronomie- und Astrophysik-Professor Donald Schneider, der außerdem der Survey-Koordinator und der Koordinator für wissenschaftliche Veröffentlichungen des SDSS-III ist. Die beiden spezifischen Forschungskomponenten des Sloan Digital Sky Survey, die für diese Entdeckung benutzt wurden, sind der SDSS Legacy Survey und der SDSS-III Baryon Oscillation Spectroscopic Survey.
„Das Gas in der Scheibe muss letztendlich in das Schwarze Loch stürzen, um den Quasar anzutreiben, aber was stattdessen oft beobachtet wird ist Gas, das durch die Hitze und das Licht des Quasars von dem Schwarzen Loch weggeblasen wird und sich mit Geschwindigkeiten bis zu 20 Prozent der Lichtgeschwindigkeit in unsere Richtung bewegt“, sagte Hall. „Wenn das Gas in das Schwarze Loch fällt, dann verstehen wir nicht, warum man hineinfallendes Gas so selten sieht. Sonst gibt es an diesen Quasaren nichts Ungewöhnliches. Wenn Gas beobachtet werden kann, das in diese Quasare hineinstürzt, warum dann nicht in anderen Quasaren?“
Hall sagte, es gebe eine andere mögliche Erklärung für diese Objekte. „Es könnte sein, dass sich das Gas, welches sich von uns entfernt, nicht in das Schwarze Loch stürzt, sondern es umkreist – und zwar direkt oberhalb der Scheibe aus heißem Gas. Es wird sehr langsam von dem Schwarzen Loch weggedrückt. Ein derartiger Wind würde Gas aufweisen, das sich sowohl auf uns zu als auch von uns weg bewegt. Um ein Analogon anzuführen: Man stelle sich eine Ameise auf einem rotierenden Karussell vor, die vom Zentrum zum Rand krabbelt. Man würde sehen, wie sich die Ameise die Hälfte der Zeit auf uns zu und die andere Hälfte der Zeit von uns weg bewegt. Das gleiche Prinzip könnte auf das Gas in diesen Quasaren zutreffen. In jedem Fall bewegt sich das Gas in den Quasaren auf ungewöhnliche Weise.“
Modelle von Quasaren und ihren Winden werden überarbeitet werden müssen, um diese Objekte zu berücksichtigen. Das Forschungsteam beobachtet die Quasare weiterhin mit den kanadischen und US-amerikanischen Zugängen zum Gemini-North Teleskop auf Hawaii, um dabei helfen zu verstehen, welche Änderungen erforderlich sind.
Quelle: http://news.psu.edu/story/294606/2013/11/08/research/researchers-discover-new-type-black-hole-quasar
(THK)
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