LHCb entdeckt ein neues Tetraquark

Illustration eines Teilchens aus zwei Charm-Quarks und zwei Charm-Antiquarks. (Credits: CERN)
Illustration eines Teilchens aus zwei Charm-Quarks und zwei Charm-Antiquarks. (Credits: CERN)

Die LHCb Collaboration hat ein nie zuvor gesehenes Teilchen aus vier Quarks beobachtet. Die Entdeckung wurde kürzlich auf einem Seminar am CERN vorgestellt und in einer Abhandlung auf dem Preprint-Server ArXiv beschrieben. Sie ist wahrscheinlich die erste Beobachtung einer bislang unentdeckten Teilchenklasse.

Die Entdeckung wird Physikern helfen, die komplexen Wege besser zu verstehen, durch die sich Quarks aneinanderbinden, um Teilchen wie die allgegenwärtigen Protonen und Neutronen zu bilden, welche sich in den Atomkernen befinden.

Quarks finden sich normalerweise in Zweier- und Dreiergruppen zusammen, um Teilchen zu bilden, die als Hadronen bezeichnet werden. Seit Jahrzehnten haben Theoretiker jedoch die Existenz von Hadronen aus vier und fünf Quarks vorausgesagt, die manchmal als Tetraquarks beziehungsweise Pentaquarks bezeichnet werden. In den letzten Jahren haben Experimente, darunter das LHCb-Experiment, die Existenz mehrerer dieser exotischen Hadronen bestätigt.

Diese Teilchen bestehen aus ungewöhnlichen Quark-Kombinationen und sind ein ideales “Labor” für die Untersuchung einer der vier bekannten Grundkräfte der Natur, der starken Wechselwirkung, welche Protonen, Neutronen und die Atomkerne aneinanderbindet. Detaillierte Kenntnisse über die starke Wechselwirkung sind also entscheidend, um festzustellen, ob neue, unerwartete Prozesse ein Hinweis auf neue physikalische Vorgänge oder nur normale Physik sind.

“Teilchen aus vier Quarks sind schon exotisch und das neue von uns gerade entdeckte ist das erste, das aus vier Quarks des gleichen Typs besteht – zwei Charm-Quarks und zwei Charm-Antiquarks”, sagte der bisherige Sprecher der LHCb Collaboration, Giovanni Passaleva. “Bis jetzt hatten LHCb und andere Experimente höchstens nur Tetraquarks mit zwei schweren Quarks beobachtet und keine mit mehr als zwei Quarks vom gleichen Typ.”

“Diese exotischen, schweren Teilchen sind extreme und doch theoretisch recht einfache Fälle, um Modelle zu prüfen, die dann zur Erklärung der Natur gewöhnlicher Materieteilchen wie Protonen oder Neutronen genutzt werden können. Deswegen ist es sehr spannend, sie in Kollisionen am LHC erstmals auftauchen zu sehen”, erklärte der zukünftige Sprecher der LHCb Collaboration, Chris Parkes.

Das LHCb-Team fand das neue Tetraquark, indem es nach einem Übermaß an Kollisionsereignissen vor einem glatten Ereignishintergrund suchte. Bei der Sichtung der kompletten LHCb-Datensätze des ersten beiden LHC-Betriebsläufe (von 2009-2013 und von 2015-2018) registrierten die Forscher eine derartige Spitze bei der Massenverteilung eines Paares von J/ψ-Teilchen, die aus einem Charm-Quark und einem Charm-Antiquark bestehen. Die Spitze hat eine statistische Signifikanz von mehr als fünf Standardabweichungen, was über der üblichen Grenze für die Bekanntgabe der Entdeckung eines neuen Teilchens liegt. Sie entspricht einem Massenbereich, in dem die Existenz von Teilchen aus vier Charm-Quarks vorhergesagt wird.

Wie bei früheren Entdeckungen von Tetraquarks ist nicht ganz klar, ob das neue Teilchen ein “echtes Tetraquark” ist (also ein System aus vier eng gebundenen Quarks), oder ein Paar aus zwei Teilchen bestehend aus jeweils zwei Quarks, schwach gebunden in einer molekülähnlichen Struktur. So oder so wird das neue Tetraquark Theoretikern helfen, Modelle der Quantenchromodynamik zu überprüfen, der Theorie welche die starken Wechselwirkung beschreibt.

Abhandlung: “Observation of structure in the J/ψ-pair mass spectrum” von der LHCb Collaboration

Quelle

(THK)

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