
Eine von der Wissenschaftlerin Zhenan Bao an der Stanford University entwickelte hoch-sensitive, elektronische Kunsthaut wird ständig weiter verbessert. Jetzt demonstrierte die Entwicklerin, dass die Haut neben unglaublich leichten Berührungsreizen auch chemische und biologische Moleküle wahrnehmen kann. Außerdem kann sie jetzt durch ebenfalls von Bao im Labor entwickelte neuartige, dehnbare Solarzellen mit Energie versorgt werden, was ganz neue Anwendungsmöglichkeiten für Kleidung, Roboter, prothetische Gliedmaßen und Vieles mehr eröffnet.
Eine „Superhaut“, das ist es, was die Forscherin Zhenan Bao von der Stanford University erschaffen möchte. Sie hat bereits flexible Sensoren entwickelt, die so druckempfindlich sind, dass sie die Landung einer Fliege fühlen können. Jetzt arbeitet sie daran, die Fähigkeit hinzuzufügen, Chemikalien und verschiedene Arten biologischer Moleküle nachweisen zu können. Außerdem schafft sie eine Selbstversorgung der Haut mit Strom, indem sie Solarzellen aus Polymeren dazu benutzt Strom zu erzeugen. Und die neuen Solarzellen sind nicht nur biegsam, sondern sogar dehnbar – sie können um bis zu 30 Prozent ihrer ursprünglichen Länge überdehnt werden und wieder zurückspringen, ohne Schaden oder Energieverlust zu erleiden.
Wirklich eine Superhaut.
„In eine künstliche Haut können wir grundsätzlich jede gewünschte Funktion einbauen“, so Bao, Professorin für chemische Verfahrenstechnik. „Deswegen bezeichne ich unsere Haut auch als „Superhaut“. Sie kann viel mehr, als wir uns bei unserer normalen Haut vorstellen können.“
Die Basis für diese künstliche Haut ist ein biegsamer organischer Transistor aus flexiblen Polymeren und karbonbasierten Materialien. Um Berührungsempfinden zu ermöglichen, enthält der Transistor eine dünne, hochelastische Gummischicht, die in ein Raster aus winzigen umgekehrten Pyramiden gegossen ist. Wenn darauf Druck ausgeübt wird, ändert sich die Dicke dieser Schicht, wodurch sich der momentane Stromfluss durch den Transistor verändert. Abhängig vom gewünschten Empfindlichkeitsgrad besitzen die Sensoren zwischen mehreren Hunderttausend bis hin zu 25 Millionen solcher Pyramiden pro Quadratzentimeter.
Um ein bestimmtes biologisches Molekül zu erspüren, muss die Oberfläche des Transistors mit einem weiteren Molekül beschichtet werden, an das sich das Erste binden kann, wenn beide in Kontakt kommen. Diese Beschichtung muss nur ein bis zwei Nanometer dick sein.
„Abhängig davon, welches Material wir auf die Sensoren aufbringen und wie wir das Halbleiter-Material des Transistors verändern, können wir diese Sensoren dann auf das „Erfühlen“ von Chemikalien oder biologischem Material ausrichten.“ So Bao.
Baos Team hat dieses Konzept erfolgreich unter Beweis gestellt, indem es so eine bestimmte DNA nachweisen konnte. Jetzt arbeiten die Wissenschaftler daran, diese Technik auf den Nachweis von Proteinen zu erweitern, was sich zum Zweck der medizinischen Diagnostik als nützlich erweisen könnte.
„Bei jeder speziellen Krankheit gibt es normalerweise ein oder mehrere spezifische Proteine – sogenannte Biomarker – die zusammen gehören. Diese sind dann ein eindeutiger Nachweis und das Aufspüren dieser Protein-Biomarker erlaubt uns, die Krankheit zu diagnostizieren“, so Bao.
Derselbe Ansatz würde die Sensoren auch Chemikalien nachweisen lassen, sagte sie. Durch Anpassen der Sensorenart kann die Superhaut chemische Substanzen entweder in feuchter oder in flüssiger Umgebung nachweisen.
Unabhängig davon, was die Sensoren nachweisen, müssen sie ihre Daten mit elektronischen Signalen in ihr Datenverarbeitungszentrum senden, egal ob das nun ein menschliches Gehirn oder ein Computer ist.
Wenn man diese Sensoren mit Solarenergie betreiben kann, ist das einfacher, als Batterien zu benützen oder sie ans Stromnetz anzuschließen – außerdem macht es die Sensoren auch leichter und mobiler. Und wenn man dann noch dehnbare Solarzellen hat, eröffnet es ganz neue Anwendungsgebiete.
Eine neuere Abhandlung von Bao, in der die dehnbaren Solarzellen beschrieben werden, wird in der kommenden Ausgabe der Advanced Materials erscheinen. In der Abhandlung wird detailliert die Fähigkeit der Zellen beschrieben, sich in eine Richtung zu dehnen, doch inzwischen habe das Team sogar gezeigt, dass es Solarzellen herstellen kann, die sich entlang zweier Achsen dehnen lassen.
Die Solarzellen besitzen wellige Mikrostrukturen, die sich wie bei einem Akkordeon auseinanderziehen, wenn sie gedehnt werden. Eine Flüssigmetallelektrode passt sich sowohl im entspannten als auch im gedehnten Zustand an die wellige Oberfläche des Geräts an.
„Eine der Anwendungsmöglichkeiten für dehnbare Solarzellen wäre zum Beispiel bei Stoffen für Arbeitskleidung und andere Bekleidung“, sagte Darren Lipomi, promovierter Mitarbeiter im Labor von Bao und Leitautor der Studie.
„Es gibt Stellen am Körper, wo sich Haut und Bekleidung durch Bewegung dehnen müssen, zum Beispiel an den Ellbogen“, sagte er. „Eine Vorrichtung, die nur flexibel ist, aber nicht dehnbar, würde brechen, wenn sie an Maschinen- oder Körperteilen angebracht wäre, die sich bei Bewegung dehnen.“ Dehnbarkeit wäre auch beim Anbringen von Solarzellen auf gebogenen Oberflächen ohne Zerbrechen oder Faltenwurf nützlich, wie zum Beispiel im Außenbereich von Fahrzeugen, Objektiven und architektonischen Elementen.
Die Solarzellen erzeugen auch in gedehntem Zustand Strom und produzieren so einen kontinuierlichen Stromfluss für die Datenübertragung von den Sensoren.
Bao sieht in ihrer Superhaut viel mehr als eine verbesserte Nachahmung menschlicher Haut: sie könnte Robotern oder anderen Maschinen gestatten, Funktionen auszuführen, die weit über denen menschlicher Haut liegen.
„Man könnte sich eine Roboterhand vorstellen, die einfach eine Flüssigkeit berührt und dadurch spezielle Marker oder Proteine nachweist, die zu einer bestimmten Krankheit gehören und der Roboter kann einfach sagen: ‚Oh, diese Person hat jene Krankheit'“, sagte sie. „Oder der Roboter könnte einfach den Schweiß einer Person berühren und sagen: ‚Oh, diese Person ist betrunken‘.“
Schließlich hat Bao auch noch herausgefunden, wie man die früher in den Transistoren verwendeten Materialien durch biologisch besser abbaubare ersetzen kann. Damit wird die Superhaut zukünftig nicht nur vielseitiger und leistungsstärker, sondern auch noch umweltfreundlicher.
Quelle: http://news.stanford.edu/news/2011/february/bao-stretchable-solar-022211.html
(SOM)
Antworten