Ein sehr kaltes Paar Brauner Zwerge

Doppelsystem aus zwei Braunen Zwergen. (Michael Liu, University of Hawaii)
Doppelsystem aus zwei Braunen Zwergen. (Michael Liu, University of Hawaii)

Beobachtungen mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) und zwei anderen Teleskopen haben gezeigt, dass es einen neuen Kandidaten für den kältesten bekannten Stern gibt: einen Braunen Zwerg in einem Binärsystem, der ungefähr die Temperatur einer frisch gemachten Tasse Tee besitzt – heiß in menschlichen Maßstäben, aber außergewöhnlich kalt für die Oberfläche eines Sterns. Dieses Objekt ist kalt genug, um die verschwommene Grenze zwischen kleinen kalten Sternen und großen heißen Planeten zu überschreiten.

Braune Zwerge sind verhinderte Sterne: sie fehlt ihnen an genug Masse und Gravitation, um die nuklearen Reaktionen zu starten, die Sterne leuchten lassen. Der neu entdeckte Braune Zwerg mit der Bezeichnung CFBDSIR 1458+10B ist der schwächere Partner eines Binärsystems aus Braunen Zwergen, welches sich nur 75 Lichtjahre von der Erde entfernt befindet. CFBDSIR 1458+10 ist die Bezeichnung des Binärsystems. Die beiden Partner sind bekannt als CFBDSIR 1458+10A und CFBDSIR 1458+10B, wobei letzterer der leuchtschwächere und kühlere der beiden ist. Sie scheinen sich in einer Distanz zu umkreisen, die etwa der dreifachen Entfernung zwischen Erde und Sonne entspricht und benötigen für einen Umlauf rund 30 Jahre.

Der leistungsfähige X-Shooter Spectrograph am Very Large Telescope (VLT) der ESO wurde benutzt, um zu zeigen, dass das zusammengefasste Objekt für die Verhältnisse eines Braunen Zwergs sehr kalt ist. “Wir waren sehr aufgeregt, als wir sahen, dass dieses Objekt eine solch niedrige Temperatur besitzt, aber konnten nicht ahnen, dass es sich als Doppelsystem herausstellt, bei dem eine Komponente sogar noch kälter ist”, sagte Philippe Delorme vom Institut de planétologie et d’astrophysique de Grenoble (CNRS/Université Joseph Fourier), ein Co-Autor der Studie. CFBDSIR 1458+10 ist das kälteste bisher entdeckte Binärsystem aus Braunen Zwergen.

Der leuchtschwächere der beiden Braunen Zwerge hat eine Temperatur von ungefähr 100 Grad Celsius – der Siedepunkt von Wasser und nicht weit weg von den Temperaturen in einer Sauna. Zum Vergleich: Die Oberflächentemperatur der Sonne beträgt 5.500 Grad Celsius. “Bei solchen Temperaturen erwarten wir, dass der Braune Zwerg Eigenschaften aufweist, die ihn von bekannten Braunen Zwergen unterscheiden und eher denen von großen Exoplaneten ähneln – er könnte sogar Wasserwolken in seiner Atmosphäre haben”, sagte Michael Liu vom Institute for Astronomy der University of Hawaii, Hauptautor der Studie, welche die neue Arbeit beschreibt. “Tatsächlich erwarte ich, dass wir viele Gasriesen um sonnenähnliche Sterne finden, die aussehen wie CFBDSIR 1458+10B, wenn wir damit beginnen, sie zu fotografieren.”

Um diesem einzigartigen Objekt seine Geheimnisse zu entlocken, musste auf drei verschiedene, äußerst leistungsfähige Teleskope zurückgegriffen werden. Das System CFBDSIR 1458+10 wurde zunächst mit der Adaptiven Optik namens Laser Guide Star (LGS) am Keck II Teleskop auf Hawaii als Binärsystem identifiziert. Die Adaptive Optik schaltet einen Großteil der atmosphärisch bedingten Störungen aus und ermöglicht eine Steigerung der Bildschärfe um den Faktor Zehn. Liu und seine Kollegen verwendeten im Anschluss daran eine Infrarot-Kamera des Canada-France-Hawaii Telescope auf Hawaii, um die Entfernung zu dem Duo aus Braunen Zwergen zu bestimmen. Dazu wurde die Parallaxen-Methode angewandt, bei der die Entfernung aus der Positionsveränderung im Vergleich zu den Positionen der Hintergrundsterne abgeleitet wird. Abschließend untersuchte man mit dem VLT das Infrarotspektrum der Objekte, um deren Temperaturen zu messen.

Die Jagd auf kühle Objekte ist ein heißes Thema in der Astronomie. Das Spitzer Space Telescope hat kürzlich zwei andere sehr leuchtschwache Objekte gefunden, die möglicherweise auch Kandidaten für den kältesten bekannten Braunen Zwerg sind, obwohl ihre Temperaturen nicht so präzise gemessen wurden. Zukünftige Beobachtungen dieser Objekte werden genauere Vergleiche mit CFBDSIR 1458+10B ermöglichen. Liu und seine Kollegen planen, CFBDSIR 1458+10B erneut zu untersuchen, um seine Eigenschaften besser zu bestimmen und seine Umlaufbahn zu verfolgen, wodurch die Massen der beiden Partner berechnet werden können.

Quelle: http://www.eso.org/public/news/eso1110/

(THK)

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