Vor über 70 Jahren (1937) formulierte der deutsche Mathematiker Lothar Collatz ein mathematisches Problem, an dem sich Generationen nachfolgender Kollegen die Zähne ausbissen, obwohl es verglichen mit anderen Problemen (etwa den so genannten Millennium-Problemen) recht einfach zu beschreiben ist.
Das Problem dreht sich um Reihen natürlicher Zahlen, mit denen auf zwei verschiedene Arten verfahren wird. Gegeben sei zunächst eine natürliche Zahl x.
Möglichkeit 1: x ist gerade
In diesem Fall wird die Zahl x durch zwei geteilt, also x/2
Möglichkeit 1: x ist ungerade
In diesem Fall wird die Zahl mit drei multipliziert und anschließend eins hinzuaddiert, also 3*x+1
Dieses Auswahlverfahren wird dann ebenfalls auf das Ergebnis angewandt und auf dessen Ergebnis und so weiter. Collatz‘ Vermutung besagt nun, dass man in beiden Fällen früher oder später bei der Zahl Eins landet. Ein paar Beispiele:
x=5:
5 ist ungerade, also folgt 3*5+1 mit dem Ergebnis 16.
16 ist gerade, also folgt 16/2 mit dem Ergebnis 8.
8 ist gerade, also folgt 8/2 mit dem Ergebnis 4.
4 ist gerade, also folgt 4/2 mit dem Ergebnis 2.
2 ist gerade, also folgt 2/2 mit dem Ergebnis 1.
x=6:
6 ist gerade, also folgt 6/2 mit dem Ergebnis 3.
3 ist ungerade, also folgt 3*3+1 mit dem Ergebnis 10.
10 ist gerade, also folgt 10/2 mit dem Ergebnis 5.
5 ist ungerade, also folgt 3*5+1 mit dem Ergebnis 16.
16 ist gerade, also folgt 16/2 mit dem Ergebnis 8.
8 ist gerade, also folgt 8/2 mit dem Ergebnis 4.
4 ist gerade, also folgt 4/2 mit dem Ergebnis 2.
2 ist gerade, also folgt 2/2 mit dem Ergebnis 1.
x=7:
7 ist ungerade, also folgt 3*7+1 mit dem Ergebnis 22.
22 ist gerade, also folgt 22/2 mit dem Ergebnis 11.
11 ist ungerade, also folgt 3*11+1 mit dem Ergebnis 34.
34 ist gerade, also folgt 34/2 mit dem Ergebnis 17.
17 ist ungerade, also folgt 3*17+1 mit dem Ergebnis 52.
52 ist gerade, also folgt 52/2 mit dem Ergebnis 26.
26 ist gerade, also folgt 26/2 mit dem Ergebnis 13.
13 ist ungerade, also folgt 3*13+1 mit dem Ergebnis 40.
40 ist gerade, also folgt 40/2 mit dem Ergebnis 20.
20 ist gerade, also folgt 20/2 mit dem Ergebnis 10.
10 ist gerade, also folgt 10/2 mit dem Ergebnis 5.
5 ist ungerade, also folgt 3*5+1 mit dem Ergebnis 16.
16 ist gerade, also folgt 16/2 mit dem Ergebnis 8.
8 ist gerade, also folgt 8/2 mit dem Ergebnis 4.
4 ist gerade, also folgt 4/2 mit dem Ergebnis 2.
2 ist gerade, also folgt 2/2 mit dem Ergebnis 1.
Bei diesen Beispielen kommt am Schluss der Zahlenreihe immer Eins heraus. Nach Collatz‘ Vermutung soll das auch für jede andere natürliche Anfangszahl gelten. Die Anzahl der benötigten Schritte, um auf die Eins am Ende zu kommen, variiert sehr stark. Es kann durchaus passieren, dass man bei einer größeren Anfangszahl weniger Schritte braucht als bei einer kleineren Zahl. Die Unvorhersehbarkeit erschwert die Formulierung eines allgemein gültigen Beweises zusätzlich.
Mit der Hilfe leistungsfähiger Supercomputer konnte seine Vermutung bis zu der Zahl 20*258 bestätigt werden, was der Zahl 5.764.607.523.034.234.880 entspricht. Ein allgemein gültiger Beweis blieb bislang jedoch aus.
Wie kompliziert dieses so simpel aussehende Problem in Wirklichkeit ist, kann beispielsweise daran bemessen werden, dass mehrere Geldpreise für einen Beweis oder die Widerlegung der Collatz-Vermutung ausgesprochen wurden, darunter auch ein Preis von 500 Pfund von dem berühmten Mathematiker Paul Erdös.
Jetzt glaubt der Hamburger Mathematiker Gerhard Opfer, einen Beweis für die Richtigkeit der Collatz-Vermutung gefunden zu haben, wobei er vorerst verhalten optimistisch ist. Schließlich muss sein Lösungsvorschlag noch von diversen Experten begutachtet und anerkannt werden. Opfer verlagerte das eigentliche Problem kurzerhand in einen anderen mathematischen Bereich, die Funktionentheorie. Sie beschäftigt sich mit den Eigenschaften von Funktionen komplexer Zahlen und birgt mehrere Ansatzpunkte, um auch das Collatz-Problem zu behandeln.
Opfer hat seinen Lösungsvorschlag in Form einer 34-seitigen Abhandlung bei dem Fachmagazin Mathematics of Computation eingereicht. Ob er die Collatz-Vermutung tatsächlich bewiesen hat, wird die sorgfältige Prüfung seiner Arbeit ergeben.
Die Abhandlung ist als PDF-Datei unter folgender Adresse zu finden:
http://preprint.math.uni-hamburg.de/public/papers/hbam/hbam2011-09.pdf
(THK)
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