
Wissenschaftler des Smithsonian Institute und der University of Florida haben jetzt die Entdeckung eines ungefähr 13.000 Jahre alten Knochenfragments aus Florida bekannt gegeben, in welches ein Mammut oder Mastodon eingraviert ist. Diese Schnitzerei ist das älteste und einzige bekannte Beispiel von eiszeitlicher Kunst auf dem amerikanischen Kontinent, das ein Rüsseltier (Proboscidea) darstellt. Die Forschungsarbeit des Teams wurde in der Onlineausgabe des Journal of Archaeological Science veröffentlicht.
Der Knochen wurde von James Kennedy in Vero Beach (Florida) gefunden, einem nebenberuflichen Fossiliensucher, der den Knochen aufhob und erst später bei der Reinigung des Fundes die Gravierung entdeckte. Seine mögliche Bedeutung erkennend, kontaktierte Kennedy Wissenschaftler an der Universität von Florida, dem Smithsonian’s Museum Conservation Institute und dem National Museum of Natural History.
„Das ist eine unglaublich aufregende Entdeckung“, so Dennis Stanford, Anthropologe am Smithsonian’s National Museum of Natural History und Co-Autor der Untersuchung. „Es gibt Hunderte von solchen Gravierungen von Rüsseltieren auf Höhlenwänden und auch in Knochen geschnitzt in Europa, aber keine Einzige aus Amerika – bis jetzt.“
Die Schnitzerei ist vom Kopf bis zur Schwanzspitze ungefähr 7,5 Zentimeter lang und vom Kopf bis zur Unterseite des rechten Vorderfußes fast 4,5 Zentimeter hoch. Der Knochen des Fossils selbst ist ein Fragment eines langen Röhrenknochens eines großen Säugetiers – sehr wahrscheinlich selbst von einem Mammut oder Mastodon, weniger wahrscheinlich jedoch von einem Riesenfaultier. Eine präzise Identifizierung war wegen des bruchstückhaften Zustandes und fehlender Diagnosemöglichkeiten nicht möglich.
„Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind ein hervorragendes Beispiel für die Bedeutung von interdisziplinärer Forschung und Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern“, so Barbara Purdy, emeritierte Professorin an der University of Florida und Hauptautorin der Gemeinschaftstudie. „Es gab beträchtliche Skepsis über die Echtheit der Gravur auf dem Knochen, bis sie vollständig von Archäologen, Paläonthologen, forensischen Anthropologen, Ingenieuren für Materialwissenschaft und Künstlern untersucht worden war.“

Eines der Hauptziele für das Forschungsteam war es, den Herstellungszeitpunkt der Gravierung herauszufinden – war sie tatsächlich prähistorisch oder wurde sie erst später eingeritzt, um ein prähistorisches Kunstwerk vorzutäuschen? Ursprünglich wurde sie an einem Ort gefunden, der als Old Vero Site bekannt ist und an dem bei einer Ausgrabung von 1913 bis 1916 menschliche Knochen Seite an Seite mit denen von ausgestorbenen Tieren aus der Eiszeit gefunden worden waren. Das Team analysierte die elementare Zusammensetzung des geschnitzten Knochens und weiterer Fundstücke von der Old Vero Site. Sie verwendeten auch optische und elektronische Mikroskope, die keinerlei Diskontinuität in der Färbung zwischen den eingeritzten Furchen und dem umgebenden Material aufdecken konnten. Dies wies darauf hin, dass beide Oberflächen ähnlich gealtert waren und die Kanten der Gravierungen waren verwittert und nichts deutete darauf hin, dass sie erst vor Kurzem entstanden waren. Auch Spuren von Metallwerkzeugen konnten nicht entdeckt werden.
Somit für echt befunden, liefert dieses einzigartige Exemplar den Beweis dafür, dass die Menschen, die während der letzten Eiszeit in Amerika lebten, künstlerische Abbildungen der Tiere schufen, die sie jagten. Die Schnitzerei muss somit mindestens 13.000 Jahre alt sein, denn dies ist der Zeitpunkt, als diese Tiere im Osten des nordamerikanischen Kontinents letztmalig in Erscheinung traten und „jüngere“ präkolumbianische Menschen hätten niemals ein Mammut oder Mastodon gesehen, um es zeichnen zu können.
Die Forschungsarbeit des Teams bestätigte auch die Ergebnisse des Geologen Elias Howard Sellards an der Old Vero Site im frühen zwanzigsten Jahrhundert. Seine Behauptung, dass es während der letzten Eiszeit in Nordamerika Menschen gegeben hatte und diese am Vero Beach Tiere gejagt hatten, wurde während der letzten 95 Jahre immer wieder diskutiert.
Ein Abguss des gravierten Knochenfossils ist nun Teil einer Ausstellung über Mammuts und Mastodons im Florida Museum of Natural History in Gainesville.
(THK)
Antworten