Bei dem aktuellen Astro-Bild der Woche handelt es sich entgegen aller Erwartungen nicht um moderne abstrakte Kunst, sondern tatsächlich um einen kleinen Ausschnitt der Oberfläche eines Planeten.
Es ist eine Falschfarbenaufnahme eines Teils von Noctis Labyrinthus auf dem Mars. Noctis Labyrinthus bildet den westlichen Ausläufer des größten Canyonsystems im Sonnensystem, dem gut 4.000 Kilometer langen und rund 600 Kilometer breiten Valles Marineris. Zum Vergleich: Der größte Canyon auf der Erdoberfläche, der Grand Canyon in den Vereinigten Staaten, ist knapp 450 Kilometer lang und etwa 30 Kilometer breit. Noctis Labyrinthus liegt südöstlich der drei großen Schildvulkane Ascraeus Mons, Pavonis Mons und Arsia Mons auf dem Tharsis-Rücken, einer von Vulkanismus geprägten Aufwölbung auf der nördlichen Marshemisphäre. Die weit verzweigten Täler und Schluchten dieser Oberflächenformation (daher auch der deutsche Name: Labyrinth der Nacht) sind bis zu fünf Kilometer tief und zeigen besonders auf farbcodierten Bildern viele kleinere Strukturen, die sonst nur schwer zu untersuchen sind. In der hier abgebildeten, circa vier Kilometer tiefen Depression treffen mehrere Schluchten und Täler zusammen.
Dieses Bild ist ein Mosaik aus Aufnahmen, welche zwischen April 2003 und September 2005 von der NASA-Raumsonde Mars Odyssey gemacht wurden. Das THEMIS-Instrument (Thermal Emission Imaging System) an Bord der Sonde tastet die Marsoberfläche im optischen und infraroten Bereich ab, woraus die Wissenschaftler anschließend Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung und die Verteilung bestimmter Mineralien ziehen können. Auf dem Bild stellen bläuliche Farbtöne lockeren, feinen Staub auf der Oberfläche des Planeten dar, während gelbe und rötliche Farben auf felsigere Gesteinsschichten und Gebiete hinweisen. Eindrucksvoll sind auch die Nebelbänke aus Wassereis, die sich in den tiefen Schluchten bilden können und dann (im optischen Licht) den Blick auf die Oberfläche erschweren oder ganz verhindern (siehe unten).
(THK)
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