Archäologen der University of Liverpool untersuchen derzeit drei Inselgruppen vor Großbritannien, um besser zu verstehen, warum die damaligen Menschen ungefähr 4000 Jahre v. Chr. ihre Lebensweise vom Jäger und Sammler hin zum Ackerbau veränderten.
Einige Gelehrte sind der Meinung, dass dieser Wechsel mit Einwanderern vom Kontinent zusammenhängt, die nach Großbritannien übersiedelten und Kunstfertigkeiten wie Töpfern und Ackerbau mitbrachten, andere jedoch argumentieren, dass die eingeborene Bevölkerung von Großbritannien diese neue Lebensart nach ihren eigenen Vorstellungen angenommen hat.
Um Licht in diese Debatte zu bringen, machen die Archäologen in Zusammenarbeit mit der University of Southampton Ausgrabungen auf drei Inselgruppen in den sogenannten Western Seaways und erstellen dort ozeanographische Modelle, um zu verstehen, wie man um 4000 v. Chr. in diesem Gebiet hätte segeln können. Das Team wird außerdem eine Datenbank zu den Siedlungsplätzen des 5. und 4. Jahrtausends v. Chr. erstellen.
In der Arbeit sollen auch Fundstücke aus den Seaways dazu dienen, die wichtigen Fragen über die Prozesse und Zeitabläufe der Veränderung einer Gesellschaft, die wilde Tiere jagte, hin zu Menschen, die Ackerbau als Überlebensweise betrieben, zu beantworten.
Frühere archäologische Funde, wie zum Beispiel offenbar französische Töpferwaren in Schottland, legten nahe, dass eine Kolonisation vom Festland die einzig mögliche Erklärung für diese Veränderung der Lebensweise sei. Untersuchungen haben ergeben, dass diese Erstkolonisten vermutlich über die Western Seaways dort hin gelangten, doch bisher gab es kaum Ausgrabungen auf den Inseln entlang dieser Route, um diese Theorie zu stützen, weil frühere Forschungen eher den Schwerpunkt auf den Weg über das Land (Großbritannien; Anm. d. Red.) legten, als auf den Seeweg.
Dr. Duncan Garrow von der School of Archaeology, Classics and Egyptology an der University of Liverpool erklärt: „Neolithikum ist eine Bezeichnung für eine Periode unserer Vergangenheit, als der Wechsel vom Jäger wilder Tiere und Sammler von Pflanzen zu einer bäuerlichen Lebensweise geschah. Überall auf der Erde geschah diese Veränderung zu unterschiedlichen Zeitpunkten, beginnend mit ca. 10000 v. Chr. im Mittleren Osten und um ungefähr 4000 v. Chr. in Großbritannien. Wie genau dieser Prozess vonstatten ging, ist jedoch immer noch sehr umstritten.“
„Archäologische Funde, wie etwa Knochen von Hausrindern aus dem 5. Jahrtausend v. Chr. und Töpfereien aus Europa, sowie Fortschritte bei Radiokarbonmethoden haben der Theorie neues Leben eingehaucht, dass Kolonisten aus Europa sich in Großbritannien angesiedelt hatten und die landwirtschaftlichen Techniken mit sich brachten. Um zu verstehen, wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür ist, müssen wir jedoch unser Augenmerk vom Landweg abwenden und uns auf den Seeweg konzentrieren, der ein wichtiger Reiseweg zwischen den Inseln um Großbritannien war.“
„Wir graben auf den Kanalinseln, den Scilly-Inseln und den Äußeren Hebriden, die eine wichtige maritime Zone bilden, der überraschenderweise in der Vergangenheit von Forschern nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Wir erstellen eine Datenbank aller bekannter Siedlungsplätze des 5. und 4. Jahrtausends v. Chr. auf und um jede(r) diese(r) Inselgruppen und beginnen mit systematischen Radiokarbondatierungen, um die Chronologie und Aktivitäten innerhalb der Western Seaways verstehen zu können.“
„Unsere ozeanographische Arbeit hat das Ziel, den umgebungsbedingten Zusammenhang zu erforschen, in dem dieser Wechsel stattfand und inwiefern seefahrerische Aktivitäten die Lebensweise der Menschen beeinflussten. Wir hoffen, dass die Umgebungsdaten auch den Ozeanographen und Geographen nützen werden, um zu untersuchen, wie die See sich über die Jahrtausende hin verändert hat.“
Das Wissenschaftlerteam wird seine Funde auch Schülern und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen, indem es eine Serie von Internet-Quellen bereitstellen wird, darunter ein Navigations-Spiel auf Basis der prähistorischen Seefahrt.
Die Studie wird vom Arts and Humanities Research Council (AHRC) finanziert.
(SOM)
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