Das Rätsel der (irdischen) Partikeljets

Partikeljets bei einer Explosion (D. Frost)
Partikeljets bei einer Explosion (D. Frost)

Auf astropage.eu wurde schon des Öfteren über so genannte Teilchen- oder Partikeljets berichtet, meist im Zusammenhang mit Schwarzen Löchern oder neu geborenen Sternen. Hier werden Atome und Moleküle von extrem starken Magnetfeldern beschleunigt und entlang der Rotationsachse des Objekts abgestoßen.

Partikeljets gibt es auch auf der Erde, natürlich in bedeutend kleineren Größenordnungen und mit anderen Ursachen. Ein möglicher Auslöser sind Sprengstoffexplosionen, bei denen der Sprengstoff von entsprechenden Partikeln umschlossen wird. Bei der Explosion entsteht eine Druckwelle, welche die umgebenden Partikel mitreißt und im weiteren Verlauf mehr oder weniger feine Partikel-“Strahlen” – die Partikeljets – erzeugt. Physikalisch gesprochen entwickeln die Teilchen eine nicht einheitliche räumliche Verteilung.

Man weiß, dass zahlreiche Faktoren bei der Bildung solcher Partikeljets eine Rolle spielen, etwa die Wechselwirkungen der Teilchen untereinander in den frühen Phasen des Explosionsprozesses oder die Einwirkung der Druckwelle auf das Bett, auf dem die Teilchen vor der Explosion ruhten. Auch das Medium, in dem die Explosion stattfindet (Luft, Wasser, etc.) übt großen Einfluss auf die Entwicklung der Partikeljets aus.

Bislang ist aber nach wie vor unklar, wie und warum dieses Phänomen überhaupt auftritt. David L. Frost und Samuel Goroshin vom Mechanical Engineering Department der McGill University in Montreal (Kanada), sowie Yann Grégoire vom Insitut Pprime (Frankreich) und Fan Zhang vom Defense Research and Development Canada (Anm. d. Red.: Eine Abteilung des kanadischen Verteidigungsministeriums) versuchen, Antworten auf diese und andere Fragen zu finden.

Die Wissenschaftler zeichnen die Entstehung und den Verlauf von Partikeljets mit Hochgeschwindigkeitskameras auf, um aus den Beobachtungen Rückschlüsse auf die ablaufenden Prozesse zu ziehen. Die Kameras vom Typ Photron SA-5 machen 10.000 Bilder pro Sekunde, was dem Team einzigartige Einblicke in die Dynamik der Explosion erlaubte.

In den Experimenten analysierten Frost und seine Kollegen das Jetbildungsverhalten bei verschiedenen Explosionsgeometrien. Bei der sphärischen Geometrie befanden sich 28 Gramm C4-Sprengstoff zentral inmitten einer 12,5 Zentimeter großen,dünnwandigen Glaskugel, die mit 1.332 Gramm winziger Glaskügelchen (Durchmesser: 120 Mikrometer) aufgefüllt war. Um den Einfluss des Mediums zu beobachten, verwendeten die Wissenschaftler in weiteren Experimenten einmal 906 Gramm Wasser anstelle der Glaskügelchen und einmal eine Mischung aus 1.482 Gramm Glaskügelchen und 348 Gramm Wasser. Nach demselben Prinzip wurden auch die Versuche mit der zylindrischen Geometrie durchgeführt. An die Stelle der Glaskugel trat ein 30 Zentimeter langer Glaszylinder mit einem Durchmesser von zehn Zentimetern. Als Sprengladung dienten 80 Gramm PETN, die zentral entlang der Zylinderachse angebracht waren. Um den Sprengstoff herum befand sich eine zwei Zentimeter dicke Schicht aus Glaskügelchen, die ihrerseits von zwei 14 Zentimeter dicken Schichten aus Stahlkügelchen umgeben war.

Die aufgezeichneten Explosionen zeigten, dass die Anzahl der Partikeljets, ihre Länge und ihre Lebensdauer stark von dem verwendeten Medium abhingen (siehe Video). Die wenigsten Partikeljets entstanden bei dem Versuch mit den “trockenen” Glaskügelchen. Dafür waren die Strukturen sehr ausgeprägt und verhältnismäßig langlebig. Etwas mehr Partikeljets bildeten sich bei der Explosion des Wassermediums, jedoch waren diese schon deutlich schwächer und überdauerten auch nicht so lange. Die größte Anzahl Partikeljets wurde von dem Gemisch aus Glaskügelchen und Wasser erzeugt. In dem Video kann man gut erkennen, dass die bei diesem Versuch entstandenen Partikeljets extrem fein und kurzlebig sind, was ganz und gar nicht den Erwartungen der Wissenschaftler entsprach.

Frost und seine Kollegen hoffen, durch die Analyse der Videoaufnahmen und nachfolgende Experimente aufdecken zu können, wie und warum die Partikeljets überhaupt entstehen.

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Video-Link: https://youtu.be/78l4cU5F2YE

Hochgeschwindigkeitsaufnahmen der Experimente (D. Frost)

Referenz: http://arxiv.org/abs/1110.3090: Particle Jet Formation During Explosive Dispersal of Solid Particles

(THK)

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