
In einer Folge der Serie „Boston Legal“ aus dem Jahr 2007 behauptete ein Charakter herausgefunden zu haben, dass ein Polizist ein Rassist war, weil dessen Amygdala aktiviert wurde – und Angst auslöste – wenn man ihm Fotos von farbigen Menschen zeigte. Dieser Zusammenhang zwischen der Amygdala und Angst, insbesondere eine Angst gegenüber Menschen, die nicht wie wir sind, sei zu weit gegangen, nicht nur in der Popkultur, sondern auch in der psychologischen Wissenschaft, sagen die Autoren einer neuen Studie, die in der Februar-Ausgabe von Current Directions in Psychological Science, einem Journal der Association for Psychological Science, veröffentlicht wird.
In der Tat haben viele Experimente herausgefunden, dass die Amygdala aktiv ist, wenn Menschen Angst haben. Aber sie wird auch bei anderen Vorgängen aktiviert, beispielsweise als Reaktion auf angenehme Fotografien und fröhliche Gesichter.
Das Missverständnis stammt aus den Ansätzen, nach denen Wissenschaftler erstmals das Gehirn untersuchten. Viele Menschen seien durch die Untersuchung von Angst auf die Amygdala gestoßen, sagt Wil Cunningham von der Ohio State University, der die Studie zusammen mit Tobias Brosch von der New York University schrieb. „Sie [Angst] ist eine großartig zu untersuchende Emotion, weil sie aus evolutionärer Sicht sehr wichtig ist und wir viel über Angst bei Tieren wissen“, sagt Cunningham. Fast jede Studie über Angst ergibt, dass die Amygdala aktiv ist. Aber das heißt nicht, dass jeder Funke von Aktivität in der Amygdala bedeutet, dass die Person Angst hat.
Stattdessen scheint die Amygdala etwas subtileres zu machen: Ereignisse zu verarbeiten, die in Verbindung zu dem stehen, worüber sich eine Person im Moment Gedanken macht. Also wenn man in einer schaurigen Situation ist oder eine ängstliche Persönlichkeit besitzt, dann könnte die Amygdala durch ein furchterregendes Bild aktiviert werden. Aber hungrige Menschen haben eine erhöhte Aktivität in der Amygdala als Reaktion auf Bilder von Essen und sehr empathische Menschen zeigen eine Reaktion der Amygdala auf das Anschauen von anderen Menschen.
„Wenn wir Emotionen untersuchen, wollen Menschen bestimmte Gehirnregionen finden, die mit verschiedenen Emotionen in Zusammenhang stehen“, sagt Cunningham. Vor allem in den frühen Tagen der Neurowissenschaft hofften Forscher, dass es bald möglich sein würde, MRI und andere Bildgebungsverfahren zu nutzen, „um unter die Haube zu blicken und herauszufinden, was Menschen wirklich denken.“ Eine lange Zeit wussten Menschen nicht wirklich (oder wollten es nicht sagen), was sie denken und es wäre schön in der Lage zu sein, ein Bild ihrer Gehirne anzuschauen und die Antwort zu kennen. Aber das Gehirn ist zu kompliziert dafür. Cunningham denkt auch, dass viele Wissenschaftler sich zu sehr an eine starre Definition von Emotionen klammern – Wut, Angst, Traurigkeit, Fröhlichkeit und so weiter.
Wie auch immer man sich fühlt, es scheint, dass viele unterschiedliche Regionen des Gehirns beteiligt sind. „Emotionen werden auf das Gehirn verteilt“, sagt Cunningham.
Quelle: http://www.psychologicalscience.org/index.php/news/releases/the-amygdala-and-fear-are-not-the-same-thing.html
(THK)
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