Die Masken von El Zotz geben neue Einblicke in den Glauben der Maya

Die Nordseite der Diablo-Pyramide. Ein Bildnis zeigt den Sonnengott der Maya. (Stephen Houston)
Die Nordseite der Diablo-Pyramide. Ein Bildnis zeigt den Sonnengott der Maya. (Stephen Houston)

Ein Archäologenteam unter Leitung von Stephen Houston von der Brown University hat eine Pyramide freigelegt, die Teil der archäologischen Maya-Stätte El Zotz in Guatemala ist. Das mit Ornamenten dekorierte Bauwerk wird von einem Tempel gekrönt. Der Tempel ist von Masken bedeckt, die verschiedene Phasen der Sonne zeigen. Außerdem finden sich tief modellierte und auffällig bemalte Stuckarbeiten. Im Jahr 2010 legte das Team am selben Ort ein Königsgrab mit Artefakten und menschlichen Überresten frei. Die Forscher glauben, dass die Pyramide gebaut wurde, um den verstorbenen Herrscher mit der ewigen Sonne zu verbinden.

Das Team begann mit der Freilegung des Tempels, dem so genannten Temple of the Night Sun, im Jahr 2009. Auf etwa 350 bis 400 n. Chr. datiert, liegt der Tempel direkt hinter dem zuvor entdeckten königlichen Grab über der Diablo-Pyramide. Das Bauwerk wurde wahrscheinlich nach dem Grab errichtet, um den hier begrabenen Herrscher zu ehren.

Houston sagt, dass die Forscher aus diesem Fund, dessen Großteil makellos erhalten ist, eine entscheidende Menge neuer Informationen über die Maya-Zivilisation bekommen. “Die Diablo-Pyramide ist eine der am aufwändigsten dekorierten Gebäude des alten Amerika”, sagt Houston. “Die Stuckarbeiten liefern beispiellose Einblicke darin, wie die Maya ihren Himmel verstanden, wie sie über die Sonne gedacht haben und wie die Sonne selbst die Identität der Könige und Dynastien veredelte, die ihr folgten.”

Die neuste Entdeckung wurde am 18. Juli 2012 im Rahmen einer Pressekonferenz am Instituto de Antropologia e Historia de Guatemala in Guatemala City der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Institut autorisierte auch die Forschungsarbeit. Houston sagt, das Team befinde sich noch immer in den Anfangsstadien der Ausgrabung des Tempels und hätte noch über 70 Prozent freizulegen. Die Maya bauten später weitere Ebenen auf das Dach der ursprünglichen Struktur, was bei der Bewahrung der Stuckarbeiten half, aber es macht die Ausgrabung auch schwieriger. Während der Freilegung des Grabes im Jahr 2009 entdeckten Houston und sein Team einen kleinen Teil der Gravuren, welche aus Tunneln hervorstanden, die von Plünderern mehrere Jahrzehnte vorher gegraben wurden. Die Archäologen waren nur in der Lage, schmale Tunnel rund um das Gebäude zu säubern, um die Masken und andere Gravuren zu betrachten. Es gibt mehrere Sektionen, darunter ganze Wände, ein Gebiet auf dem Dach und die Basis, die noch freigelegt werden müssen.

Um einen besseren Eindruck davon zu bekommen, wie das Gebäude in seiner ursprünglichen Form ausgesehen hat, arbeitet Houston mit einem Team des Centers for Advanced Spatial Technologies (CAST) von der University of Arkansas zusammen, das fotogrammetrische Techniken verwendet, um 3D-Aufnahmen der Stuckarbeiten zu erstellen. Houston benutzt diese Bilder – und hunderte Farbfotos, die während der Ausgrabung gemacht wurden -, um Darstellungen des Gebäudes zu erschaffen.

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Video-Link: https://youtu.be/yBGuGVmb4mQ

Stephen Houston spricht über die Entdeckung und ihre Bedeutung. (Brown University)

Die 3D-Aufnahmen sprechen dafür, dass eine große feste Plattform die Basis der Pyramide bildete, die aus zwei oder drei flacheren Terrassen und dem darauf befindlichen Tempel bestand. Das zuvor entdeckte Grab liegt direkt unter der Hauptplattform. Zum Schluss wurde ein Altarraum über dem Grab gebaut, um Schutz zu bieten. Houston sagt, dass der Großteil des Tempels seinerzeit von verzierenden Stuckarbeiten bedeckt gewesen sein könnte und dass es möglich sei, dass viele von ihnen die Zeit überdauert haben.

Die Ausgrabung an der Stätte El Zotz wurde im vergangenen Jahr noch wichtiger, als der World Monuments Fund sie als eine von 67 gefährdeten, internationalen Kulturstätten bezeichnete. Die Stätte ist bekannt für einen der sehr seltenen hölzernen Balken mit hieroglyphischen Texten, die aus der Zeit des prekolumbischen Mesoamerika stammen.

Das Team bringt viel mehr über den Zweck des Tempels in Erfahrung. Auf der Spitze eines hohen Steilhanges sitzend und den Hauptteil von El Zotz, einer alten Maya-Stadt, überblickend, wäre die Pyramide laut Houston vor 1.600 Jahren ein spektakulärer Anblick gewesen. In sattem Rot angemalt, war es die Ausgabe des Tempels, die Anwesenheit und Macht der herrschenden Dynastie zu verkünden. Sie wäre während des Sonnenaufgangs und Sonnenuntergangs am hellsten und noch aus einer Entfernung von rund 24 Kilometern sichtbar gewesen.

Die Masken aus Stuck auf den Wänden des Tempels scheinen verschiedene Himmelskörper darzustellen, darunter die Sonne, welche die Maya als Gottheit (“K’inich Ajaw”) betrachteten. Die 1,5 Meter hohen Masken illustrieren verschiedene Phasen der Sonne, wenn sie sich im Laufe des Tages von Osten nach Westen über den Himmel bewegt. Eine Maske zeigt fischähnliche Eigenschaften, eine Darstellung der aufgehenden Sonne am Horizont, was die Maya mit der Karibik im Osten in Zusammenhang brachten. Mit Juwelen besetzte Bänder, die zwischen den Masken verliefen, enthalten archaische Darstellungen der Venus und anderer Planeten.

“Die Sonne war ein Schlüsselelement der Maya-Herrschaft”, sagt Houston. “Sie war eine Ikone, die sie bewusst mit den königlichen Linien, der königlichen Identität und der königlichen Macht verbanden. Sie ist das dominanteste Himmelsobjekt. Sie ist Etwas, das jeden Tag aufgeht und in jeden Winkel eindringt, genau wie es die königliche Macht vermutlich tun würde. Dieses Gebäude ist eines, das diese enge Verbindung zwischen dem König und seiner machtvollsten und dominantesten himmlischen Präsenz preist.”

Die Struktur wurde während einer herausfordernden Zeit in der Welt der Maya erbaut. Die Bewohner von El Zotz und Tikal, einer anderen großen Maya-Stadt in der Nähe, hatten erstmals Kontakt mit den Menschen von Teotihuacan, der größten Stadt des alten Amerika nahe dem heutigen Mexico-City und machten Erfahrung mit ihnen als Eindringlingen. Die Pyramide könnte errichtet worden sein, um in Zeiten des Eindringens und politischer Störungen ein Signal der lokalen Macht zu demonstrieren.

Stephen Houston bei der Arbeit. (Arturo Godoy)
Stephen Houston bei der Arbeit. (Arturo Godoy)

Eine andere Entdeckung deutet darauf hin, dass die Maya das Gebäude mehr als lebendes Wesen sahen, denn als einfaches physikalisches Bauwerk. Houston zufolge wurden die Nasen und Münder der Masken und die identifizierenden Glyphen auf den Stirn-Diademen zu einem bestimmten Zeitpunkt systematisch verstümmelt, möglicherweise ein Weg, um das Gebäude zu deaktivieren, als sich die Maya auf die Erweiterung des existierenden Bauwerks vorbereiteten.

Trotz der offensichtlichen Sorgfalt bei der Konstruktion des Gebäudes wurde es nicht lange benutzt. Houston sagt, die Belege an der Stätte würden zeigen, dass das Gebäude irgendwann im 4. Jahrhundert nach Christus verlassen wurde, vielleicht aufgrund eines Bruches in der Herrscherfolge.

Houston, ein MacArthur Stipendiat von 2008, ist der Dupee Family Professor of Social Science und Professor für Anthropologie an der Brown University. Houstons Co-Leiter an der Stätte war Edwin Román, ein Doktorand am Long Institute of Latin American Studies der University of Texas in Austin. Sie arbeiten mit einer Gruppe Studenten und Forschern der Brown University zusammen, darunter Thomas Garrison (ein früherer Postdoktorand des Joukowsky Institute und des Department of Anthropology und jetzt an der University of Southern California) sowie Sarah Newman, Nicholas Carter, Yeny Gutiérrez und Boris Beltrán. Die Fotos wurden von Arturo Godoy und Alexa Rubinstein gemacht.

Die Feldarbeit 2012 wurde von Edwin Román und Thomas Garrison durchgeführt, Houston fungierte als wissenschaftlicher Berater. Die Arbeit in El Zotz wurde von der National Science Foundation, dem National Endowment for the Humanities, privaten Quellen und PACUNAM, einer Wohltätigkeitsorganisation aus Guatemala unterstützt und finanziert.

Quelle: http://news.brown.edu/pressreleases/2012/07/masks

(THK)

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