Kleine, runde, kalte Wolken im Weltraum haben all die richtigen Eigenschaften, um Planeten ohne Zentralsterne zu bilden. Neue Beobachtungen mit Teleskopen der Chalmers University of Technology zeigen, dass nicht alle ungebundenen Planeten aus existierenden Planetensystemen herauskatapultiert wurden. Sie können auch frei geboren werden. Vorherige Forschungsarbeiten haben ergeben, dass es bis zu 200 Milliarden ungebundene Planeten in unserer Galaxie, der Milchstraßen-Galaxie, geben könnte. Bis jetzt haben Wissenschaftler angenommen, dass solche “Einzelgänger-Planeten”, die keinen Stern umkreisen, aus einem existierenden Planetensystem herauskatapultiert worden sein müssen.
Neue Beobachtungen von kleinen, dunklen Wolken im Weltraum weisen auf eine andere Möglichkeit hin: dass sich einige ungebundene Planeten von selbst gebildet haben. Ein Astronomenteam aus Schweden und Finnland verwendete mehrere Teleskope, um den Rosettennebel zu beobachten, eine riesige Wolke aus Gas und Staub, die rund 4.600 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Monoceros (Einhorn) liegt. Mit dem 20-Meter-Teleskop des Onsala Space Observatory in Schweden sammelten die Forscher Beobachtungsdaten im Radiowellenbereich. Außerdem nutzten sie Submillimeterwellen-Beobachtungen des APEX-Teleskops in Chile und Infrarot-Beobachtungen mit dem New Technology Telescope (NTT) am La Silla Observatorium der Europäischen Südsternwarte in Chile.
“Der Rosettennebel beherbergt mehr als einhundert dieser kleinen Wolken – wir nennen sie Globuletten”, sagte Gösta Gahm, Astronom an der Stockholm University und Leiter des Projekts. “Sie sind sehr klein, jede mit einem Durchmesser der 50-fachen Distanz zwischen Sonne und Neptun. Wir konnten bereits zuvor abschätzen, dass die meisten von ihnen eine planetare Masse besitzen, weniger als 13 Jupitermassen. Jetzt haben wir viel zuverlässigere Messungen der Masse und Dichte für eine größere Anzahl dieser Objekte und wir haben auch präzise gemessen, wie schnell sie sich im Verhältnis zu ihren Umgebungen bewegen”, sagte er.
“Wir stellten fest, dass die Globuletten sehr dicht und kompakt sind und viele von ihnen sehr dichte Kerne besitzen. Das sagt uns, dass viele davon unter ihrem eigenen Gewicht kollabieren und ungebundene Planeten bilden werden. Die massereichsten Globuletten können sogenannte Braune Zwerge bilden”, sagte Teammitglied Carina Persson, eine Astronomin an der Chalmers University of Technology. Braune Zwerge werden manchmal als verhinderte Sterne bezeichnet und sind Himmelskörper, deren Massen zwischen jener von Planeten und der Masse von Sternen liegen. Die Studie zeigt, dass sich die kleinen Wolken mit hoher Geschwindigkeit (circa 80.000 Kilometer pro Stunde) durch den Rosettennebel nach außen bewegen.
“Wir denken, dass sich diese kleinen, runden Wolken von langen, staubhaltigen Gassäulen abgetrennt haben, welche durch die starke Strahlung der jungen Sterne geformt wurden. Aufgrund des Strahlungsdrucks der heißen Sterne in seinem Zentrum wurden sie aus dem Zentrum des Nebels herauskatapultiert”, erklärte Minja Mäkelä, ein Astronom der University of Helsinki.
Gösta Gahm und seinem Team zufolge werden die kleinen, dunklen Wolken aus dem Rosettennebel herausgeschleudert. Im Lauf der Geschichte der Milchstraßen-Galaxie entstanden viele Millionen Nebel wie der Rosettennebel und vergingen wieder. In jedem davon müssten sich zahlreiche Globuletten gebildet haben. “Falls diese kleinen, runden Wolken Planeten und Braune Zwerge hervorbringen, müssten sie wie Projektile in die Tiefen der Milchstraßen-Galaxie katapultiert werden”, sagte Gösta Gahm. “Es gibt so viele von ihnen, dass sie eine wesentliche Quelle der ungebundenen Planeten sein könnten, die in den vergangenen Jahren entdeckt wurden”, ergänzte er.
Astronomen kennen fast 900 Planeten, die andere Sterne als die Sonne umkreisen, aber es wurden auch ungebundene Planeten gefunden. Einige entdeckte man mithilfe einer Technik, die als Mikrolinseneffekt bezeichnet wird. Dabei wird ein Planet nachgewiesen, wenn er vor einem Hintergrundstern vorbeizieht und ihn vorübergehend heller erscheinen lässt. Dies ist ein Effekt, der in Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie vorhergesagt wird: Das Licht des Sterns wird gebeugt, wenn der Planet vor ihm vorbeizieht, eine sogenannte Gravitationslinse. Wissenschaftler haben geschätzt, dass die Anzahl der ungebundenen Planeten in unserer Galaxie 200 Milliarden überschreiten könnte.
Die Studie wurde in dem Artikel “Mass and Motion of Globulettes in the Rosette Nebula” in der Juli-Ausgabe des Journals Astronomy & Astrophysics veröffentlicht. Das Team besteht aus Gösta Gahm (Stockholm University, Schweden), Carina M. Persson (Onsala Space Observatory der Chalmers University of Technology, Schweden), Minja M. Mäkelä (Department of Physics, University of Helsinki, Finnland) und Lauri K. Haikala (Finnish Centre for Astronomy with ESO [FINCA], University of Turku, Finnland).
Quelle: http://www.chalmers.se/en/news/Pages/Free-floating-planets-may-be-born-free.aspx
(THK)
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