Neu entdeckter Exoplanet Kepler 78b umkreist seinen Stern in nur 8,5 Stunden

Künstlerische Darstellung des Exoplaneten Kepler 78b und seines Zentralsterns. (Image: Cristina Sanchis Ojeda)
Künstlerische Darstellung des Exoplaneten Kepler 78b und seines Zentralsterns. (Image: Cristina Sanchis Ojeda)

In der Zeit, in der man einen einzigen Arbeitstag hinter sich bringt oder eine Nacht durchschläft, hat ein kleiner Planet in 700 Lichtjahren Entfernung fast ein ganzes Jahr vollendet. Forscher vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben einen erdgroßen Exoplaneten namens Kepler 78b entdeckt, der seinen Zentralstern in nur 8,5 Stunden umkreist – eine der kürzesten, jemals gefundenen Umlaufperioden. Der Planet ist seinem Stern extrem nah: Der Radius seiner Umlaufbahn beträgt etwa drei Sternradien. Die Wissenschaftler haben geschätzt, dass seine Oberflächentemperatur bis zu 3.000 Kelvin betragen könnte. In einer solch glühend heißen Umgebung ist die oberste Schicht des Planeten wahrscheinlich komplett geschmolzen und bildet einen massiven, tobenden Ozean aus Lava.

Am aufregendsten für die Wissenschaftler war es, dass sie Licht registrieren konnten, welches von dem Planeten selbst emittiert wurde. Es ist das erste Mal, dass Forscher in der Lage waren, dies bei einem so kleinen Planeten wie Kepler 78b zu schaffen. Dieses Licht könnte Wissenschaftlern detaillierte Informationen über die Oberflächenzusammensetzung und Reflexionseigenschaften des Planeten liefern, wenn es erst einmal mit größeren Teleskopen analysiert wird. Kepler 78b liegt so nah an seinem Stern, dass die Forscher hoffen, seinen gravitativen Einfluss auf den Stern messen zu können. Solche Informationen könnten verwendet werden, um die Masse des Planeten zu messen, was Kepler 78b zum ersten erdgroßen Planeten außerhalb unseres eigenen Sonnensystems machen würde, dessen Masse bekannt ist. Die Forscher berichten im Astrophysical Journal über ihre Entdeckung von Kepler 78b.

In einer anderen Abhandlung, veröffentlicht in den Astrophysical Journal Letters, berichten Mitglieder derselben Gruppe zusammen mit Kollegen vom MIT und anderen Instituten über KOI 1843.03, einen bereits zuvor entdeckten Exoplaneten mit einer noch kürzeren Umlaufperiode von nur 4,25 Stunden. Die Gruppe unter Leitung des emeritierten Physik-Professors Saul Rappaport stellte fest, dass der Planet unglaublich dicht sein und fast ausschließlich aus Eisen bestehen müsse, um seinen extrem engen Orbit um den Stern beizubehalten. Anderenfalls würden die immensen Gezeitenkräfte des nahen Sterns ihn in Stücke reißen.

„Allein die Tatsache, dass er dort überleben kann, deutet darauf hin, dass er sehr dicht ist“, sagte Josh Winn, ein außerordentlicher Professor für Physik am MIT und Co-Autor der beiden Abhandlungen. „Ob die Natur auch Planeten hervorbringt, die dicht genug sind, um sogar noch näher an ihren Sternen zu überdauern, ist eine offene Frage und wäre noch erstaunlicher.“

Abschwächungen der Helligkeit

Das Team, das die Abhandlung im Astrophysical Journal schrieb, sichtete mehr als 150.000 Sterne, um Kepler 78b zu entdecken. Die Sterne wurden vom Kepler Telescope überwacht, einem Weltraumobservatorium der NASA, das einen kleinen Teil der Galaxie beobachtet. Wissenschaftler analysieren die Daten von Kepler, um bewohnbare, erdgroße Planeten zu identifizieren.

Das Ziel von Winn und seinen Kollegen war es, nach erdgroßen Planeten mit sehr kurzen Umlaufperioden zu suchen. „Uns sind Planeten mit Umlaufperioden von ein paar Tagen bekannt“, sagte Winn. „Aber wir fragten uns, was ist mit ein paar Stunden? Ist das überhaupt möglich? Und tatsächlich gibt es dort draußen Einige.“ Um sie zu finden, analysierte das Team Licht-Daten von tausenden Sternen und suchte nach verräterischen Helligkeitsabnahmen, die dafür sprechen, dass ein Planet regelmäßig vor einem Stern vorbeizieht.

Diese winzigen Helligkeitsabfälle in den zehntausenden Lichtkurven zu finden, ist normalerweise ein zeitintensives Vorhaben. Um den Prozess zu beschleunigen, benutzte die Gruppe einen mehr automatisierten Ansatz und wandte eine grundlegende mathematische Methode – eine sogenannte Fourier-Transformation – auf den umfangreichen Datensatz an. Im Grunde begrenzt die Methode den Bereich auf die Lichtkurven, die periodisch sind oder ein wiederkehrendes Muster aufweisen.

Sterne mit umkreisenden Planeten können periodische Helligkeitsabfälle zeigen, wenn ein Planet vor ihnen vorbeizieht, was als Transit bezeichnet wird. Aber es gibt andere periodische stellare Phänomene, welche die Lichtabstrahlung beeinflussen können, beispielsweise ein Stern, der einen anderen Stern verdeckt. Um die Signale auszusortieren, die tatsächlich mit Planeten verbunden sind, durchsuchte der Physik-Doktorand Roberto Sanchis-Ojeda den Datensatz periodischer Lichtkurven nach häufigen, kleineren Helligkeitsabfällen in der Mitte zwischen den Transits.

Die Gruppe war imstande, das von dem Planeten emittierte Licht zu registrieren, indem die Wissenschaftler den Anteil maßen, um den sich die Gesamthelligkeit verringerte, wenn der Planet hinter dem Stern vorbeizog. Die Forscher vermuten, dass das Licht des Planeten möglicherweise eine Kombination aus Strahlung von seiner aufgeheizten Oberfläche und jenem Licht ist, das von Oberflächenmaterialien reflektiert wird, zum Beispiel Lava und atmosphärischer Dampf.

„Ich schaute nur mit den Augen und plötzlich sah ich diesen zusätzlichen Helligkeitsabfall genau wie erwartet und es war wirklich schön“, erinnert sich Sanchis-Ojeda. „Ich dachte, dass wir tatsächlich das Licht des Planeten sehen. Es war ein wirklich aufregender Moment.“

Leben auf einer Lava-Welt

Aus ihren Messungen von Kepler 78b bestimmte das Team, dass sich der Planet etwa 40 Mal näher an seinem Stern befindet als Merkur an der Sonne. Der Stern, den Kepler 78b umkreist, ist wahrscheinlich relativ jung, weil er mehr als doppelt so schnell wie die Sonne rotiert – ein Anzeichen dafür, dass der Stern nicht so viel Zeit hatte, um sich zu verlangsamen. Obwohl er ungefähr die Größe der Erde hat, ist Kepler 78b aufgrund der extremen Nähe zu seinem Zentralstern höchstwahrscheinlich nicht bewohnbar. „Man muss seine Vorstellungskraft wirklich arg strapazieren, um sich auszumalen, auf einer Lava-Welt zu leben“, sagte Winn. „Wir würden dort sicherlich nicht überleben.“

Aber das schließt die Möglichkeit anderer bewohnbarer, kurzperiodischer Planeten nicht vollständig aus. Winns Gruppe sucht jetzt nach Exoplaneten, die Braune Zwerge umkreisen – das sind verhinderte Sterne, die nicht gezündet haben. „Wenn man sich im Orbit um einen Braunen Zwerg befindet, kann man bis auf ein paar Tage herankommen“, sagte Winn. „Bei der richtigen Temperatur wäre er [ein möglicher Exoplanet; Anm. d. Red.] noch bewohnbar.“

Die Co-Autoren der beiden Abhandlungen sind Alan Levine vom MIT, Leslie Rogers vom California Institute of Technology, Michael Kotson von der University of Hawaii, David Latham vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und Lars Buchhave of the University of Copenhagen. Diese Forschungsarbeit wurde durch Fördermittel der NASA unterstützt.

Quelle: http://web.mit.edu/newsoffice/2013/kepler-78b-exoplanet-0819.html

(THK)

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