Cluster zeigt Interaktionen zwischen der Plasmasphäre und den Van-Allen-Gürteln

Diese drei Grafiken zeigen, wie sich die relativen Positionen der äußeren Grenze der Plasmasphäre (die Plasmapause, blau) und der Van-Allen-Gürtel (rot) in Abhängigkeit von den geomagnetischen Bedingungen verändern. (Copyright: ESA - C. Carreau)
Diese drei Grafiken zeigen, wie sich die relativen Positionen der äußeren Grenze der Plasmasphäre (die Plasmapause, blau) und der Van-Allen-Gürtel (rot) in Abhängigkeit von den geomagnetischen Bedingungen verändern. (Copyright: ESA - C. Carreau)

Der erdnahe Weltraum ist mit geladenen Teilchen – Elektronen und Ionen – angefüllt, welche die als Plasmasphäre und Van-Allen-Strahlungsgürtel bezeichneten Regionen einnehmen. In den vergangenen zehn Jahren haben die vier identischen Satelliten der Cluster-Mission der ESA zahlreiche Untersuchungen dieser Regionen durchgeführt. Eine neue Abhandlung hat erstaunliche Zusammenhänge zwischen diesen überlagerten Regionen offenbart.

Die unsichtbare Blase, die von dem Erdmagnetfeld – der Magnetosphäre – erzeugt wird, wird seit mehr als einem halben Jahrhundert von Weltraum-Missionen untersucht. Einer der ersten wissenschaftlichen Durchbrüche, die von einem Raumfahrzeug gemacht wurden, war die Entdeckung der irdischen Strahlungsgürtel im Jahr 1958. Zwei konzentrische, reifenförmige Gürtel aus hochenergetischen (0,1-10 Megaelektronenvolt) Elektronen und Protonen, die in dem Magnetfeld gefangen sind und die Erde umkreisen, wurden durch ein Experiment des Satelliten Explorer 1 nachgewiesen. Sie wurden nach dem leitenden Wissenschaftler des Instruments benannt, James Van Allen.

Der innere Van-Allen-Gürtel befindet sich typischerweise zwischen 6.000 und 12.000 Kilometer (1-2 Erdradien) über der Erdoberfläche, wobei er über dem Südatlantik deutlich abfällt. Der äußere Strahlungsgürtel liegt in Höhen von etwa 25.000 bis 45.000 Kilometern (4-7 Erdradien). Dieser Gürtel ist viel dynamischer als der innere, weil er unmittelbar durch solare Ausbrüche beeinflusst wird, die sich auf die Magnetosphäre auswirken. Dabei kann seine Dichte um mehrere Größenordnungen variieren. Beide Gürtel sind durch eine leere „Spalt“-Region voneinander getrennt. Ein temporärer dritter Gürtel zwischen dieser „Spalt“-Region und dem äußeren Hauptgürtel wurde in diesem Jahr von den Van Allen Probes der NASA nachgewiesen.

Die Van-Allen-Strahlungsgürtel überlagern sich teilweise mit der Plasmasphäre, einer donutförmigen Region aus energiearmen, geladenen Teilchen (Plasma genannt), die zusammen mit der Erde rotiert. Das kalte Plasma in der Plasmasphäre spielt eine entscheidende Rolle dabei, die Dynamiken der irdischen Strahlungsgürtel zu regulieren. Das tut es, indem es die Zunahme und die Verteilung von niederfrequenten Längstwellen (Very Low Frequency, VLF) im Radiobereich bestimmt, welche für die Speisung der Van-Allen-Strahlungsgürtel und den Teilchenverlust in den Gürteln mittels Welle-Teilchen-Interaktionen verantwortlich sind.

Die beiden einander überlagernden Regionen des erdnahen Weltraums wurden von Raumfahrzeugen vielfach auf verschiedene Weisen untersucht. Die Art der Instrumente und die Umlaufbahnen der Satelliten behinderten jedoch die Ansätze zur Identifizierung und Erklärung dessen, wie die Regionen miteinander wechselwirken. Der Zusammenhang zwischen der Plasmasphäre und den Grenzen der Strahlungsgürtel wird weiterhin erforscht und Vieles muss noch aufgedeckt werden.

Einen wichtigen neuen Beitrag hat ein internationales Team aus Physikern unter Leitung von Fabien Darrouzet geleistet, einem Wissenschaftler vom Belgian Institute for Space Astronomy in Brüssel (Belgien). Die Abhandlung der Forscher wurde im Journal of Geophysical Research veröffentlicht und basiert auf Daten, die einer der vier Cluster-Satelliten zurückgeschickt hat, welche seit dem Jahr 2000 im Formationsflug die Erde umkreisen.

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Video-Link: https://youtu.be/51sKwUSFpbo

Diese Animation zeigt, wie die äußere Grenze der Plasmasphäre (die Plasmapause, blau) und die beiden Van-Allen-Strahlungsgürtel (rot) variieren, wenn sich die geomagnetischen Bedingungen verändern. (Copyright: ESA – C. Carreau)

Zwischen dem 1. April 2007 und dem 31. März 2009 drang die Cluster-Formation tief in die Plasmasphäre und die Strahlungsgürtel ein, wobei der geringste Erdabstand zwei Erdradien betrug. Das Team entschied sich, die seltene Gelegenheit zu nutzen, um mit drei Instrumenten an Bord des Cluster-Satelliten „C3“ Elektronen-Populationen verschiedener Energien in diesen Regionen zu analysieren.

„Wir wollten die Grenzen der beiden Regionen – der Plasmasphäre und der Strahlungsgürtel – mit Instrumenten an Bord desselben Satelliten untersuchen“, erklärte Fabien Darrouzet. „Unter Verwendung von drei unterschiedlichen Instrumenten an Bord eines einzigen Cluster-Satelliten konnten gleichzeitig und am selben Ort sehr präzise, einander ergänzende Daten gesammelt werden.“

Die Positionen der Grenzen des äußeren Strahlungsgürtels wurden durch die Analyse von Hintergrunddaten des CIS-Instruments ermittelt, das empfindlich für Elektronen mit Energien größer als zwei Megaelektronenvolt ist. Die Position der Plasmapause (dem Rand der Plasmasphäre) wurde mit dem WHISPER-Instrument abgeleitet, das imstande ist, die Elektronendichte innerhalb und außerhalb der Plasmasphäre zu bestimmen. Diese Ergebnisse wurden dann verfeinert, indem sie mit Daten des RAPID-Instruments verglichen wurden. Das RAPID-Instrument bestimmte die Positionen der Grenzen der Strahlungsgürtel durch die Registrierung hochenergetischer Elektronen mit Energien zwischen 244 und 406 Kiloelektronenvolt.

Während der zweijährigen Beobachtungsperiode, die zufälligerweise mit einer Periode geringer Sonnenaktivität und allgemein ruhigen geomagnetischen Bedingungen zusammenfiel, wurden mehrere hundert Datensätze gesammelt. Die Analyse der Cluster-C3-Beobachtungen zeigte eine stärkere Veränderlichkeit bei der Position des äußeren Plasmasphärenrandes (der Plasmapause) als bei der Position der am weitesten entfernten Grenze des äußeren Strahlungsgürtels.

Über lange Zeitspannen, wenn die geomagnetische Aktivität gering war, befand sich die Plasmapause in der Nähe des am weitesten entfernten Bereichs des äußeren Gürtels (typischerweise etwa sechs Erdradien entfernt), aber manchmal dehnte sie sich bis zu acht Erdradien und darüber hinaus aus. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu vorherigen Studien, die auf Beobachtungen von anderen Satelliten fußten und die auf eine Übereinstimmung zwischen der Position der inneren Grenze des äußeren Gürtels und der Position der Plasmapause hindeuteten. Während der gelegentlichen Perioden höherer geomagnetischer Aktivität gab es jedoch Hinweise auf ein anderes Verhalten: Dann bewegte sich die Plasmapause näher an die innere Grenze des äußeren Strahlungsgürtels (etwa 4,5 Erdradien), als in vorhergehenden Studien beobachtet wurde.

In Perioden mit geringer geomagnetischer Aktivität füllte sich die Plasmasphäre leichter mit Material aus der darunter liegenden Ionosphäre, der höchsten Atmosphärenschicht der Erde. Bei geomagnetischen Stürmen reduzierte sich der Durchmesser der Plasmasphäre jedoch und die Plasmapause bewegte sich näher an die Erde heran. Die Dicke der „Spalt“-Region, welche die beiden Hauptgürtel voneinander trennt, folgte ebenfalls den Veränderungen der geomagnetischen Aktivität. Der Teilchenverlust in die Strahlungsgürtel erhöhte sich, nachdem die Aktivität nachließ und die Plasmasphäre sich ausdehnte, was dazu führte, dass die „Spalt“-Region breiter wurde.

„Nachdem wir die Plasmasphäre und die Strahlungsgürtel während eines solaren Minimums erforscht haben, beabsichtigen wir jetzt, Cluster-Daten zu nutzen, um die Zusammenhänge zwischen den beiden Regionen in Perioden höherer geomagnetischer Aktivität zu untersuchen“, sagte Fabien Darrouzet. „Wir würden auch gern die Wellen-Teilchen-Interaktionen in den beiden Regionen studieren und mehr darüber erfahren, wie sie die Verteilung der Teilchen beeinflussen, wenn das solare Maximum eintritt.“

„Die Anwesenheit der Strahlungsgürtel ist ein Schlüsselfaktor für das Design aller Raumfahrzeuge in niedrigen Erdumlaufbahnen und eine natürliche Gefahr für Astronauten“, kommentierte Philippe Escoubet, ESA-Projektwissenschaftler für Cluster. „Die Dynamiken der Gürtel vorherzusagen, ist eines unserer Hauptziele, aber es kann nur erreicht werden, indem wir die zugrundeliegende Physik verstehen.“

„Die Cluster-Mission bietet die seltene Gelegenheit, verschiedene Regionen der inneren Magnetosphäre mit identischen Sensoren an Bord von mehreren Satelliten zu analysieren“, ergänzte er. „Mit dem Start der Van Allen Probes der NASA im vergangenen Jahr (2012) freuen wir uns auf eine noch produktivere Zeit mit ergänzenden wissenschaftlichen Studien des erdnahen Weltraums.“

Quelle: http://sci.esa.int/cluster/52802-cluster-shows-plasmasphere-interacting-with-van-allen-belts/

(THK)

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