Das Leben einer Sklavin im antiken Pompeji

Ein Teil der antiken Stadt Pompeji, die im Jahr 79 nach Christus durch den Ausbruch des Vesuv zerstört wurde. (Image courtesy of Lauren Hackworth Petersen)
Ein Teil der antiken Stadt Pompeji, die im Jahr 79 nach Christus durch den Ausbruch des Vesuv zerstört wurde. (Image courtesy of Lauren Hackworth Petersen)

Ihr Name war Amica, und ihr Name und ihr Fußabdruck sind in einer Terrakotta-Kachel eingeprägt, die zu einem antiken Römischen Tempel gehört. Diese signierte Kachel ist ein seltener Fund, denn Amica war eine römische Sklavin und ihr Fußabdruck überdauerte bis heute. Laut Lauren Hackworth Petersen von der University of Delaware (UD) bleiben die Sklaven in der gut erhaltenen Stadt Pompeji auch heute noch überwiegend unsichtbar in der Stadtgeschichte.

Petersen, außerordentliche Professorin für Kunstgeschichte an der UD, erforscht neue Ansätze, die auf Literatur, Gesetzen, Kunst und weiteren Sachbeweisen fundieren, um das Leben der Sklaven in Pompeji aus dem Schatten zu holen. Diese Forschung ist Teil eines in Kürze erscheinenden Buches, welches sie zusammen mit Sandra Joshel, Professorin für Geschichte an der University of Washington, verfasst hat.

Während ihrer Antrittsrede für die Graduate Student Lecture Series am Department of History der UD am 11. September 2013 sprach Petersen von zahllosen Stunden, die sie in Pompeji damit verbracht hatte, “in der glühenden Sonne des Sommers, im Regen und in den heulenden Winden im Winter” die Steinstraßen und schmalen Gehwege abzugehen und sich vorzustellen, wo sich die Sklaven der Stadt während ihrer täglichen Arbeiten fortbewegt hatten.

Wer waren diese Sklaven? Römische Sklavenhalter bekamen sie von vielen verschiedenen Orten. Einige waren Griechen, manche Afrikaner, andere wiederum wurden extra im Land für ihre Rolle “gezüchtet”, so Petersen.

Der Vesuv begrub Pompeji im Jahr 79 nach Christus unter einer ätzenden Lawine aus heißen Dämpfen, vulkanischer Asche und Gestein. Kurz vor ihrer Zerstörung wurde die Bevölkerung der Stadt auf ungefähr 20.000 geschätzt. Auch wenn niemand genau weiß, wie viele Sklaven sich in der Stadt aufhielten, so hatte der typische römische Haushalt im Schnitt fünf bis sieben Sklaven, so Petersen, wobei die größeren Häuser, wie zum Beispiel das beeindruckende Haus des Menander, welches beinahe die Größe eines ganzen Blocks besaß, natürlich viel mehr Sklaven hielten.

Indem sie einen Stadtplan von Pompeji mit detaillierten Zeichnungen der antiken Straßen und Gebäude verwendete, hob Petersen die Haupteingänge der Häuser hervor, die im Fokus der Türwächter im Inneren gestanden hätten, sowie die Nebentüren und weitere “Orte einer Hintertüren-Kultur”, wo sich die Sklaven eines Haushaltes am wahrscheinlichsten bewegt hätten.

Sklaven stahlen sich vielleicht wertvolle Zeit außer Sicht ihres Besitzers (und diverser Sklavenaufpasser), um Wasser an einem der öffentlichen Brunnen zu holen, kurz in einer Taverne, einer Bäckerei oder einer Garküche zu verschwinden, sich auf einer Steinbank im Schatten eines einige Straßen entfernten Hauses auszuruhen oder in einem der Gärten im Süden der Stadt herum zu schlendern. Indem er das tat, “konnte ein Sklave noch anonymer und selbst auf hoch frequentierten Straßen unsichtbar werden”, sagte Petersen.

Diese engen, zweispurigen Steinstraßen wären laut und übelriechend gewesen, voll mit Eselskarren, menschlichen Abwässern und Tierkot, auf denen die Sklaven die reiche Elite in Sänften oberhalb des Mobs getragen hätten.

Römische Sklaven im antiken Pompeji holten Wasser aus öffentlichen Brunnen wie dem Merkurbrunnen. Im Jahr 79 nach Christus begrub der nahe Vulkan Vesuv die Stadt unter einer Ascheschicht. Die Ausgrabungen begannen im Jahr 1748. Heute ist die Stadt ein Weltkulturerbe. (Image courtesy of Lauren Hackworth Petersen)
Römische Sklaven im antiken Pompeji holten Wasser aus öffentlichen Brunnen wie dem Merkurbrunnen. Im Jahr 79 nach Christus begrub der nahe Vulkan Vesuv die Stadt unter einer Ascheschicht. Die Ausgrabungen begannen im Jahr 1748. Heute ist die Stadt ein Weltkulturerbe. (Image courtesy of Lauren Hackworth Petersen)

Überraschenderweise, so Petersen, seien die Sklaven nicht sofort aufgrund ihrer Kleidung als solche identifizierbar gewesen. Die einfache Tunika war das Kleidungsstück ihrer Wahl, das sowohl von Sklaven, als auch von ihren Besitzern getragen wurde. Lediglich die Toga war für römische Bürger reserviert, jedoch trugen viele diese nicht, so Petersen, weil die große Länge des Stoffes unhandlich und schwer sauber zu halten war.

Urin, der wegen seines hohen Ammoniakgehaltes als Waschmittel verwendet wurde, wurde in Krügen gesammelt und zu Walken gebracht, wo die Bekleidung gewaschen wurde. Sklaven, die in den Walken arbeiteten, standen in kleinen Bottichen, die mit Urin, Wasser und schmutziger Kleidung gefüllt waren und stampften darin herum, um die Wäsche zu waschen.

In Literatur und Gesetzgebung sind die Sklaven etwas sichtbarer, so Petersen, weil Sklaven als Besitz angesehen wurden, und wenn sie zum Beispiel von einem durchgehenden Eselskarren oder von einem aus einem der oberen Fenster gefallenen Topf beschädigt wurden, musste vom Verursacher eine finanzielle Wiedergutmachung geleistet werden.

Obwohl einige Sklaven fliehen konnte, führten umfangreiche Methoden, um Flüchtige zu entdecken, zum erneuten Einfangen vieler. Petersen erzählte, dass die grausigen Überreste von in Ketten gelegten Sklaven, die vor dem Ausbruch des Vesuvs nicht fliehen konnten, Jahrhunderte später bei Ausgrabungen in einem der Sklavengefängnisse der Stadt gefunden wurden.

Petersen nennt die rekonstruktive Arbeit in Pompeji einen Startpunkt dafür, um über Orte im Zusammenhang nachzudenken. “Wir lernen, das zu sehen, was wir uns zuvor antrainiert haben, nicht zu sehen”, sagte Petersen. “Wir betrachten die Welt durch die Augen der Sklaven und nicht mehr nur durch die Augen der Bürgerelite, die die Straßen kontrollierte.”

Petersen ist seit dem Jahr 2000 Professorin an der UD. Sie ist spezialisiert auf antike Römische Kunst und Architektur und betrieb ebenfalls ausführliche Forschung in Griechischer und Etruskischer Kunst und assistierte bei Ausgrabungen der Etruskisch-Römischen Siedlung im italienischen Cetamura del Chianti.

Quelle: http://www.udel.edu/udaily/2014/sep/ancient-pompeii-slaves-091813.html

(SOM)

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