“Diamant-Supererde” 55 Cancri e ist möglicherweise nicht ganz so kostbar

Der Exoplanet 55 Cancri e, eine sogenannte Supererde, wurde für den ersten Exoplaneten gehalten, der größtenteils aus Diamant besteht. Der Grund dafür war das hohe Kohlenstoff-Sauerstoff-Verhältnis seines Zentralsterns. (Illustration: Haven Giguere / Yale University)
Der Exoplanet 55 Cancri e, eine sogenannte Supererde, wurde für den ersten Exoplaneten gehalten, der größtenteils aus Diamant besteht. Der Grund dafür war das hohe Kohlenstoff-Sauerstoff-Verhältnis seines Zentralsterns. (Illustration: Haven Giguere / Yale University)

Ein 40 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernter Planet, von dem man annahm, er sei der erste Planet, der größtenteils aus Diamant besteht, könnte möglicherweise von weniger exquisiter Natur sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Forschungsarbeit unter Leitung der Astronomie-Doktorandin Johanna Teske von der University of Arizona.

Teskes Team betrachtete die öffentlichen Daten vorheriger Teleskop-Beobachtungen erneut und konnte die verfügbaren Daten genauer analysieren. Die Forscher schlussfolgerten, dass in dem Zentralstern des Planeten Kohlenstoff (das chemische Element, aus dem Diamanten bestehen) im Verhältnis zu Sauerstoff weniger häufig vorkommt, als in einer 2010 veröffentlichten Studie über den Stern berichtet worden war. Das könnte auch für den Planeten gelten.

“Die Studie von 2010 ergab, dass 55 Cancri, ein Stern mit fünf Planeten, ein Kohlenstoff-Sauerstoff-Verhältnis größer als Eins besitzt”, sagte Teske. “Diese Beobachtung half uns, im vergangenen Jahr eine Abhandlung über den innersten Planeten des Systems anzuregen, die ‘Supererde’ 55 Cancri e. Mit Beobachtungen der Planetenmasse und des Planetenradius wurden Modelle seines inneren Aufbaus erstellt, die dasselbe Kohlenstoff-Sauerstoff-Verhältnis wie das des Sterns andeuteten. Die Studie von 2012 sprach dafür, dass der Planet mehr Kohlenstoff als Sauerstoff enthält.”

“Unsere Analyse lässt das jedoch weniger wahrscheinlich werden, weil der Zentralstern nicht so kohlenstoffreich erscheint wie bislang gedacht”, sagte Teske. Beobachtungen aus dem Jahr 2010 und Simulationen über den inneren Aufbau eines Planeten basierend auf Daten wie Radius, Masse und Umlaufgeschwindigkeit hatten ein Kohlenstoff-Sauerstoff-Verhältnis größer als Eins ergeben. Mit anderen Worten: Eine fremde Welt, die auf Kohlenstoff statt Sauerstoff basiert – im Gegensatz zu den meisten Planeten unseres Sonnensystems, die Erde eingeschlossen.

“Die Sonne besitzt nur etwa halb so viel Kohlenstoff wie Sauerstoff, deswegen ist ein Stern oder ein Planet mit einem höheren Verhältnis dieser Elemente interessant und würde sich von unserem Sonnensystem unterscheiden – das gilt insbesondere für einen Planeten mit mehr Kohlenstoff als Sauerstoff”, erklärte Teske, die dieses Frühjahr ihren Doktortitel vom Department of Astronomy und dem Steward Observatory der University of Arizona bekommt. Von den bisherigen Ergebnissen ausgehend wurde angenommen, dass der “Diamant-Planet” eine Gesteinswelt mit einer Oberfläche aus Graphit ist, die eine dicke Schicht aus Diamant umgibt, nicht Wasser oder Granit wie bei der Erde.

Die neue Forschungsarbeit von Teske und ihren Mitarbeitern wird im Astrophysical Journal veröffentlicht und stellt diese Schlussfolgerung in Frage. Sie macht es weniger wahrscheinlich, dass eine hypothetische Raumsonde etwas Funkelndes aus dem Innern des Planeten zutage fördern würde. Teskes Gruppe stellte fest, dass der Zentralstern des Planeten fast 25 Prozent mehr Sauerstoff als Kohlenstoff aufweist; das liegt etwa in der Mitte zwischen dem Verhältnis der Sonne und dem, was die vorherigen Studien besagten.

“In der Theorie könnte 55 Cancri e immer noch ein hohes Kohlenstoff-Sauerstoff-Verhältnis haben und ein Diamant-Planet sein, aber der Zentralstern besitzt kein so hohes Verhältnis”, sagte Teske. “Was die beiden Informationsbausteine betrifft, die für die erste ‘Diamant-Planet’-Vermutung verwendet wurden (die Messungen des Exoplaneten und die Messungen des Sterns), bestätigen die Messungen des Sterns dies nicht länger.”

Als sogenannte Supererde mit dem doppelten Erddurchmesser und der achtfachen Erdmasse ist der “Diamant-Planet” mit der offiziellen Bezeichnung 55 Cancri e das kleinste Mitglied eines Systems aus fünf Planeten, das sich im Sternbild Cancer (Krebs) befindet. 55 Cancri e umkreist seinen Zentralstern in so geringer Entfernung, dass ein Jahr lediglich 18 Stunden dauert und seine Oberflächentemperatur mehr als 1.600 Grad Celsius beträgt.

“Bei Gesteinsplaneten wie 55 Cancri e verwenden Forscher Messungen des Planetenradius, seiner Masse und Dichte, sowie physikalische Gleichungen, die die interne Struktur von festen Planeten beschreiben, um mögliche Zusammensetzungen des Planeteninneren zu berechnen”, sagte Teske. “Dieser Planet besteht wahrscheinlich aus Gestein oder besitzt eine große Gesteinskomponente”, sagte sie. “Wir wissen nicht wirklich, ob er eine Atmosphäre hat.”

Weil Astronomen den Aufbau von Sternen und Planeten nicht direkt untersuchen können, stützen sie sich auf indirekte Beobachtungsmethoden wie Absorptionsspektren: Jedes chemische Element absorbiert Licht bei verschiedenen Wellenlängen und zeigt ein charakteristisches Muster, das als Fingerabdruck für das Element herangezogen werden kann. Durch Analyse der Absorptionsspektren von Sternlicht, das die Atmosphäre eines Sterns passiert, ist es möglich abzuleiten, welche Elemente in der Atmosphäre des Sterns vorhanden sind.

“Statt dieselben Absorptionslinien im Spektrum des Zentralsterns zu nutzen wie in den bisherigen Studien über 55 Cancri, schauten wir uns mehr Kohlenstofflinien und mehr Sauerstofflinien an”, sagte Teske. “Wir fanden heraus, dass die einzige Sauerstofflinie, die in der vorherigen Studie analysiert wurde, um den Sauerstoffanteil des Sterns zu bestimmen, anfälliger für Fehler ist, weil dieser spezielle Zentralstern kühler und metallreicher als unsere Sonne ist.”

Teske stützte sich stattdessen auf mehrere andere Indikatoren für die Häufigkeit von Sauerstoff, die zuvor nicht in Betracht gezogen wurden. “Der Durchschnitt all dieser Messungen gibt uns ein vollständigeres Bild von der Sauerstoff-Häufigkeit in dem Stern.” Teske betonte, dass die “Diamant-Planet”-Ergebnisse von der Vermutung abhängen, dass die Zusammensetzung eines Sterns in Beziehung zu der Zusammensetzung seiner Planeten steht. Das ist eine Auffassung, die darauf beruht, dass sich Planeten und ihre Zentralsterne aus dem gleichen Material bilden. Während Astronomen mehr und mehr extrasolare Systeme entdecken, wird eine Einheitsformel für alle jedoch unwahrscheinlicher.

“Wir wissen immer noch nicht, ob unser Sonnensystem im Universum gewöhnlich oder ungewöhnlich ist”, sagte Teske. “Viele der von uns gefundenen Systeme haben Gasriesen, die näher an dem Stern liegen – im Gegensatz zu unserem System, in dem Gesteinsplaneten die inneren Umlaufbahnen dominieren und Gasriesen weiter außen liegen.”

Künstlerische Darstellung des Planetensystems um den Stern 55 Cancri. Rechts im Hintergrund ist das System eines Braunen Zwergs zu sehen, das sich nicht sehr weit entfernt von 55 Cancri befindet. (Illustration: NASA / JPL-Caltech)
Künstlerische Darstellung des Planetensystems um den Stern 55 Cancri. Rechts im Hintergrund ist das System eines Braunen Zwergs zu sehen, das sich nicht sehr weit entfernt von 55 Cancri befindet. (Illustration: NASA / JPL-Caltech)

Angesichts dessen, dass es so viele Prozesse gibt (von denen die meisten noch nicht komplett verstanden sind), die in einer planetenbildenen Scheibe ablaufen und die Zusammensetzung der Planeten beeinflussen könnten, sagte Teske: “An diesem Punkt wäre ich ehrlich überrascht, wenn es eine Eins-zu-Eins-Übereinstimmung gäbe.”

“Die Zusammensetzungen von Planeten und Sternen stimmen nicht immer überein”, sagte sie und erklärte, dass es in einer wirbelnden Gas- und Staubwolke, die einen Stern und Planeten bildet “Taschen geben kann, in denen viel Wasser vorkommt, was eine Anreicherung von Sauerstoff bedeutet. Oder Orte, wo Wasser ausgefroren ist und Kohlenstoffarten als die dominierenden Gasmoleküle zurückließ. Die Planeten, die an solchen Orten in der Scheibe Gas ansammeln, könnten deswegen eher kohlenstoffreich als sauerstoffreich sein.”

Deshalb bleibt den Forschern zufolge Raum für Unsicherheit. “Abhängig davon, wo in der protoplanetaren Scheibe 55 Cancri e entstand, könnte sein Kohlenstoff-Sauerstoff-Verhältnis von dem des Zentralsterns abweichen”, sagte Teske. “Es könnte größer oder kleiner sein. Aber basierend auf dem, was wir zu diesem Zeitpunkt wissen, ist 55 Cancri e mehr wie ein ‘Rohdiamant’.”

An der Studie wirkten folgende Co-Autoren mit: Katia Cunha vom Steward Observatory und dem Observatorio Nacional in Rio de Janeiro (Brasilien), Simon Schuler von der University of Tampa (Florida), Caitlin Griffith vom Lunar and Planetary Laboratory der University of Arizoma und Verne Smith vom National Optical Astronomy Observatory in Tucson. Teske und Griffith wurden durch das Planetary Atmospheres Program der NASA unterstützt.

Quelle: http://uanews.org/story/diamond-super-earth-may-not-be-quite-as-precious-ua-graduate-student-finds

(THK)

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