Fermi gibt neue Einblicke in terrestrische Gammablitze

Schematischer Aufbau eines Gewittersturms. Auf- und Abwinde innerhalb der Gewitterzelle sorgen für eine Ladungstrennung. Positive elektrische Ladung sammelt sich im oberen Teil des Sturms, negative elektrische Ladung im unteren. (NASA / Goddard Space Flight Center)
Schematischer Aufbau eines Gewittersturms. Auf- und Abwinde innerhalb der Gewitterzelle sorgen für eine Ladungstrennung. Positive elektrische Ladung sammelt sich im oberen Teil des Sturms, negative elektrische Ladung im unteren. (NASA / Goddard Space Flight Center)

Jeden Tag produzieren Gewitter auf der ganzen Welt etwa 1.000 schnelle Gammastrahlenausbrüche, welche zu dem energiereichsten Licht gehören, das auf der Erde natürlicherweise vorkommt. Durch die Kombination von aufgezeichneten Ereignissen, die vom Fermi Gamma-ray Space Telescope beobachtet wurden, mit Daten von bodenbasierten Radaranlagen und Blitzdetektoren haben Forscher die bislang umfassendste Analyse der beteiligten Gewittertypen abgeschlossen.

“Bemerkenswerterweise haben wir festgestellt, dass jedes Gewitter Gammastrahlen produzieren kann – sogar jene, die so schwach erscheinen, dass ein Meteorologe sie kein zweites Mal anschauen würde”, sagte Themis Chronis, der die Forschungsarbeit an der University of Alabama in Huntsville (UAH) leitete. Die Ausbrüche, sogenannte terrestrische Gammablitze (terrestrial gamma-ray flashes, TGFs), wurden 1992 vom Compton Gamma-Ray Observatory der NASA entdeckt, das bis zum Jahr 2000 in Betrieb war. Terrestrische Gammablitze sind unvorhersehbar und flüchtig. Sie dauern weniger als eine tausendstel Sekunde und sind noch schlecht verstanden.

Ende 2012 wandten Fermi-Wissenschaftler neue Techniken an, die den Gamma-ray Burst Monitor (GBM) des Satelliten zehnmal empfindlicher für TGFs machten und ihm erlaubten, schwache Ereignisse aufzuzeichnen, die vorher übersehen worden waren. “Als Folge unserer verbesserten Entdeckungsrate konnten wir zeigen, dass die meisten TGFs auch starke Radiowellenausbrüche erzeugen, ähnlich wie sie von Blitzen produziert werden”, sagte Michael Briggs, stellvertretender Direktor des Center for Space Plasma and Aeronomic Research an der UAH und Mitglied des GBM-Teams.

Bisher konnten die Positionen der TGFs nur grob geschätzt werden, basierend auf der Position des Fermi-Satelliten zum Zeitpunkt des Ereignisses. Der GBM kann Blitze im Umkreis von 800 Kilometern registrieren, aber das ist zu ungenau, um einen TGF mit einem bestimmten Gewitter in Zusammenhang zu bringen. Bodengestützte Blitzdetektornetzwerke verwenden Radiodaten, um die Orte von Blitzeinschlägen festzustellen. Die Entdeckung ähnlicher Signale von TGFs bedeutete, dass die Forscher die Netzwerke dafür benutzen konnten, um zu bestimmen, welche Gewitter Gammablitze erzeugen. Das öffnete die Tür zu einem besseren Verständnis der meteorologischen Prozesse, die diesen extremen Ereignissen zugrunde liegen.

Chronis, Briggs und ihre Kollegen sichteten 2.279 TGFs, die vom GBM des Fermi-Satelliten registriert wurden, um eine Stichprobe von fast 900 exakt lokalisierten Ereignissen auszuwählen. Die Daten stammten vom Total Lightning Network des Earth Networks in Germantown (Maryland) und vom World Wide Lightning Location Network, einer Forschungsgemeinschaft, die von der University of Washington in Seattle betrieben wird. Diese Systeme können die Orte von Blitzentladungen und die damit übereinstimmenden TGF-Signale weltweit bis auf zehn Kilometer genau eingrenzen.

Aus dieser Stichprobe identifizierte das Team 24 TGFs, die in Gebieten auftraten, welche vom Next Generation Weather Radar (NEXRAD) in Florida, Louisiana, Texas, Puerto Rico und Guam abgedeckt wurden. Für acht dieser Gewitter erhielten die Wissenschaftler zusätzliche Informationen über die atmosphärischen Bedingungen aus Sensordaten, die vom Department of Atmospheric Science an der University of Wyoming in Laramie gesammelt wurden.

“Insgesamt ist diese Studie unser bisher bester Einblick in TGF-produzierende Gewitterstürme und sie zeigt überzeugend, dass die Stärke der Gewitter nicht der Schlüssel ist”, sagte Chronis, der die Ergebnisse am 17. Dezember 2014 im Rahmen eines Gesprächs auf dem Treffen der American Geophysical Union in San Francisco präsentieren wird. Eine Abhandlung, die die Forschungsarbeit beschreibt, wurde an das Bulletin of the American Meteorological Society geschickt.

Wissenschaftler vermuten, dass TGFs durch starke elektrische Felder nahe den oberen Bereichen von Gewitterstürmen entstehen. Auf- und Abwinde in den Gewitterstürmen zwingen Regen-, Schnee- und Eisteilchen zu Kollisionen, wobei sie elektrische Ladung aufnehmen. Normalerweise sammelt sich positive elektrische Ladung im oberen Teil des Sturms, und negative elektrische Ladung sammelt sich unten an. Wenn das elektrische Feld des Sturms so stark wird, dass es die isolierenden Eigenschaften der Luft zerstört, dann tritt eine Blitzentladung auf.

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Video-Link: https://youtu.be/e2XyQtAgwLI

Videobeitrag über die neuen Erkenntnisse zu terrestrischen Gammablitzen. (NASA / Goddard Space Flight Center / T. Chronis and M. Briggs, UAH)

Unter den richtigen Bedingungen unterbricht der obere Teil eines Wolkenblitzes das elektrische Feld des Sturms auf solche Weise, dass eine Welle aus Elektronen mit hoher Geschwindigkeit nach oben steigt. Wenn diese schnell bewegenden Elektronen auf Luftmoleküle prallen, emittieren sie Gammastrahlen und erzeugen einen TGF. Etwa 75 Prozent der Blitze bleiben innerhalb des Sturms und für jeden TGF, den Fermi registriert, treten rund 2.000 dieser Wolkenblitzendladungen auf.

Die neue Studie bestätigt vorherige Ergebnisse, die darauf hinweisen, dass TGFs dazu neigen, in der Nähe der höchsten Bereiche eines Gewittersturms aufzutreten, etwa zwischen elf und 14 Kilometern Höhe. “Wir vermuten, dass dies nicht die ganze Geschichte ist”, erklärte Briggs. “Blitze finden oft in geringeren Höhen statt und für TGFs gilt das möglicherweise auch, aber der längere Weg durch die Luft schwächt die Gammastrahlen so sehr ab, dass der GBM sie nicht registrieren kann. Ausgehend von aktuellen Fermi-Statistiken schätzen die Forscher, dass jeden Tag circa 1.100 TGFs auftreten. Aber die Anzahl könnte viel höher sein, falls Gammablitze in geringer Höhe übersehen werden.

Obwohl es noch zu früh ist, um Rückschlüsse zu ziehen, betonte Chronis, dass es ein paar Anhaltspunkte dafür gebe, dass Gammablitze möglicherweise Gewittergebiete bevorzugen, in denen sich die Aufwinde abgeschwächt haben und der sich entwickelnde Sturm weniger geordnet ist. “Ein Teil unserer aktuellen Forschungsarbeit ist es, diese Stürme mit dem NEXRAD-Radar zu verfolgen, um festzustellen, ob wir TGFs mit dem Lebenskreislauf des Gewitters in Verbindung bringen können”, sagte er.

Quelle: http://www.nasa.gov/content/goddard/nasas-fermi-mission-brings-deeper-focus-to-thunderstorm-gamma-rays/index.html

(THK)

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