Astro-Bild der Woche: Der Carinanebel in Infrarot

Infrarotmosaik des Carinanebels vom Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO). (ESO / T. Preibisch)
Infrarotmosaik des Carinanebels vom Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO). (ESO / T. Preibisch)

Der Carinanebel, hier aufgenommen vom Very Large Telescope (VLT), ist eine der größten Sternentstehungsregionen in unserer Milchstraßen-Galaxie. Er liegt ungefähr 7.500 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt in Richtung des namensgebenden Sternbildes Carina (Kiel des Schiffs). Sein Durchmesser beträgt mindestens 200 Lichtjahre – das entspricht fast der 50-fachen Distanz zu unserem nächstgelegenen Fixsternsystem Alpha Centauri. Am Himmel der südlichen Hemisphäre erscheint er wegen seiner Größe sogar ausgedehnter und heller als der viel bekanntere Orionnebel.

Damit bietet er bereits in normalen sichtbaren Wellenlängen einen atemberaubenden Anblick in Ferngläsern oder (kleinen) Amateurteleskopen. Professionelle Großteleskope auf der Erdoberfläche und im Weltraum übertreffen diesen Eindruck natürlich noch. Doch so schön der Carinanebel in optischen Wellenlängen auch sein mag, viele der interessanten Objekte in ihm verbergen sich hinter dichten Staubwolken und können mit herkömmlichen optischen Instrumenten nicht beobachtet werden. Leider sind es oft ausgerechnet die Objekte, die den Wissenschaftlern viel über die dort ablaufenden Sternentstehungsprozesse verraten könnten.

Um an diese wichtigen Informationen zu gelangen, bedienen sich die Astronomen einer besonderen Eigenschaft von elektromagnetischer Strahlung (zu der auch Licht gehört): Mit zunehmender Wellenlänge fällt es der Strahlung leichter, die dichten Staubwolken zu durchdringen. Infrarotes Licht besitzt größere Wellenlängen als sichtbares Licht und ist im Volksmund auch als Wärmestrahlung bekannt. Es durchdringt die Staubwolken und gibt den Astronomen die Möglichkeit, die Objekte dahinter zu untersuchen.

Das Bild ist ein Mosaik aus mehreren hundert Einzelbildern, die mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in der chilenischen Atacama-Wüste aufgenommen wurden. Dabei wurde die HAWK-I-Kamera eingesetzt, kombiniert mit Filtern für infrarote Wellenlängen von 1,25 Mikrometern, 1,65 Mikrometern und 2,2 Mikrometern. Es ist die detaillierteste Infrarotansicht, die bislang vom Carinanebel angefertigt wurde (vergleiche auch die am Ende des Artikels verlinkte große Bildversion).

Man erkennt chaotische Strukturen aus Gas und Staub. Der Carinanebel (NGC 3372) ist eine sogenannte H-II-Region und enthält riesige Mengen atomaren Wasserstoffs. Die energiereiche, ultraviolette Strahlung der zahlreichen jungen und heißen Sterne ionisiert die umgebenden Gaswolken und regt sie zum Leuchten an. Massereiche Sterne dieses Typs haben – verglichen mit kleineren Sternen wie unserer Sonne – nur eine sehr kurze Lebensdauer von wenigen Millionen Jahren. Haben sie ihren Brennstoff aufgebraucht, können sie als Supernova explodieren, wodurch sie einerseits große Mengen schwerer Elemente in den interstellaren Weltraum schleudern und andererseits gewaltige Schockwellen erzeugen. Die in ihnen produzierten schweren Elemente werden von den nachfolgenden Sterngenerationen sozusagen recycled. Gleichzeitig können die Schockwellen die Entstehung neuer Sterne auslösen, indem sie lokale Gaswolken destabilisieren und zum Kollabieren bringen.

Ein besonders aussichtsreicher Kandidat für ein solches Supernova-Ereignis ist das Doppelsternsystem Eta Carinae. Es leuchtet rund fünf Millionen Mal so hell wie unsere Sonne und ist als auffallend heller Fleck unten links zu sehen. Dieses Doppelsternsystem gehört zu den massereichsten und dynamischsten in unserer Milchstraßen-Galaxie, und es gibt den Astronomen noch viele Rätsel auf. Die detaillierten Beobachtungen über das komplette elektromagnetische Spektrum hinweg helfen dabei, die Dynamik dieses komplex wechselwirkenden Sternsystems zu beschreiben und die gängigen Theorien zur Entwicklung massereicher Sternsysteme anzupassen.

Eine größere Version der Aufnahme (108MB) gibt es unter:
http://www.eso.org/public/archives/images/large/eso1208a.jpg

Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 1: ALMA und die Milchstraße
Bild 2: 340 Mio. Pixel Ansicht der zentralen Milchstraße
Bild 4: Der Braune Zwerg 2M1207 und sein Exoplanet 2M1207b

(THK)

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