Rasche Blasenbildung in Magma kann plötzliche Vulkaneruptionen auslösen

Die Phlegräischen Felder inklusive Beschriftungen markanter Merkmale auf der Oberfläche, aufgenommen von Bord der Internationalen Raumstation ISS. (NASA)
Die Phlegräischen Felder inklusive Beschriftungen markanter Merkmale auf der Oberfläche, aufgenommen von Bord der Internationalen Raumstation ISS. (NASA)

Seit langer Zeit beobachtet man, dass manche Vulkane mit geringer Vorwarnzeit ausbrechen. Jetzt stellen Wissenschaftler eine Erklärung für diese plötzlichen Eruptionen vor, die die Art und Weise verändern könnte, wie Beobachter aktive oder ruhende Vulkane überwachen.

Bisher nahm man an, dass Eruptionen durch den Aufbau von Druck ausgelöst werden, hervorgerufen durch die langsame Ansammlung von blasenreichem, gasgesättigten Magma unter den Vulkanen im Laufe von zum Teil hunderten Jahren. Aber eine neue Forschungsarbeit zeigt, dass einige Eruptionen innerhalb von Tagen oder Monaten ausgelöst werden. Der Grund ist die rasche Bildung von Gasblasen in Magmakammern sehr spät in deren Entwicklungsgeschichte. (Anm. d. Red.: Das geschieht in diesem Modell bei niedrigen Temperaturen – darin unterscheidet es sich von den gängigen Modellen.)

Das Forschungsteam von der Oxford University und der Durham University in Großbritannien, sowie dem Vesuvius Volcano Observatory in Italien nutzte die Phlegräischen Felder im Süden Italiens als Fallstudie. Die Wissenschaftler demonstrierten an dem Vulkansystem erstmals dieses Phänomen und liefern einen Mechanismus, um die steigende Anzahl der beobachteten Eruptionen zu erklären, die mit geringer oder gar keiner Vorwarnzeit stattfanden. Die Studie wurde im Journal Nature Geosciences veröffentlicht.

Der Hauptautor Mike Stock vom Department of Earth Sciences an der University of Oxford sagte: “Wir haben erstmals gezeigt, dass Prozesse, die sehr spät in der Entwicklung von Magmakammern stattfinden, innerhalb nur weniger Tage oder Monate Eruptionen auslösen können. Das hat bedeutende Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir aktive und ruhende Vulkane überwachen. Es deutet darauf hin, dass die Signale, die wir früher als Hinweise auf Aktivitäten vor einer Eruption interpretierten (zum Beispiel seismische Aktivität oder Bodendeformationen), tatsächlich die Ausweitung einer Ruheperiode zwischen den Ausbrüchen darstellen könnten.

“Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass eine Veränderung der Zusammensetzung der an der Oberfläche ausgestoßenen Gase ein besseres Anzeichen für eine bevorstehende Eruption sein könnte als die seismische Aktivität und die Bodendeformation. Wenn das Magma Blasen bildet, sollte sich die Gaszusammensetzung an der Oberfläche verändern, was möglicherweise ein Vorwarnzeichen darstellt”, ergänzte Stock. Die Forscher analysierten winzige Mineralkristalle namens Apatit, die während einer alten Eruption der Phlegräischen Felder ausgeworfen wurden. Dieses Vulkansystem eruptierte das letzte Mal im Jahr 1538, hat aber in jüngerer Zeit Anzeichen für Ruhelosigkeit gezeigt.

Durch die Analyse der Zusammensetzung von Kristallen, die zu unterschiedlichen Zeiten während der Entwicklung des Magmakörpers eingeschlossen wurden, war das Team in der Lage zu zeigen, dass das zuletzt eruptierte Magma die meiste Zeit in einem blasenfreien Zustand verbrachte und erst sehr kurz vor der Eruption mit Gas gesättigt wurde. Die Apatitkristalle dienten dabei gewissermaßen als “Zeitkapseln”. Unter diesen Bedingungen des langsamen Magmakammerwachstums könnten die registrierten Erdbeben und Bodendeformationen an der Oberfläche vielleicht keine Anzeichen für die bevorstehende Eruption sein, sondern stattdessen einfach die Ankunft neuen Magmas in der Tiefe anzeigen.

Professor David Pyle vom Department of Earth Sciences an der University of Oxford, ein Co-Autor der Abhandlung, sagte: “Jetzt, da wir demonstriert haben, dass dieser Ansatz bei einem bestimmten Vulkan funktionieren kann, und mit Apatit als Mineral, das in vielen Vulkansystemen vorkommt, kann Interesse an anderen Vulkanen geweckt werden, um zu sehen, ob es dort ein ähnliches Muster gibt. Diese Forschungsarbeit wird uns auch helfen, unsere Vorstellungen dessen zu verfeinern, was wir in unseren Vulkanen messen möchten und wie wir Signale aus traditionellen Langzeitbeobachtungen interpretieren.”

Das Vulkansystem der Phlegräischen Felder hat eine schillernde Vergangenheit. Die Römer dachten, dass ein Gebiet namens Solfatara (wo Gas aus dem Boden entweicht) die Heimat von Vulcan, dem Gott des Feuers ist. Zwischenzeitlich wurde einer der Krater des Systems, Lago Avernus, in der alten Mythologie als der Eingang zum Hades angesehen.

Darüber hinaus sind die Phlegräischen Felder seit langer Zeit ein Ort von geologischem Interesse. In Charles Lyells Principles of Geology von 1830 identifizierte er die Grabgänge mariner Fossilien auf dem Dach des Macellum of Pozzuoli (einem altrömischen Marktgebäude). Daraus schloss er, dass sich der Boden um Neapel in geologischen Zeitspannen anhebt und absenkt.

Die Abhandlung “Late-stage volatile saturation as a potential trigger for explosive volcanic eruptions” wurde im Journal Nature Geosciences veröffentlicht.

Quelle: http://www.ox.ac.uk/news/2016-02-01-rapid-formation-bubbles-magma-may-trigger-sudden-volcanic-eruptions

(THK)

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