Astronomen entdecken ferne Radiogalaxien durch den Gravitationslinseneffekt

Hubble-Aufnahme von fernen, hellen Radiogalaxien, deren Strahlung von einem sehr großen Galaxienhaufen im Vordergrund gebündelt wird. Die roten Konturen zeigen die Radioemissionen der Galaxien. (NASA HST, and van Weeren et al.)
Hubble-Aufnahme von fernen, hellen Radiogalaxien, deren Strahlung von einem sehr großen Galaxienhaufen im Vordergrund gebündelt wird. Die roten Konturen zeigen die Radioemissionen der Galaxien. (NASA HST, and van Weeren et al.)

Ein lichtbeugender Galaxienhaufen ist eine Ansammlung hunderter oder sogar tausender gravitativ gebundener Galaxien, deren Masse wie eine Gravitationslinse agiert, um das Licht von weiter entfernten Objekten zu sammeln und umzulenken. Solche Galaxienhaufen sind exzellente Ziele für astronomische Forschungen über das frühe Universum, weil sie die schwache Strahlung weiter entfernter Galaxien hinter ihnen bündeln. Auf diese Weise können die fernen Objekte mit unseren Teleskopen beobachtet werden.

Die meisten Suchprogramme für Galaxien, die auf diese Weise gebündelt wurden, hat man bisher in optischen, nahinfraroten oder submillimeter Wellenlängen durchgeführt. Letztere waren bei der Identifizierung heller, staubhaltiger Galaxien aus früheren kosmischen Zeitaltern erfolgreich. In ihnen fanden Wellen intensiver Sternentstehungsprozesse statt, die in den Zeitaltern häufiger stattfanden.

Röntgenastronomen untersuchen die gewaltigen Jets und hochenergetischen Teilchen um supermassive Schwarze Löcher in den Kernen von aktiven Galaxien. Röntgenstrahlen werden auch in Galaxien beobachtet, die von Sternentstehungsprozessen dominiert werden, aber hier sind sie viel schwächer als jene, die in aktiven galaktischen Kernen gesehen werden. Daher sind sie schwerer zu untersuchen, wenn diese Galaxien in kosmologischen Entfernungen liegen.

Sogar in Gravitationslinsendurchmusterungen kann das Auffinden ferner Exemplare eine Herausforderung sein, und wenn die Sternentstehungsaktivität moderat ist, geht man nicht davon aus, dass sie sich auch in infraroten Gravitationslinsendurchmusterungen zeigen. Aber in galaktischen Kernen emittieren die schnellen Teilchen, die im Röntgenbereich strahlen, auch Radiowellenlängen. Eine Suche nach gebündelten Radioemissionen ist daher eine Möglichkeit, um ferne, schwache Galaxien und ihre zentralen Schwarzen Löcher zu erforschen.

Die Astronomen Reinout van Weeren, G. Ogrean, Christine Jones, Bill Forman, Felipe Andrade-Santos, E. Bulbul, Lawrence David, Ralph Kraft, Steve Murray (verstorben), Paul Nulsen, Scott Randall, and Alexey Vikhlinin vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und ihre Kollegen haben eine Radiodurchmusterung des großen Galaxienhaufens MACS J0717.5+3745 abgeschlossen. Dieser Galaxienhaufen ist einer der größten und komplexesten, welcher der Wissenschaft bekannt ist. Er enthält das Äquivalent von über 10.000 Galaxien mit der Größe der Milchstraßen-Galaxie und ist ungefähr fünf Milliarden Lichtjahre entfernt.

Die Astronomen nutzten das Karl G. Jansky Very Large Array (VLA), um in diesem Galaxienhaufen nach gebündelten Radioquellen zu suchen und entdeckten 51 kompakte Galaxien. Bei sieben Galaxien scheint das Licht durch den Galaxienhaufen um einen Faktor zwischen Zwei und Neun verstärkt zu werden. Die Wissenschaftler schlussfolgern aus den Radioemissionen, dass der Großteil der sieben Galaxien Sterne mit mittleren Raten bildet: etwa 10-50 Sterne pro Jahr. Sie stammen aus einer Zeit etwa drei Milliarden Jahre nach dem Urknall.

Zwei Galaxien wurden vom Chandra X-ray Observatory ebenfalls im Röntgenbereich registriert und enthalten einen aktiven galaktischen Kern – jeder emittiert im Röntgenbereich etwa so viel Licht wie eine Milliarde Sonnen. Die beiden aktiven galaktischen Kerne selbst sind interessant, aber ihre Entdeckung in dieser einen Region spricht dafür, dass auch die galaktischen Kerne in der Frühzeit des Universums häufig vorkamen, so wie helle, sternbildende Galaxien.

Abhandlung: “The Discovery of Lensed Radio and X-ray Sources Behind the Frontier Fields Cluster MACSJ0717.5+3745 with the JVLA and Chandra” von R. J. van Weeren, G. A. Ogrean, C. Jones, W. R. Forman, F. Andrade-Santos, A. Bonafede, M. Brüggen, E. Bulbul, T. E. Clarke, E. Churazov, L. David, W. A. Dawson, M. Donahue, A. Goulding, R. P. Kraft, B. Mason, J. Merten, T. Mroczkowski, S. S. Murray, P. E. J. Nulsen, P. Rosati, E. Roediger, S. W. Randall, J. Sayers, K. Umetsu, A. Vikhlinin und A. Zitrin, ApJ 817, 98, 2016.

Quelle: https://www.cfa.harvard.edu/news/su201608

(THK)

Werbung

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*