Eine neue Distanzmessung des Cirrusnebels

Kompositbild des Cirrusnebels, basierend auf Röntgendaten (blau), Ultraviolettdaten (weiß) und Infrarotdaten (blau und rot) der Weltraumteleskope ROSAT, GALEX und WISE. (Credits: NASA; Fesen et al. 2018)
Kompositbild des Cirrusnebels, basierend auf Röntgendaten (blau), Ultraviolettdaten (weiß) und Infrarotdaten (blau und rot) der Weltraumteleskope ROSAT, GALEX und WISE. (Credits: NASA; Fesen et al. 2018)

Der Cirrusnebel ist ein Supernova-Überrest – die Hinterlassenschaft des explosiven Todes eines massereichen Sterns vor etwa 10.000-20.000 Jahren. Detaillierte Simulationen seiner spektakulären Filamentgestalt sprechen dafür, dass die Explosion innerhalb eines interstellaren Leerraums stattfand, der von dem Vorläuferstern geschaffen wurde. Wie es in der Astronomie häufig passiert, bleiben viele der exakten physikalischen Eigenschaften des Objekts aufgrund der Ungenauigkeit bei seiner Entfernung unsicher.

Jahrzehnte lang nutzten Wissenschaftler einen Wert von 2.500 Lichtjahren, basierend auf Analysen der Gasbewegung von Hubble (1937) und Minkowski (1958). Viele jüngere Entfernungsschätzungen variierten über einen breiten Bereich, der mit diesem Wert im Grunde genommen übereinstimmt, aber der meistzitierte Wert ist eine Messung aus dem Jahr 2005, die einen Wert zwischen 1.500 und 2.100 Lichtjahren angibt.

In den letzten zwei Jahrzehnten haben Astronomen versucht, die Distanzmessung zu präzisieren, indem sie die Entfernungen zu Sternen hinter dem Nebel oder innerhalb des Nebels maßen. Dazu bestimmten sie die Absorptionslinien des Nebels in ihren Spektren, aber die Distanzen zu diesen Sternen selbst sind ebenfalls unsicher. Parallaxenmessungen von einigen der stellaren Entfernungen waren ebenso unzuverlässig. Kürzlich wurden auch Versuche unternommen, um die Distanz mittels der Bewegungen des Gases in dem Nebel direkt zu messen. Die veröffentlichten Schätzungen lassen auf eine Entfernung von weniger 2.600 Lichtjahren schließen und sind konsistent mit dem alten Wert von 2.500 Lichtjahren.

Der Gaia-Satellit hat sehr präzise Messungen von Sternparallaxen gemacht und die neuesten Kataloge wurden jetzt veröffentlicht. Der Astronom John Raymond vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) arbeitete mit vier Kollegen zusammen, um die Gaia-Daten auf das Entfernungsproblem des Cirrusnebels anzuwenden. Dabei betrachteten sie die Absorptionssignaturen des Gases in den zwei Dutzend Sternspektren, wodurch sie bestimmten, ob die Sterne im Vordergrund oder im Hintergrund liegen.

Ihr Ergebnis: 2.420 Lichtjahre bis zum zentralen Teil des Nebels, mit einer Ungenauigkeit von 3,4 Prozent. Sie identifizierten auch einen Stern, dessen Wind mit dem Supernova-Überrest interagiert. Die neue Distanzmessung hat mehrere wichtige Auswirkungen: Es bedeutet, dass die Supernova, die den Cirrusnebel hervorbrachte, weniger Energie hatte als bislang angenommen, möglicherweise bis zu viermal weniger. Das würde der Energiemenge entsprechen, die die heutige Sonne während sechs Milliarden Jahren abstrahlen würde. Es bedeutet auch, dass der Nebel wahrscheinlich eine asphärische Form mit etwa 120 Lichtjahren Durchmesser hat, wobei sich der östliche Teil näher an uns befindet als die westliche Seite.

Abhandlung: “The Cygnus Loop’s distance, properties, and environment driven morphology” von Robert A. Fesen, Kathryn E. Weil, Ignacio A. Cisneros, William P. Blair und John C. Raymond, MNRAS 481, 1786, 2018.

Quelle

(THK)

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