ATLAS veröffentlicht seine TDAQ-Software als Open Source

Ein Bild aus dem CERN Computer Centre. (Credits: CERN Computer Centre (Image: Veronika McQuade / CERN)
Ein Bild aus dem CERN Computer Centre. (Credits: CERN Computer Centre (Image: Veronika McQuade / CERN)

Innerhalb des ATLAS-Experiments am Large Hadron Collider des CERN finden bis zu 40 Millionen Mal pro Sekunde Protonenkollisionen statt. Nur ein Bruchteil der Kollisionsereignisse ist für die Forschung relevant, und der ATLAS-Detektor muss entscheiden, welche Ereignisse für die Analyse gespeichert werden. Diese Entscheidungsfindung wird mit der modernen TDAQ-Software (Trigger and Data Acquisition System) durchgeführt.

TDAQ ist eine zentrale Komponente des Betriebs von ATLAS und besteht aus einer maßgeschneiderten Software, die in Echtzeit Daten aus dem Experiment zieht, verarbeitet und interessante Ereignisse auswählt. Alle anderen werden verworfen. ATLAS hat diese Software jetzt offen unter der Apache-2.0-Lizenz veröffentlicht, was die Modifizierung, die Wiederverwendung und die Nennung als Referenz erlaubt.

“Die komplette TDAQ-Softwaresammlung, eine vielfältige Reihe von Softwarepaketen, die den gesamten Bereich der Datensammlung abdeckt, repräsentiert fast zwei Jahrzehnte Arbeit von etwa 170 Mitgliedern der ATLAS Collaboration”, sagte Wainer Vandelli vom CERN, ein Mitglied des TDAQ-Managementteams. “Insgesamt enthält die Software ungefähr 1,6 Millionen Codezeilen: 72% C/C++, 12% Java, 10% Python und 6% andere.”

Die TDAQ-Software ist eng mit Athena verbunden, der ersten großen Veröffentlichung von Open-Source-Software vom ATLAS-Experiment Ende 2018. Athena ist eine Software, die Kollisionsereignisse verarbeitet. Sie wird von dem Experiment für die Rekonstruktion eines Kollisionsereignisses aus den fragmentierten Daten in jedem Subdetektor genutzt, außerdem für die Detektorsimulation und für andere wichtige Aufgaben, die bei der Datenanalyse erforderlich sind.

“Athena enthält etwa fünf Millionen Codezeilen in C++ und Python und wurde von hunderten Mitarbeitern entwickelt”, sagte Edward Moyse, der ATLAS-Softwarekoordinator von der University of Massachusetts. “Die Veröffentlichung hilft uns, die Collaboration auf Gruppen jenseits der Teilchenphysikforschung auszudehnen. Und sie erlaubt ATLAS-Studenten und Postdoktoranden, ihre Arbeit externen Arbeitgebern zu zeigen, was ihren zukünftigen Karrieren hoffentlich einen Schub gibt. Athena wurde ebenfalls unter der Apache-2.0-Lizenz veröffentlicht, welche von der High-Energy Physics Software Foundation (HSF) empfohlen wird.”

Eines der TDAQ-Pakete hat bereits Interesse von Außenstehenden geweckt. Als Teil des ATLAS Phase-I Upgrades installierten Physiker ein neues Interface zwischen dem Datensammlungssystem und dem Frontend des Experiments sowie dessen Auslöseelektronik. Diese neue Art zum Auslesen der Detektorsignale, bezeichnet als Front-End Link eXchange (FELIX), wird auch von anderen Experimenten in Betracht gezogen.

“Das Deep Underground Neutrino Experiment (DUNE) am Fermilab und das NA62-Experiment am CERN haben beide in FELIX-Hardware investiert und Interesse an der von uns entwickelten Software bekundet”, erklärte Reiner Hauser, DAQ/HLT (High-Level Trigger) Softwarekoordinator von der Michigan State University. “Die DUNE Collaboration zieht außerdem Teile unserer TDAQ-Software für ihr Auslösesystem in Betracht. Das waren große Motivationen für uns, um die Software zu veröffentlichen.”

Die TDAQ-Software war zuvor nur durch begrenzte Zusammenarbeit mit Hochenergiephysikexperimenten oder durch Projekte der Öffentlichkeitsarbeit wie Beamline for Schools oder ISOTDAQ verfügbar. Sie vollständig verfügbar und Open Source vorliegen zu haben, wird neue Arten der Interaktionen mit der Hochenergiephysikgemeinschaft und darüber hinaus erlauben. “Die TDAQ-Software selbst könnte von den Vorschlägen anderer Experimente profitieren, weil sie mit neuen Herausforderungen konfrontiert werden”, bestätigte Vandelli.

Mit der Veröffentlichung der Athena- und der TDAQ-Software befindet sich der Großteil der ATLAS-Software jetzt in der Öffentlichkeit. Nicht nur die aktuellen Versionen sind frei zugänglich, auch zukünftige Versionen werden automatisch öffentlich verfügbar sein.

Quelle

(THK)

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