Astro-Bild der Woche: Der Supernova-Überrest E0102-72 in der Kleinen Magellanschen Wolke

Chandra-Aufnahme des Supernova-Überrests E0102-72. (NASA / CXC / SAO)
Chandra-Aufnahme des Supernova-Überrests E0102-72. (NASA / CXC / SAO)

Auf dem Astro-Bild der Woche ist das Ergebnis einer gigantischen Sternexplosion zu sehen: der Supernova-Überrest mit der etwas kryptisch anmutenden Katalogbezeichnung E0102-72. Er ist ungefähr 190.000 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt; damit befindet er sich außerhalb unserer eigenen Milchstraßen-Galaxie. Seine Heimatgalaxie ist eine nahe Begleitgalaxie, die Kleine Magellansche Wolke, die in Richtung des Sternbildes Tucana (Tukan) zu finden ist. Aufgrund ihrer Position am Himmel über der südlichen Hemisphäre sind die Kleine Magellansche Wolke und ihre größere Nachbarin, die Große Magellansche Wolke, von Mitteleuropa aus nicht beobachtbar.

Der Supernova-Überrest E0102-72 ging aus der Explosion eines sehr massereichen Sterns hervor. Im Gegensatz zu sonnenähnlichen Sternen, die in den letzten Phasen ihres Lebens nach und nach die äußeren Atmosphärenschichten abstoßen, läuft der Tod eines massereichen Sterns deutlich schneller und spektakulärer ab. Wenn die Fusionsprozesse im Zentrum zum Erliegen kommen, stürzt der Kern binnen weniger Millisekunden in sich zusammen, weil die Gravitation ohne den nach außen gerichteten Strahlungsdruck sofort die Oberhand gewinnt. Es entsteht eine gigantische Schockwelle, welche die äußeren Schichten des Stern förmlich zerreißt und wegsprengt.

Im Fall von E0102-72 lag die Explosionsgeschwindigkeit bei über 20 Millionen Kilometern pro Stunde. Durch die Kollision mit umgebendem Gas wurden schließlich zwei Schockwellen erzeugt: Eine lief weiter nach außen, die andere wurde an der dichten gasförmigen Materie reflektiert und lief zurück nach innen, wo sie auf die Materie traf, die bei der Explosion fortkatapultiert wurde.

Die zurücklaufende Schockwelle heizt das Gas auf Temperaturen im Bereich von mehreren Millionen Grad Celsius auf, wodurch es beginnt Röntgenstrahlung zu emittieren. Das Weltraumteleskop Chandra, von dem diese Aufnahme stammt, beobachtet im Röntgenbereich des elektromagnetischen Spektrums und kann unter anderem auch genau diese Röntgenwellenlängen registrieren.

Die Supernova, die zur Entstehung von E0102-72 führte, fand vor schätzungsweise 1.000 Jahren statt (die Lichtlaufzeit aufgrund der Entfernung nicht mit berücksichtigt). Während dieser Zeitspanne expandierte die abgestoßene Materie weiter mit enorm hohen Geschwindigkeiten. Mittlerweile besitzt die gesamte Struktur einen Durchmesser von etwa 40 Lichtjahren – das entspricht fast der zehnfachen Distanz zwischen der Sonne und dem nächstgelegenen Fixsternsystem Alpha Centauri.

Die Chandra-Aufnahmen geben Aufschluss über die komplexen Interaktionen der expandierenden Materie. Ergänzend werden sie mit Aufnahmen kombiniert, die andere Spektralbereiche abdecken, beispielsweise sichtbare Wellenlängen, infrarotes Licht oder Radiowellenlängen. Auf diese Weise kommen die Astrophysiker Stück für Stück ihrem Ziel näher, den Ablauf einer solchen Supernova exakt beschreiben und erklären zu können. Denn obwohl der grobe Ablauf weitgehend verstanden ist, sind noch immer zahlreiche Fragen hinsichtlich der Details offen und können nur durch Beobachtungen beantwortet werden.

Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 1: Der Supernova-Überrest N132D
Bild 3: wird nächste Woche zum Astro-Bild der Woche
Bild 4: Sirius A und B

(THK)

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