In einer Studie, die am 10. April im The Astrophysical Journal veröffentlicht wird, isolieren Wissenschaftler der Interstellar Boundary Explorer (IBEX) Mission – darunter der leitende Autor Nathan Schwadron und andere von der University of New Hampshire – das mysteriöse “Band” aus Energie und Partikeln, die das Raumfahrzeug in der Heliosphäre entdeckt hat. Die Heliosphäre ist die riesige Blase, die unser Sonnensystem umgibt und uns vor galaktischer kosmischer Strahlung schützt.
Die Ergebnisse, die 40 Jahre der Theorie umstürzen, liefern Einsichten in die fundamentale Struktur der Heliosphäre, was wiederum Wissenschaftlern dabei hilft, vergleichbare Strukturen oder “Astrosphären” zu verstehen, die andere Sternensysteme im Universum umgeben.
Das Band aus Energie wurde entdeckt, indem man ultrahoch empfindliche Kameras benutzte, die anstelle von Lichtphotonen energetisch neutrale Atome abbilden, um eine Karte der Grenzregion zwischen unserem Sonnensystem und dem Rest unserer Galaxie anzufertigen.
“Das Band aus den IBEX Karten zu isolieren war wie die Gardinen vor unserem Fenster wegzuziehen, um die Landschaft am Rand des Sonnensystems zu entdecken”, sagte Schwadron, ein Dozent am Institute for the Study of Earth, Oceans and Space und dem Fachbereich für Physik an der University of New Hampshire. Bezugnehmend auf die einzelnen Bilder, welche die IBEX Mission erhalten hatte, sagte der leitende Wissenschaftler des Southwest Research Institute (SwRI), David McComas: “Diese Karten sind wissenschaftlich gesehen sehr detailliert und helfen den Wissenschaftlern dabei zu verstehen, wie unsere Weltraumumgebung von dem galaktischen Medium kontrolliert wird. Sie liefern die ersten Aufnahmen von den Grenzen unseres Sonnensystems, die den Zugang zu potenziell gefährlichen galaktischen kosmischen Strahlen und der anderen Materie des tiefen Weltraums kontrollieren.”
Die energiereichsten galaktischen kosmischen Strahlen durchdringen sogar die starken magnetischen Felder in der Nähe der Erde und kollidieren und interagieren möglicherweise mit der Erdatmosphäre. Die direkten oder indirekten Auswirkungen dieser kosmischen Strahlen auf das System Erde, inklusive unserer Biosphäre, sind nicht gut verstanden und oft sehr kontrovers.
Das IBEX Team verwendet die Karten, um zu lernen, wie die Heliosphäre geformt ist und was ihre physikalischen Eigenschaften sind. Diese detaillierten Informationen über die Grenzen unseres Sonnensystems werden Wissenschaftlern erlauben, den Einfluss kosmischer Strahlen auf unsere Weltraumumgebung besser zu verstehen, was im Gegenzug fundamentale Informationen über die Strahlungsumgebung der Erde und ihren Auswirkungen auf die Entwicklung des Lebens liefern wird.
Die IBEX-Wissenschaftler analysierten Daten aus dem ersten Beobachtungsjahr der Mission und waren in der Lage die unvorhergesehene energetische Bandstruktur zu isolieren, nachdem sie eine effektive Abgrenzungsmethode entwickelt hatten. Das Band scheint sich wie ein Gürtel um die global verteilten Emissionen des Himmels gewickelt zu haben und indem sie es von den Hintergrundemissionen isolierten, können die Forscher jetzt sehen, was sich unter dem Band befindet.
Schwadron sagte: “Es gibt viele Theorien darüber, wie das Band entstanden ist und wir verstehen nicht genau, was wir sehen, aber es sieht danach aus, als ob die Daten uns etwas darüber mitteilen, wie das lokale galaktische Magnetfeld mit der Heliosphäre interagiert.”
Ein weiterer Beweis für diese Interaktion war die Entdeckung einer Emissions-“Schleppe” in der darunterliegenden Grenzlandschaft, die anscheinend in die Richtung des galaktischen Magnetfeldes abgelenkt wird. “Dieses galaktische Magnetfeld könnte ein lang gesuchter Schlüssel für das Verständnis sein, wie die Heliosphäre das Sonnensystem vor galaktischen kosmischen Strahlen schützt”, sagte Schwadron.
In den Karten ist auch die erwartete Struktur einer “Nase” der Heliosphäre zu sehen. Die Nase repräsentiert die Richtung, in die sich das Sonnensystem durch den lokalen Teil der Milchstraße bewegt und Schwadron vergleicht es mit der “Bugwelle vor einem Schiff, die uns zeigt, wie die Bewegung des Sonnensystems durch die Galaxie die Materie des lokalen galaktischen Mediums um unsere Heliosphäre komprimiert und ablenkt.”
Die IBEX Karten unterscheiden sich so radikal von dem, was zuvor von der Mission erwartet worden war, dass die Wissenschaftler sich anstrengen den Informationsreichtum der Karten zu entwirren. Das Team merkt an, dass die Aufzeichnung von Emissionen aus der “Nase” der Heliosphäre einen wichtigen Anhaltspunkt dafür darstellen, wie die globale Heliosphäre von den Interaktionen der Sonne mit dem lokalen galaktischen Medium kontrolliert wird.
McComas sagte: “Vor IBEX glaubten die meisten Wissenschaftler, dass die globalen Grenzen unseres Sonnensystems hauptsächlich durch dessen Bewegung durch die Galaxie und den Sonnenwind – einen extrem schnellen Fluss elektrisch geladener Materie, der von der Sonne ausgeht – kontrolliert werden. Die IBEX Karten enthüllen, dass das galaktische Magnetfeld ebenfalls eine entscheidende Rolle bei den Wechselwirkungen der Sonne mit der Galaxie spielt.”
Die Mission startete am 19. Oktober 2008 und trägt zwei ultrahoch empfindliche Kameras mit wichtigen Komponenten, die an der University of New Hampshire entwickelt und gebaut wurden. Auch das wissenschaftliche Kontrollzentrum der Mission befindet sich an der University of New Hampshire.
Eine Online-Version des Artikels im The Astrophysical Journal kann unter http://iopscience.iop.org/0004-637X/731/1/56 angesehen werden. Co-Autoren der Studie waren der Professer für Physik Eberhard Möbius und Harald Kucharek, ein Dozent am Space Science Center des Institute for the Study of Earth, Oceans and Space.
Quelle: http://www.unh.edu/news/cj_nr/2011/mar/ds30ribbon.cfm
(THK)
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