Vertauschte Rollen: Käferart tötet und frisst Amphibien

E. circumscriptus frisst eine jugendliche B. viridis – Anfangsstadium / Laborexperiment (Gil Wizen, Tel Aviv University)
E. circumscriptus frisst eine jugendliche B. viridis – Anfangsstadium / Laborexperiment (Gil Wizen, Tel Aviv University)

Man braucht ordentlich Mumm, wenn man auf ein lebendes Tier Jagd macht, das viel größer als man selbst ist, doch bestimmte Laufkäfer scheinen ganz wild darauf zu sein. In einem Video, das von Gil Wizen und Avital Gasith von der Tel Aviv University aufgenommen wurde, greift ein Käfer der Gattung Epomis eine Kröte an, lähmt sie und frisst sie dann beinahe vollständig auf. Das Video ist eine seltene Momentaufnahme, wo ein wirbelloses Tier Jagd auf ein Wirbeltier macht, doch diese Insekten sind auf Amphibien spezialisierte Räuber und fressen auch gerne Molche und Salamander.

Hier nun ein kurzer Bericht der beiden Wissenschaftler von ihren ersten Feldstudien:

“Am 26. März 2008 gegen 22 Uhr sahen wir am Berekhat Ya’ar, ungefähr 50 Meter vom Teich entfernt, ein weibliches Exemplar von Epomis dejeani, das sich in den unteren Rücken einer Wechselkröte (Bufo viridis) verbissen hatte und sie über eine kurze Entfernung weg zog (ca. 20 Zentimeter). Wir beobachteten dann über einen Zeitraum von 27 Minuten, wie das Käferweibchen die Kröte auffraß, wobei es am Rücken begann und nur die vorderen und hinteren Gliedmaßen übrig ließ. Ungefähr 250 Meter vom Teich entfernt konnten wir dann ein weiteres Epomis dejeani-Weibchen dabei beobachten, wie es in einer Erdspalte am Boden an einer Bufo viridis fraß. Der Käfer kaute an den Hinterbeinen der Kröte herum. Als wir uns näherten, lief er davon und ließ seine Beute zurück.”

Doch wie schafft es ein Käfer, diese viel größeren Amphibien zu fressen? Dies war Thema von weiterführenden Untersuchungen:

Das Team beobachtete die Käfer im Labor und fand heraus, dass sie sich zunächst in ein Hinterbein ihrer Beute verbeißen, wenn sie eine Kröte angreifen. Dann springt der Käfer auf den Rücken des Beutetieres, hält sich dort fest und trotzt so allen verzweifelten Versuchen der Kröte, ihn abzuschütteln. Nach ungefähr 40 Sekunden gibt die Kröte den Kampf auf und der Käfer begibt sich auf die Bauchseite seines Opfers, wo er sich ungefähr zwei Stunden lang satt frisst. Kleinere Frösche werden auch manchmal in gerade mal einer halben Stunde komplett verspeist, so dass nur ein paar Knochen übrig bleiben.

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Video-Link: https://youtu.be/2KiT9qbvsIE

Epomis dejeani attackiert einen Frosch / Laborexperiment (Gil Wizen, Tel Aviv University)

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Video-Link: https://youtu.be/rlMK7vRVa-I

Epomis dejeani attackiert einen Baumfrosch / Laborexperiment (Gil Wizen, Tel Aviv University)

Wenn die Käfer Salamander oder Molche angreifen, beißen sie diese zunächst in die untere Rückenregion. Dann benützen sie ihre Mundwerkzeuge (Mandibel), um neben dem Biss einen horizontalen Einschnitt zu setzen, was die Amphibie in ein oder zwei Minuten paralysiert. Das bedeutet den Beginn der Mahlzeit: der Käfer frisst zuerst am Rücken und der Seite der Beute und nach ungefähr einer Stunde sind nur noch die Beine und der Kopf übrig.

E. circumscriptus frisst eine jugendliche B. viridis – Fortgeschrittenes Stadium / Laborexperiment (Gil Wizen, Tel Aviv University)
E. circumscriptus frisst eine jugendliche B. viridis – Fortgeschrittenes Stadium / Laborexperiment (Gil Wizen, Tel Aviv University)
E. circumscriptus frisst einen Salmandra salamandra infraimmaculata metamorph - Anfangsstadium / Laborexperiment (Gil Wizen, Tel Aviv University)
E. circumscriptus frisst einen Salmandra salamandra infraimmaculata metamorph – Anfangsstadium / Laborexperiment (Gil Wizen, Tel Aviv University)
E. circumscriptus frisst einen Salmandra salamandra infraimmaculata metamorph - Fortgeschrittenes Stadium / Laborexperiment (Gil Wizen, Tel Aviv University)
E. circumscriptus frisst einen Salmandra salamandra infraimmaculata metamorph – Fortgeschrittenes Stadium / Laborexperiment (Gil Wizen, Tel Aviv University)

In freier Wildbahn haben die Käfer allerdings ein kompliziertes Verhältnis zu den Amphibien: Während der Hitze des Tages teilen sie sich den selben Unterschlupf mit ihnen, doch sie betrügen sie in der Nacht, wo sie die Tiere aktiv jagen.

Als Fazit dieser mehrjährigen Studie erklärt Gil Wizen: “Die kürzlich gefilmten Attacken von Epomis-Käfern auf Frösche und Kröten brachten neue Erkenntnisse bei den Interaktionen zwischen Amphibien und Insekten. Sie dokumentieren zudem das unübliche Phänomen, dass wirbellose Tiere auf Landwirbeltiere losgehen”

Die Ergebnisse der Forschungsarbeit wurden Ende Mai 2011 unter dem Titel “Predation of amphibians by carabid beetles of the genus Epomis found in the central coastal plain of Israel” im Online-Fachblatt ZooKeys veröffentlicht.

(THK)

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