Hubble beobachtet direkt die Akkretionsscheibe um ein supermassives Schwarzes Loch

Zwei Abbilder des Quasars HE 1104-1805, die durch den Gravitationslinseneffekt einer Galaxie im Vordergrund erzeugt wurden (NASA, ESA and J.A. Muñoz (University of Valencia))
Zwei Abbilder des Quasars HE 1104-1805, die durch den Gravitationslinseneffekt einer Galaxie im Vordergrund erzeugt wurden (NASA, ESA and J.A. Muñoz (University of Valencia))

Ein Forschungsteam hat das Hubble Space Telescope der NASA/ESA benutzt, um die Akkretionsscheibe eines Quasars zu beobachten – eine hell leuchtende Scheibe aus Materie, die langsam in das zentrale Schwarze Loch ihrer Galaxie gezogen wird. Die Studie macht Gebrauch von euer neuen Technik, die Gravitationslinsen verwendet, um die Leistungsfähigkeit des Teleskops immens zu verbessern. Die unglaubliche Präzision der Methode hat es Astronomen erlaubt, die Größe der Scheibe direkt zu messen und die Temperaturen an verschiedenen Orten der Scheibe aufzuzeichnen. Die Präzision dieser Beobachtungen ist vergleichbar mit der Lokalisierung einzelner Sandkörnchen auf der Mondoberfläche.

Gravitation beugt das Gefüge der Raumzeit und lenkt dadurch Lichtstrahlen ab. Wenn die Ausrichtung stimmt – ein Objekt liegt direkt hinter einem anderen – dann “beugt” die Gravitation des Vordergrundobjekts das Licht wie eine Linse, was als Gravitationslinse bezeichnet wird. Gravitationslinsen erzeugen normalerweise mehrfache, verzerrte Abbilder des entfernten Objekts. Die stärksten Effekte von Gravitationslinsen liegen in der Verstärkung und Verzerrung des Lichts von entfernten Galaxien, wenn es massereiche Galaxienhaufen passiert. Dieser Effekt findet auch in kleineren Maßstäben statt, mit Galaxien in mittleren Distanzen, die das Licht entfernter Quasare bündeln, so dass mehrfache Abbilder von ihnen durch die Linsengalaxie sichtbar sind. Einzelne Sterne können auch Licht bündeln, auch wenn dieser Effekt – eine Mikrogravitationslinse – viel schwächer ist und nur registriert werden kann, indem man misst, wie der Linseneffekt die Helligkeit der Quelle verstärkt.

Während Schwarze Löcher selbst unsichtbar sind, erzeugen die von ihnen entfesselten Kräfte einige der hellsten Phänomene im Universum. Quasare – kurz für quasi-stellar Objekte – sind leuchtende Akkretionsscheiben, die supermassive Schwarze Löcher umkreisen, sich dabei aufheizen und dabei extrem helle Strahlung emittieren.

“Die Akkretionsscheibe eines Quasars hat eine typische Größe von wenigen Lichttagen oder rund 100 Milliarden Kilometer Durchmesser, aber sie liegen Milliarden Lichtjahre entfernt. Das bedeutet, dass ihre scheinbare Größe von der Erde aus gesehen so klein ist, dass wir vielleicht nie ein Teleskop besitzen werden, das leistungsfähig genug ist, um ihre Struktur direkt zu sehen”, erklärt Jose Muñoz, der leitende Wissenschaftler in dieser Studie.

Diese Darstellung zeigt, wie Hubble die Akkretionsscheibe um ein supermassives Schwarzes Loch beobachten kann, die sonst zu klein wäre. Die Gravitation eins Sterns in einer Galaxie im Vordergrund lenkt das Licht aus einem Teil der Akkretionsscheibe ab. (NASA / ESA)
Diese Darstellung zeigt, wie Hubble die Akkretionsscheibe um ein supermassives Schwarzes Loch beobachten kann, die sonst zu klein wäre. Die Gravitation eins Sterns in einer Galaxie im Vordergrund lenkt das Licht aus einem Teil der Akkretionsscheibe ab. (NASA / ESA)

Bis jetzt bedeutete die geringe scheinbare Größe von Quasaren, dass der Hauptteil unseres Wissens über ihre innere Struktur mehr auf theoretischen Extrapolationen basiert als auf direkten Beobachtungen.

Das Team benutzte daher eine innovative Methode, um den Quasar zu untersuchen: es verwendete die Sterne in einer im Vordergrund liegenden Galaxie als ein Mikroskop, um Strukturen in der Scheibe des Quasars zu studieren, die andernfalls viel zu klein wären. Wenn diese Sterne sich durch das Licht des Quasars bewegen, verstärken gravitative Effekte das Licht von verschiedenen Regionen des Quasars und geben detaillierte Farbinformationen für eine Linie, die sich durch die Akkretionsscheibe zieht.

Das Team beobachtete eine Gruppe entfernter Quasare, deren Licht durch die zufällige Ausrichtung von anderen Galaxien im Vordergrund verstärkt wird, wodurch mehrere Abbilder des Quasars produziert werden.

Sie entdeckten geringe Farbunterschiede bei den Bildern und Farbveränderungen in der Zeit, in der die Beobachtungen durchgeführt wurden. Ein Teil dieser Farbunterschiede werden durch die Eigenschaften des Staubs in den Vordergrundgalaxien erzeugt: Das Licht, das von jedem der Abbilder stammt, ist einem anderen Weg durch die Galaxie gefolgt, sodass die Farben Informationen über die Materie in der Galaxie enthalten. Die Art und das Ausmaß zu messen, wie der Staub innerhalb der Galaxien bei solchen Entfernungen das Licht blockiert (von Astronomen als Extinktion bezeichnet) ist für sich genommen ein wichtiges Ergebnis dieser Studie.

Bei einem der von ihnen untersuchten Quasare (HE 1104-1805) gab es klare Hinweise darauf, dass sich Sterne der Galaxie im Vordergrund durch das Licht des Quasars bewegen. So wie die Gravitation einer ganzen Galaxie im Vordergrund das Licht des Quasars beugen und verstärken kann, so kann die Gravitation eines Sterns in der Galaxie das Licht von verschiedenen Regionen der Akkretionsscheibe leicht beugen und verstärken, wenn sich der Stern durch den Pfad des Quasarlichts bewegt.

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Video-Link: https://youtu.be/WcocOM4EsPs

Das Video verdeutlicht die Funktionsweise einer Gravitationslinse (NASA, ESA, L. Calçada)

Durch die Aufzeichnung der Farbveränderungen war das Team in der Lage, das Farbprofil der Akkretionsscheibe zu rekonstruieren. Das ist wichtig, weil die Temperatur einer Akkretionsscheibe ansteigt, je näher sie dem Schwarzen Loch ist und die von der heißen Materie emittierten Farben werden blauer, je heißer sie sind. Das erlaubte dem Team, den Durchmesser der Scheibe aus heißer Materie zu messen und aufzuzeichnen, wie heiß sie in verschiedenen Entfernungen vom Zentrum ist.

Sie fanden heraus, dass die Scheibe zwischen vier und elf Lichttage groß ist (etwa 100 bis 300 Milliarden Kilometer). Während diese Messung große Unsicherheiten zeigt, ist sie dennoch eine bemerkenswert genaue Messung für ein kleines Objekt in solch einer großen Distanz und die Methode hat in der Zukunft großes Potenzial für eine verbesserte Genauigkeit.

“Dieses Ergebnis ist sehr relevant, weil es darauf hinweist, dass wir jetzt in der Lage sind, Beobachtungsdaten von der Struktur dieser Systeme zu erhalten, anstatt einzig auf die Theorie zu setzen”, sagte Muñoz. “Die physikalischen Eigenschaften von Quasaren sind noch nicht gut verstanden. Diese neue Fähigkeit, beobachtende Messungen durchzuführen, öffnet daher ein neues Fenster, um die Natur dieser Objekte zu verstehen.”

Quelle: http://www.spacetelescope.org/news/heic1116/

(THK)

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