Erste vollständige geologische Karte des Jupitermondes Io offenbart zahlreiche Details

Eines der für die Erstellung der Karte verwendeten Mosaike vom U.S. Geological Survey (USGS)
Eines der für die Erstellung der Karte verwendeten Mosaike vom U.S. Geological Survey (USGS)

Mehr als 400 Jahre nach Galileos Entdeckung von Io, dem innersten der größten Jupitermonde, hat ein Forschungsteam unter Leitung der Arizona State University (ASU) die erste vollständige globale geologische Karte des Jupitermondes erstellt. Die Karte wurde vom U.S. Geological Survey veröffentlicht und zeigt die Merkmale und das relative Alter von einigen der geologisch einzigartigsten und aktivsten Vulkane und Lavaströme, die im Sonnensystem dokumentiert wurden.

Seit seiner Entdeckung durch Galileo im Januar 1610 stand Io im Mittelpunkt wiederholter teleskopischer und satellitengestützter wissenschaftlicher Beobachtungen. Diese Untersuchungen haben gezeigt, dass die orbitalen und gravitativen Beziehungen zwischen Io, seinen Schwestermonden Europa und Ganymed und Jupiter ein massives, schnelles Durchkneten seiner Gesteinskruste verursachen. Diese Gezeitenkräfte erzeugen eine ungeheure Hitze im Inneren von Io, welche durch die vielen beobachteten Oberflächenvulkane freigesetzt wird.

„Einer der Gründe diese Karte zu erstellen, war es, ein Werkzeug für fortlaufende wissenschaftliche Studien von Io und ein Werkzeug für die Zielplanung Ios bei zukünftigen Missionen zum Jupitersystem zu erschaffen“, sagt David Williams, ein Mitarbeiter an der School of Earth and Space Exploration der ASU, der das sechs Jahre dauernde Forschungsprojekt zur Erstellung der geologischen Karte leitete.

Die hochdetaillierte, farbenfrohe Karte enthüllt eine Anzahl vulkanischer Strukturen, darunter Paterae (Caldera-ähnliche Depressionen), Lavastromfelder, Tholi (vulkanische Dome), und Plume-Ablagerungen in vielfältigen Formen, Größen und Farben, sowie hohe Berge und ausgedehnte Flächen Schwefel- und Schwefeldioxidreicher Ebenen. Die Kartierung identifizierte 425 Paterae oder einzelne vulkanische Zentren. Ein Merkmal, das man auf der geologischen Karte nicht sehen wird, sind Einschlagkrater.

„Io hat keine Einschlagkrater. Er ist das einzige Objekt im Sonnensystem, auf dem wir keine Einschlagkrater gesehen haben, was von Ios sehr aktiver vulkanischer Oberflächenerneuerung zeugt“, sagt Williams.

Geologische Karte von Io mit markierten Hotspots (rot) und Bergen (blau) (USGS)
Geologische Karte von Io mit markierten Hotspots (rot) und Bergen (blau) (USGS)

Io ist extrem aktiv und besitzt buchstäblich hunderte vulkanische Quellen auf seiner Oberfläche. Obwohl Io vulkanisch derart aktiv ist – mehr als 25 Mal aktiver als die Erde – resultieren die meisten langfristigen Oberflächenveränderungen interessanterweise aus Vulkanismus, der auf weniger als 15 Prozent seiner Oberfläche begrenzt ist, hauptsächlich in Gestalt von Lavastromfeldern oder innerhalb von Paterae.

„Unsere Kartierung hat ergeben, dass die meisten der aktiven Hotspots in Paterae auftreten, die weniger als drei Prozent von Ios Oberfläche ausmachen. Lavastromfelder bedecken annähernd 28 Prozent der Oberfläche, aber enthalten nur 31 Prozent der Hotspots“, sagt Williams. „Die geografische Verteilung dieser Strukturen und Hotspots zu verstehen, ermöglicht die Entwicklung besserer Modelle über die Prozesse im Inneren von Io.“

Die geologische Karte Ios unterscheidet sich in einzigartiger Weise von anderen vom USGS veröffentlichten geologischen Karten, weil die Oberflächenstrukturen unter Verwendung von vier einzelnen globalen Bilder-Mosaiken kartiert und charakterisiert wurden. Diese vom USGS erstellten Bilder-Mosaike kombinieren die besten Aufnahmen der NASA-Sonden Voyager 1 und Voyager 2 (aus dem Jahr 1979) und des Galileo-Orbiters (1995-2003).

Mit den Mosaiken des USGS kartierte Williams die gesamte Oberfläche Ios in 19 verschiedene Typen von Oberflächenmaterial und bestimmte ihre Positionen und Größen (Gebiete). Dann setzte er die Karteninformationen zu den Positionen aller bekannten Hotspots (Orte mit aktivem Vulkanismus) in Beziehung, um ein globales Bild des auf Io stattfindenden Vulkanismus anzufertigen.

„Aufgrund der nicht einheitlichen Erfassung Ios während mehrerer Vorbeiflüge von Voyager und Galileo und einer Vielfalt von Lichtbedingungen war es absolut notwendig, die verschiedenen Mosaike zu verwenden, um bestimmte geologische Strukturen zu identifizieren, wie etwa Berge und Paterae von Ebenen zu unterscheiden und die farbigen Plume-Ablagerungen von den darunter liegenden geologischen Formationen zu trennen“, sagt Williams.

Obwohl die geologische Vergangenheit Ios mehrere Jahrzehnte lang detailliert untersucht wurde, stellt die Vervollständigung der geologischen Karte ein entscheidendes Gerüst dar, um verschiedene Studien miteinander zu verflechten und zu vergleichen.

„Planetare geologische Kartierung treibt den wissenschaftlichen Fortschritt zwangsläufig voran“, sagt Ken Herkenhoff, Direktor des USGS Astrogeology Acting Science Center. „Die Kartierung einer planetaren Oberfläche (wie Io) zwingt die Wissenschaftler, sorgfältige Hypothesen aufzustellen, die die Entwicklung eines ganzen Planeten einbeziehen und diese Hypothesen dann gegen alle verfügbaren Beobachtungen zu überprüfen.“

Vollständige schematische Übersichtskarte von Io - Anklicken zum Vergrößern (USGS)
Vollständige schematische Übersichtskarte von Io – Anklicken zum Vergrößern (USGS)

„Weil Io so aktiv ist und weiterhin von erdbasierten Teleskopen studiert wird, machen wir etwas anderes als nur die geologische Karte auf dem Papier zu erschaffen“, sagt Williams. „Wir erstellen auch eine Datenbank, um die geologische Karte, die USGS-Mosaike und alle nützlichen Galileo-Beobachtungen von Io einzuschließen. Wenn diese Datenbank später in diesem Jahr komplettiert wurde, wird sie Benutzern erlauben, die Geschichte der Oberflächenveränderungen aufgrund der vulkanischen Aktivität nachzuverfolgen. Wir haben der NASA auch Vorschläge unterbreitet, erdbasierte Teleskopbeobachtungen und Bilder des Vorbeiflugs der NASA-Sonde New Horizons vom Februar 2007 unserer Datenbank hinzuzufügen, um eine einzige Onlinequelle für die Untersuchung der vulkanischen Geschichte Ios zu erschaffen.“

Das Projekt wurde durch das Outer Planets Research and Planetary Geology and Geophysics Program von der National Aeronautics and Space Administration (NASA) finanziert. Technische und bearbeitende Unterstützung für die Erstellung der Karte wurde vom USGS Astrogeology Science Center in Flagstaff (Arizona) bereitgestellt.

Die geologische Karte kann hier vom USGS heruntergeladen werden:
http://pubs.usgs.gov/sim/3168
(Anm. d. Red.: Die PDF-Datei in obigem Link enthält zahlreiche großformatige Grafiken und Karten, sowie Informationen über die Oberfläche Ios. Aus Performance-Gründen habe ich in der News kleinere Versionen eingebunden.)

Quelle: https://asunews.asu.edu/20120319_iomap

(THK)

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