Antiker Krug birgt das Geheimnis zur Praktischen Mathematik in biblischen Zeiten

Ein kugelförmiger Krug, der für die Aufbewahrung und den Handel mit Öl, Wein und anderen Gütern benutzt wurde. (Image courtesy of American Friends of Tel Aviv University)
Ein kugelförmiger Krug, der für die Aufbewahrung und den Handel mit Öl, Wein und anderen Gütern benutzt wurde. (Image courtesy of American Friends of Tel Aviv University)

Wissenschaftler der Tel Aviv University (TAU) finden heraus, dass das präzise Volumen durch den Kreisumfang bestimmt wurde.

Archäologen haben im östlichen Mittelmeerraum kugelrunde Krüge ausgegraben, die in der Antike der Lagerung und dem Handel von Öl, Wein und anderen wertvollen Gütern dienten. Weil wir heutzutage an das metrische System gewöhnt sind, welches Maßeinheiten für Volumina auf Basis eines Würfels definiert, dachten die Archäologen der Neuzeit, dass die Händler der Antike das Fassungsvermögen dieser runden Krüge nur annähernd schätzen konnten, so Professor Itzhak Benenson vom Tel Aviv University’s Department of Geography.

Jetzt hat eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Prof. Benenson und Prof. Israel Finkelstein vom Department of Archaeology and Ancient Near Eastern Cultures der Tel Aviv University enthüllt, dass die Händler – weit davon entfernt, sich auf bloße Schätzungen zu verlassen – die genauen Abmessungen ihrer Waren kannten und deswegen auch genau wussten, was sie ihren Kunden zu berechnen hatten.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Menschen der Antike sich praktische mathematische Systeme ausgedacht hatten, um das Volumen jedes Kruges zu bestimmen. Sie theoretisieren, das die ursprünglichen Besitzer und Nutzer der Krüge ihren Inhalt mithilfe eines Systems gemessen hatten, welches Längenmaße mit Maßeinheiten für Volumen in Verbindung brachte, wie zum Beispiel möglicherweise durch Nutzung eines Fadens, um damit den Kreisumfang des kugelförmigen Gefäßes zu messen und so die präzise Menge der Flüssigkeit darin zu bestimmen.

Über das System, von dem die Wissenschaftler denken, dass es von den alten Ägyptern entwickelt und im östlichen Mittelmeerraum von ungefähr 1500 bis 700 vor unserer Zeitrechnung in Gebrauch war, wurde vor Kurzem in PLoS ONE berichtet. Seine Entdeckung war Bestandteil des Reconstruction of Ancient Israel Projektes, welches von der Europäischen Union gefördert wird.

3D-Modelle enthüllen Volumen-Maßsystem

Das Maßsystem wurde entdeckt, als die Mathematikerin Elena Zapassky 3D-Modelle von Krügen aus Tel Megiddo für eine Datenbank erstellte – einem wichtigen kanaanitischen Stadtstaat und israelitischen Verwaltungszentrum. Die Krüge werden mit den Phöniziern in Verbindung gebracht, antiken seefahrenden Händlern, die entlang der Küste des Libanons Handelsposten besaßen. Unter Benutzung einer statistischen Methodik vermaß das Team hunderte von Krügen aus dieser Ausgrabung und entdeckte etwas Überraschendes: eine große Anzahl dieser kreisrunden oder elliptischen Krüge besaß einen annähernd gleichen Umfang. Das veranlasste die Forscher dazu, einen genaueren Blick darauf zu werfen, wie die Menschen der Antike Volumina maßen.

Die ägyptische Maßeinheit für Volumen wird Hekat genannt und dies entspricht 4,8 Litern nach heutigen Maßstäben, erklärt Dr. Yuval Gadot, einer der Wissenschaftler des Projekts. Ein kugelförmiger Krug, der einen Kreisumfang von 52 Zentimetern besitzt (was 1 ägyptischen Königlichen Cubit entspricht) enthält genau 0,5 Hekat. “Zu einem hohen Prozentsatz betrug der Kreisumfang bei den von uns vermessenen Krügen ziemlich genau 1 Cubit und der Händler konnte so wissen, dass das Volumen des Gefäßes 0,5 Hekat (in der Quelle fälschlich CUBIT benannt; Anm. d. Red.) beträgt, indem er lediglich den Umfang maß”, sagte er.

Als die Wissenschaftler selbst das ägyptische Maßsystem übernahmen, anstatt in metrischen Einheiten zu denken, wurden viele Dinge klarer. Man fand zum Beispiel heraus, dass die hohen, runden “torpedoförmigen” Krüge, mit denen die phönizischen Schiffe des 8. Jahrhunderts v. Chr. beladen waren, genau 1 ganzen Hekat enthielten. Dr. Gadot glaubt, dass das ägyptische Maßsystem schrittweise verschwand, als die Assyrer die Region übernahmen und ihre eigenen Messmethoden mitbrachten.

Ein Maß für politische Macht

Prof. Finkelstein zufolge sind die Bestandteile der Standardisierung in der antiken Welt interessant, weil sie ein Indikator für bürokratische Systeme sind und politische und kulturelle Einflüsse widerspiegeln. “Die Verwendung ägyptischer Methoden ist ein starker Indikator für die Macht der Ägypter in dieser Region während einer bestimmten Zeitspanne”, erklärt er.

“Durch die Zusammenarbeit mit den Experten für Mathematik und Statistik konnten wir neue Lösungen für seit langer Zeit bestehende archäologische Probleme und Debatten bieten.”

Quelle: http://www.aftau.org/site/News2?page=NewsArticle&id=16712

(SOM)

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