
Eine Mission zu einem Marsmond könnte Experten von der Purdue University zufolge mit außerirdischem Leben zurückkehren, aber man dürfe kein Invasions-Szenario wie in den Blockbustern „Men in Black 3“ oder „Prometheus“ erwarten.
„Wir sprechen von kleinen grünen Mikroben, nicht von kleinen grünen Männchen“, sagte Jay Melosh, ein angesehener Professor für Erd-, Atmosphären- und Planetenwissenschaften, sowie für Physik und Luftfahrtechnik an der Purdue University. „Eine Probe von dem Mond Phobos, der viel einfacher zu erreichen ist als der rote Planet selbst, würde fast sicher Marsmaterial enthalten, das durch große Asteroideneinschläge herausgesprengt wurde. Falls Leben auf dem Mars existiert oder in den letzten zehn Millionen Jahren existiert hat, könnte eine Mission zu Phobos unseren ersten Beleg für Leben außerhalb der Erde erbringen.“
Melosh leitete ein vom Planetary Protection Office der NASA ausgewähltes Team, um zu erörtern, ob eine Probe von Phobos genug junges Material vom Mars enthalten könnte, um brauchbare Mars-Organismen einzuschließen. Die Studie sei als Vorbereitung auf die fehlgeschlagene russische Phobos-Grunt-Mission des Jahres 2011 in Auftrag gegeben worden, aber es gebe weiterhin ein internationales Interesse an einer Phobos-Mission, sagte er. Es wird wahrscheinlich ein wiederkehrendes Thema werden, wenn die NASA ihr Mars Exploration Programm neu darlegt.
Eine Phobos-Mission wurde auf dem NASA-Workshop „Concepts and Approaches for Mars Exploration diskutiert und ein am Dienstag (26. Juni 2012) herausgegebener Bericht stellte fest, dass die Marsmonde „wichtige Ziele sind, die einen Großteil des Wertes einer Oberflächenerforschung durch den Menschen bei reduzierten Kosten und geringerem Risiko bereitstellen“. Melosh arbeitete zusammen mit Kathleen Howell, der Hsu Lo Professorin für Luft- und Raumfahrttechnik, sowie den Doktoranden Loic Chappaz und Mar Vaquero an dem Projekt.
Die Forscher kombinierten ihre Erfahrung über Einschlagkrater und Orbitalmechanik, um zu bestimmen, wie viel Material durch bestimmte Asteroideneinschläge herausgeschleudert werden würde und ob einzelne Teilchen auf Phobos, dem näheren der beiden Marsmonde, landen würden.
Das Team schlussfolgerte, dass eine 200 Gramm schwere Probe von der Phobos-Oberfläche durchschnittlich ein Zehntel Milligramm Oberflächenmaterial vom Mars enthalten könnte, das in den letzten zehn Millionen Jahren herausgeschleudert wurde und 50 Milliarden einzelne Teilchen vom Mars umfasst. Dieselbe Probe könnte bis zu 50 Milligramm Material vom Mars aus den letzten 3,5 Milliarden Jahren enthalten.
„Die Zeitrahmen sind wichtig, weil man annimmt, dass jegliches biologisch aktives Material zerstört werden würde, nachdem es zehn Millionen Jahre den hohen Strahlungsdosen auf Phobos ausgesetzt war“, sagte Howell. „Natürlich wäre älteres Marsmaterial immer noch reich an Informationen, aber dann gäbe es viel weniger Interesse daran, einen brauchbaren Organismus zurück zur Erde zu bringen und an den notwendigen Quarantänemaßnahmen.“
Wenn ein Asteroid auf die Oberfläche eines Planeten prallt, schleudert er einen kegelförmigen Nebel aus Oberflächenmaterial empor, vergleichbar mit den entstehenden Spritzern, wenn jemand eine Arschbombe in einen Swimmingpool macht. Diese massiven Einschläge pulverisieren das Oberflächenmaterial und streuen Fragmente mit hohen Geschwindigkeiten. Das Team berechnete, dass der Großteil der aus so einem Einschlag auf dem Mars resultierenden Fragmente einen Durchmesser von etwa einem Tausendstel Millimeter hätten – etwa 100 Mal kleiner als ein Sandkorn, aber vergleichbar mit der Größe irdischer Bakterien.
Das Team folgte den möglichen Wegen, welche die winzigen Teilchen nehmen könnten, wenn sie von der Planetenoberfläche in den Raum geschleudert werden, sowie den Abflugwinkeln und Orbitalkräften. Das Team zeichnete mehr als zehn Millionen Kurse und beurteilte, welche davon Phobos abfangen und wo auf dem Mond die Teilchen möglicherweise landen würden, während er sich auf seiner achtstündigen Umlaufbahn um den Mars befindet. Die Wahrscheinlichkeit für die Landung eines Teilchens auf Phobos hängt hauptsächlich von der Kraft der Explosion ab, die es aus der Oberfläche herausgesprengt hat.
„Man schätzt, dass es in den vergangenen zehn Millionen Jahren mindestens vier große Einschlagereignisse gegeben hat, die stark genug waren, um Material in den Weltraum zu schleudern und wir haben uns auf mehrere große Krater als mögliche Ursprungspunkte konzentriert“, sagte Chappaz. „Es stellte sich heraus, dass es keine Rolle spielt, an welchem Punkt seiner Umlaufbahn Phobos sich befindet; er hätte Material von diesen starken Einschlagereignissen eingefangen.“
Nachdem das Team seinen Bericht eingereicht hatte, identifizierten die Wissenschaftler einen fast 60 Kilometer großen Krater auf dem Mars. Der Krater namens Mojave werde auf ein Alter von weniger als fünf Millionen Jahren geschätzt und seine Existenz spreche dafür, dass es auf Phobos eine noch größere Menge Marsmaterial mit darin enthaltenen brauchbaren Organismen geben könnte, als bislang vermutet, sagte Melosh.
„Es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass eine Probe einen schlafenden Organismus enthalten könnte, der wieder aufwachen würde, wenn er besseren Bedingungen auf der Erde ausgesetzt wird“, sagte er. „Ich nahm an einer Studie teil, in der man herausfand, dass lebende Organismen auf Gesteinen das Herausschleudern durch Einschläge überleben können und andere Studien haben gezeigt, dass einige mikroskopische Organismen eine Menge kosmischer Strahlung aushalten können.“
Diese Möglichkeit war einige Zeit lang eine Überlegung und „The Andromeda Strain“ (Deutscher Titel: „Andromeda“. Filmtitel: „Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All“; Anm. d. Red.) von Michael Crichton brachte sie 1969 in das Bewusstsein der Öffentlichkeit. Das Filmszenario von einer tödlichen Kontamination sei allerdings unwahrscheinlich, sagte Melosh. Ungefähr eine Tonne Marsmaterial geht jedes Jahr auf der Erde nieder“, sagte er. „Innerhalb unseres Sonnensystems gibt es eine Menge mehr Austausch von Material, als man denkt. Tatsächlich könnten wir unsere Existenz Leben auf dem Mars verdanken.“
Howell ist ebenfalls optimistisch, dass Leben nicht auf die Erde beschränkt ist. „Es ist schwer zu glauben, dass es nirgendwo sonst in den gewaltigen Weiten des Weltraums Leben gegeben hat“, sagte Howell. „Die Frage ist, ob sich die Zeitlinie genügend mit unserer eigenen überlagert, damit wir es erkennen. Sogar wenn wir in einer Probe von Phobos keinen Hinweis auf Leben fänden, wäre das keine definitive Antwort auf die Frage, ob es Leben auf dem Mars gab oder nicht. Es könnte trotzdem Leben gegeben haben, das vor zu langer Zeit existierte, so dass wir es nicht registrieren können.“
Melosh präsentierte die Ergebnisse des Teams kürzlich auf einem gemeinsamen Treffen der NASA und European Space Agency in Österreich und Chappaz wird die Daten am 14. Juli 2012 auf einem Treffen in Mysore (Indien) vorstellen.
Quelle: http://www.purdue.edu/newsroom/general/2012/120628T-MeloshHowellPhobos.html
(THK)
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